“Hunderte haben für mich gebetet und ich bin glücklich, daß heute ich für andere beten kann." Die so spricht, ist eine von schwerer Krankheit genesene Mitarbeiterin der Initiative “BetRuf".
BetRuf, was ist das? BetRuf ist neu in Österreich und trat erstmals am 1. Dezember 2004, dem ersten Mittwoch im Advent, in Erscheinung. Er versteht sich als Angebot - als Gebetsangebot. Vorbild ist die Aktion “SOS-Prière", die in Frankreich seit Jahrzehnten ihre segensreiche Wirkung entfaltet. Bei einem Workshop der Wiener Stadtmission 2003 wurde sie vorgestellt: Mitarbeiter der Aktion sitzen vor dem Tabernakel einer Kapelle und nehmen telephonisch Gebetsanliegen an. Dabei bieten sie den Anrufern an, nicht nur für sie und ihre Anliegen zu beten, sondern dies gemeinsam mit ihnen - hier und jetzt vor dem Tabernakel - zu tun. Am Telephon und damit anonym.
Was das Schwierigste an dem Dienst sei, fragten wir bei dem Workshop. Schwierig wäre nur, sich tatsächlich auf das gemeinsame Beten zu beschränken und nicht in ein Beratungsgespräch hineinzugeraten, war die Antwort. Es geht um Gebet, nicht um Beratung. Damit konnten wir uns identifizieren und es stand fest: Das probieren wir auch bei uns! Spontanreaktion einer befreundeten ehemaligen Mitarbeiterin der Telephonseelsorge, der wir davon erzählten: da mach ich mit!
Wir waren unser drei.
Von Anfang an war das Unternehmen ein Abenteuer. Es gab nichts Vergleichbares in Österreich. Ein Beginn von Null an. Damit das Ganze überhaupt lebensfähig sein könne, begannen wir, einen “Gebetsteppich" zu knüpfen (und wir knüpfen noch heute daran): Wir haben Kontakte zu Ordensgemeinschaften hergestellt, die mit Freuden unseren Plan begrüßten und ihre Unterstützung im Gebet versprachen: die Unbeschuhten Karmelitinnen in Wien, Zisterzienserinnen der Abteien Marienkron im Burgenland und St. Marien zu Helfta (Diözese Magdeburg), die Oblatinnen des hl. Franz von Sales in Wien. Auch Einzelpersonen haben uns ihr Gebet zugesichert.
Noch hatten wir nicht einmal einen Namen für unseren Dienst. Wir berieten mit Freunden, bis uns schließlich BetRuf am besten die Idee zu verkörpern schien. Nun mußten wir eine Kapelle finden. Wir baten unseren Pfarrer um Rat. Dieser griff zum Telephon und noch am selben Nachmittag stellten wir uns und unseren BetRuf der Oberin einer Schwesterngemeinschaft vor, die kurz darauf zusagte. Es erschien uns wie ein Wunder!
Inzwischen hatten sich die ersten Mitarbeiter gefunden. Von Anfang an hatte wir das gute Gefühl in unserer Runde, daß hier die richtigen Leute für unser Projekt beisammensaßen, wenige nur kannten einander, aber im gemeinsamen Gebet ergab sich sehr bald Vertrauen und Nähe.
Realistischerweise wollten wir uns vorerst auf einen einzigen Wochentag beschränken, den Mittwoch. Die Zeit legten wir mit 10 Stunden (11-21Uhr) fest und jeder würde zwei Stunden Dienst tun. Bei der Auswahl der Gebete, die wir am Telephon anbieten wollten, übten wir Zurückhaltung, indem wir uns an der hl. Therese v. Lisieux orientierten, der gerade dann, wenn sie in Not war, das Vaterunser und das Gegrüßet seist du, Maria vollauf genügten. Letztlich aber bleibt die Auswahl dem Mitarbeiter und der Situation überlassen.
Natürlich war auch das Geld ein Thema bei diesem ersten Treffen: ein Schnurlostelephon mit Anrufbeantworter mußte angeschafft und eingeleitet werden, Druck- und Portokosten für Werbematerialien, Telephongebühren, Kosten für eine Homepage würden anfallen. Zu unserer Überraschung konnten wir bisher alle Ausgaben durch Mittel aus dem privaten Umfeld abdecken.
Nun mußte der BetRuf bekannt gemacht werden. Heute sind es in Wien an die sechzig Pfarren, darüber hinaus einzelne Pfarren in Nieder- und Oberösterreich, Burgenland und Steiermark, in denen der BetRuf bekannt ist. Dabei hat sich bereits eine Eigendynamik entwickelt: so wurde uns unlängst im Bildungshaus einer oberösterreichischen Kleinstadt gesagt, daß unsere Initiative schon bekannt sei, obwohl noch niemand von uns dort war.
Ein halbes Jahr etwa war seit unserem ersten Treffen vergangen, unsere Mitarbeiterin mit Telephonseelsorge-Erfahrung hatte mit uns für die Praxis wichtige Gesprächsübungen gemacht und erste Reaktionen auf unsere Werbung waren eingetroffen. So z.B. unsere erste E-mail: Endlich! Mit Freude und großer Hoffnung habe ich Ihren Falter vorgefunden. Ein Geschenk im Advent!
Es nahte der 1. Dezember, die Wiener Kirchenzeitung (Der Sonntag) brachte einen Kurzbericht mit der Überschrift “BetRuf startet" und Kardinal Schönborn sandte uns seine Befürwortung: Mit Freude begrüße ich die Initiative BetRuf. Sie ist eine Antwort auf die Gebetsnot und die Gebetsfreude vieler Menschen unserer Zeit.
Hatten wir uns darauf eingestellt, daß am Anfang möglicherweise überhaupt keine Anrufe kommen würden, brachte uns der 1. BetRuf-Mittwoch eine Riesenüberraschung: Unser erster Anruf war da und er kam- aus Paris! Jemand hatte bei der Abreise aus Wien das Faltblatt mitgenommen und erst in Paris Gelegenheit gefunden, uns anzurufen. Besondere Freude bereitete uns auch einer der nächsten Anrufe: P. Clemens, Programmdirektor von Radio Maria, rief an, um zu unserer Idee zu gratulieren.
Die Anruffrequenz steigerte sich aus bescheidenen Anfängen kontinuierlich: erst 3-5, dann 5-7 und nach Beilage unseres Informationsblattes zu VISION 2000 im Jänner (aus Kostengründen nur in Wien) 10-15 Anrufe pro Mittwoch. Dazu kommen noch die an den restlichen Wochentagen auf den Anrufbeantworter gesprochenen Gebetsbitten sowie E-mails.
Was sind nun unsere ersten Erfahrungen? Noch jeder von uns Mitarbeitern hat die zwei Stunden in der Kapelle vor dem Tabernakel als Gnade empfunden. Manche von uns treten ihren Dienst nach einem anstrengenden Arbeitstag an und verlassen nach den zwei Stunden die Kapelle gestärkt und in Frieden. (In Frieden: unser Supervisor, ein bekannter Psychotherapeut und Theologe hat uns eingeschärft: ihr legt also alle Probleme vor dem Tabernakel auf den Altar. Aber, bitte, laßt sie dort liegen! Nehmt sie nicht mit nach Hause!)
Von Anfang an ist unsere Absicht richtig verstanden worden. Man kommt nicht mit Problemen zu uns als Personen, man will auch keine Beratung von uns, sondern wendet sich durch uns zum Tabernakel. Eine Anruferin drückte das so aus, nachdem sie um Gebet für ihren trunksüchtigen Mann gebeten hatte: Ich spreche darüber zu niemandem, aber hier habe ich das Gefühl, daß ich es am Telephon direkt zu Jesus im Tabernakel sagen kann.
Immer wieder beten wir gemeinsam mit den Anrufern für Kranke, Jugendliche mit Drogenproblemen, um einen Arbeitsplatz, für Menschen, die unter Einsamkeit, Depression, Mobbing am Arbeitsplatz leiden, um Versöhnung. Kinder bitten für ihre Eltern, Eltern für ihre Kinder, Ehepartner füreinander, manch einer dankt einfach nur für die Gelegenheit zum gemeinsamen Gebet... Unser Tun beschränkt sich darauf, gut zuzuhören, mit eigenen Worten das vorgebrachte Anliegen zusammenzufassen, damit sich der Anrufer verstanden weiß und - zu beten.
Eine Anruferin segnet jeden Mittwoch - gleich in der Früh, bevor der BetRuf-Tag beginnt - uns Mitarbeiter und betet für uns. So betreten wir, wenn wir in die Kapelle kommen, einen schon bereiteten Boden, knien nieder, grüßen Jesus im Tabernakel und erleben uns in unserem Dienst als das, was wir in unserem christlichen Selbstverständnis ja wirklich sind: als Beschenkte.
H.u.D.G.