Wer das offizielle Verzeichnis der Märtyrer der katholischen Kirche liest oder “Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten", der wird staunen, nicht wenige Ärzte zu finden. Das entspricht jedoch genau dem liebevollen Verhalten Jesu zu den Kranken aller Art sowie Seinem Auftrag an die Apostel: “Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Vollmacht über unreine Geister, sie auszutreiben und jegliche Krankheit und jegliches Gebrechen zu heilen."
(Mt 10,1)
Wenn ich an mein eigenes Leben denke, kommt mir zum Bewußtsein, wieviel ich der Kunst und Gewissenhaftigkeit der Ärzte verdanke, angefangen von der Kindheit bis zu meinen Altersbeschwerden. Das hat mich angeregt, in der Kirchengeschichte Namen von Ärzten zu suchen, die von der Kirche als Selige oder Heilige anerkannt werden.
Natürlich ist der erste in dieser Reihe der hl. Lukas, der gebildete Arzt, der treue Begleiter des hl. Paulus auf dessen Reisen. Lukas verdanken wir das dritte Evangelium und die Apostelgeschichte. Lesen Sie sich da hinein und Sie werden die Aufmerksamkeit des Arztes spüren. Für mich ist es eine liebe Erinnerung, daß ich 1941 nach Theben in Mittelgriechenland kam, wo der hl. Lukas im Alter von 84 Jahren gestorben ist. Der oströmische Kaiser ließ die Reliquien des hl. Lukas nach Konstantinopel bringen.
Schon in den ersten drei Jahrhunderten, als die Christen verfolgt wurden, haben oft auch Ärzte Kerker und Martertod erlitten. Der hl. Zenobius war Arzt und Priester, der hl. Cyrus, ein Patron der Ärzte, wurde 312 enthauptet. Der hl. Nicander starb als Arzt und Glaubenszeuge unter Diokletian in Ägypten. Der hl. Blasius, Bischof von Sebaste, starb 287 als Blutzeuge. Zu den 14 Nothelfern zählt auch Sankt Pantaleon, Leibarzt des Kaisers
Maximian und Patron der Ärzte.
Papst Johannes XXI. war nicht nur Papst, sondern auch ein bedeutender mittelalterlicher Mediziner und Philosoph. Er entwickelte in vielen Schriften die Grundzüge seiner Schulmedizin, diente Papst Gregor X. als Leibarzt und wurde am 8. September 1276 zum Papst gewählt. Für Arm und Reich gab er Audienzen und versuchte die Union mit
Byzanz zu vertiefen. Tragisch sein Tod: Am 20. Mai 1277 starb er durch die herabstürzende Decke seiner Bibliothek.
1988 wurde der in Kopenhagen geborene Arzt Niels Stensen seliggesprochen. Schon mit 22 Jahren machte er eine bedeutende Entdeckung (Ductus Stenonianus), hielt Vorlesungen auch in Paris über das Gehirn. 1667 wurde er katholisch und zum Priester und Bischof geweiht. Er aber wollte nur schlichter Seelsorger sein, schenkte alles den Armen und starb in Schwerin 1686.
P. Damian de Veuster, siebentes Kind eines belgischen Bauern, trat mit 19 Jahren in den
Orden der hl. Herzen Jesu und Mariä ein. Sein Leben schenkte er den Aussätzigen auf Molokai als Arzt und Seelsorger, bis er selbst angesteckt wurde und starb. Papst Johannes Paul II. sprach ihn selig.
2003 sprach Papst Johannes Paul II. den bekannten Arzt Dr. Ladislaus Fürst von Batthyany-Strattmann selig. In seiner Familie (er hatte 13 Kinder) herrschte ein froher, tiefreligiöser Geist. Nie verlangte er von den Armen Geld. Aus eigenem Vermögen gründete er in Österreich und in Ungarn je ein Krankenhaus.
Heuer im Mai wurde in Rom die italienische Ärztin Dr. Gianna Beretta Molla heilig gesprochen. Sie hatte sich trotz eigener Krebserkrankung in der Schwangerschaft für ihr viertes Kind entschieden. Nur wenige Tage nach dessen Geburt starb sie am 28.4.1962. An ihrer Heiligsprechung konnte noch ihr Gatte im Alter von 92 Jahren teilnehmen. Ein Wort dieser Tapferen, heiligen Frau und Mutter dürfen wir mitnehmen: “Man klagt oft, Gott sei so fern. Doch Er ist uns ganz nah: Er ist in jedem unserer Mitmenschen."
P. Berthold Egelseder