Eigentlich hatte ich um 19 Uhr eine Verabredung. Da kommt aber die Nachricht, daß weißer Rauch aus dem Rauchfang aufgestiegen war, auf den die Welt seit gestern voller Spannung blickt. Wir haben wieder einen Papst! Schon allein dieser Gedanke beflügelt mich. Unglaublich: eine Einigung nach so kurzer Zeit! Welch ermutigendes Zeugnis der Einigkeit unter den 115 Kardinälen. Also doch keine endlosen Fraktionskämpfe, denke ich, wie es uns die Medien vorgebetet hatten: progressiv gegen konservativ.
Ich bleibe also vor dem Fernseher sitzen, verschiebe den Termin. Diesen Moment kann ich mir nicht entgehen lassen, wenn der neue Papst auf den Balkon tritt. Und dann: Benedikt XVI. - wie gelöst, wenn auch schüchtern er doch wirkt, geht es mir durch den Kopf und eine tiefe Freude erfüllt mich. Meine Frau und ich haben Tränen in den Augen.
Keine Frage, wir erleben eine Sternstunde der Kirche: Das ist eine vom Heiligen Geist gewirkte Entscheidung. In die Fußstapfen des großen Papstes Johannes Paul II. konnte nur ein Mann mit ebenso starker Persönlichkeit, tief verankert im jahrtausendealten Glauben der Kirche und hellwach, auf dem Niveau der geistigen Auseinandersetzung unserer Tage treten. Auf einen Giganten folgt der nächste, der es nicht nötig hat, sich in irgendeiner Weise zu profilieren. Ein demütiger Mann, wie alle bestätigen, die ihn persönlich kennenlernen durften.
Mein Herz fliegt ihm zu. Ja, ich werde täglich für ihn beten, dankbar dafür, daß sich dieser Mann trotz seiner 78 Jahre diese Bürde hat auflegen lassen.
CG