VISION 20003/2005
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Ich diene der Einheit

Artikel drucken Die große Verantwortung des Amtes und die Gnade, sie zu tragen (Von Papst Benedikt XVI.)

Welche Last der neugewählte Papst auf seinen Schultern trägt, worauf er seine Hoffnung setzt und was ihm besonders am Herzen liegt, läßt der folgende Auszug aus seiner ersten Predigt erkennen:

In meiner Seele spüre ich in diesem Moment zwei sich widersprechende Gefühle. Auf der einen Seite ein Gefühl der menschlichen Unruhe wegen der Verantwortung, die mir gestern anvertraut wurde. Als Nachfolger des Apostels Petrus an diesem Sitz von Rom mitten in der Universalkirche.

Auf der anderen Seite fühle ich in mir eine tiefe Dankbarkeit Gott gegenüber der, wie es uns die Liturgie singen läßt, seine Herde nicht verläßt, sondern sie durch die Zeiten führt - auch jene führt, die die Stellvertreter seines Sohnes sein sollen. Diese intime Anerkennung für ein Geschenk der göttlichen Barmherzigkeit übertrifft alles in meinem Herzen. Und ich sehe das als eine große besondere Gnade, die mir von meinem verehrten Vorgänger Johannes Paul II. übergeben wurde. Ich fühle seine starke Hand, die meine hält. Ich meine seine lächelnden Augen zu sehen und seine Worte zu hören, die in diesem besonderen Moment an mich gerichtet sind: Hab keine Angst.

(...) Die göttliche Vorsehung hat mich durch das Votum der verehrten Kardinäle dazu berufen, diesem großen Papst zu folgen. Ich denke in diesen Stunden an das, was in Caesareum von Philippi vor 2000 Jahren geschehen ist. Ich denke, die Worte des Petrus zu hören: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Und die feierliche Aussage des Herrn: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen. Und ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben. Du bist Christus, du bist Petrus. Mir scheint diese evangelische Szene neu zu leben. Ich, der Nachfolger des Petrus, wiederhole mit zitternden Worten die Worte des Fischers aus Galiläa und höre noch einmal mit emotionaler Bewegtheit das Versprechen des göttlichen Meisters.

Das Gewicht der Verantwortung, das sich auf meine Schultern gelegt hat, ist enorm. Es ist sicherlich außerhalb des Maßes. Es ist eine außergewöhnliche, göttliche Macht, auf die ich zählen kann. Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.

Als Bischof von Rom hat mich der Herr erwählt. Er wollte mich als seinen Stellvertreter. Er wollte mich als Fels, auf dem er mit Sicherheit bauen kann. Ich bitte ihn der Armut meiner Kräfte zu Hilfe zu kommen. Damit ich ein mutiger und treuer Hirte seiner Herde sei. Ich gehe nun daran, diesen besonderen Dienst auf mich zu nehmen. Den Petrusdienst, den Dienst der universalen Kirche und lege dazu mein Schicksal in die Hände der göttlichen Vorsehung.

Vor allem an Christus wende ich mich mit einer totalen und vertrauensvollen Hingabe. Auf dich Herr habe ich gehofft, ich werde in Ewigkeit nicht zu Schande werden. Euch, danke ich, für das Vertrauen, das ihr mir entgegengebracht habt und ich bitte euch, mich mit dem Gebet und mit eurer Mitarbeit zu unterstützen. Ich bitte auch alle Brüder im Bischofsamt, mir zur Seite zu stehen mit Gebet und Rat, damit ich wirklich der Diener - der Diener Christi sein kann.

Wie Petrus und die anderen Apostel zusammenarbeiteten, um mit dem Herrn eine einzige Gemeinschaft der Apostel zu bilden, so auch muß der Nachfolger Christi mit den Bischöfen, als Nachfolger der Apostel zusammenarbeiten. Sie müssen jetzt wirklich vereint sein. Diese kollegiale Gemeinschaft, die sich in der Verschiedenheit der Rollen, der Funktion des römischen Papstes und der Bischöfe zeigt, ist im Dienst für die Kirche und der Einheit des Glaubens. Von dieser Gemeinschaft hängt in besonderer Weise die Wirksamkeit der Evangelisierung in unserer Zeit ab.

Vor allem auf diesem Weg, auf den meine verehrten Vorgänger hingewiesen haben, möchte auch ich weitergehen, um der ganzen Welt die Lebendigkeit Christi zu verkünden. Vor mir steht in besonderer Weise das Zeugnis Papst Johannes Paul II. Er hinterläßt uns eine mutigere, freiere, jüngere Kirche. Eine Kirche, die nach seiner Lehre und seinem Beispiel mit Fröhlichkeit in die Vergangenheit blickt und keine Angst hat vor der Zukunft.

(...) Mit vollem Bewußtsein am Anfang seines Dienstes in der Kirche in Rom, den Petrus mit seinem Blut gekrönt hat, möchte der Nachfolger Petri die Wiederherstellung der Einheit aller die an Christus glauben erreichen. Das ist seine Pflicht. Ihm ist bewußt, daß dafür nicht nur die Zeichen guten Willens reichen. Er braucht dazu konkrete Gesten, die in die Seelen eintreten und die Gewissen anrühren, indem sie jeden zur inneren Umkehr bewegen und ein Vorgehen auf dem Weg des Ökumenismus voranbringen. Der theologische Dialog ist notwendig.

(...) Der aktuelle Nachfolger Petri läßt sich in erster Person von dieser Frage ansprechen und ist dazu bereit, alles dafür zu tun, was in seiner Macht steht, um die fundamentale Angelegenheit der Ökumene voranzubringen. Auf der Spur seiner Vorgänger ist er voll dazu bereit, jede Initiative einzubringen, die opportun erscheint, um die Kontakte und die Begegnung mit den Vertretern der verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zu fördern. An sie geht vor allem in diesem Moment mein herzlichster Gruß in Christus, dem einzigen Herrn aller.

In diesem Moment komme ich mit meiner Erinnerung an den Tod und die Beerdigung Johannes Paul II. zurück. An seinen sterblichen Überresten haben sich die Staatschefs getroffen. Menschen aus allen sozialen Schichten und besonders Jugendliche - in einer unvergeßlichen Umarmung von Liebe und Bewunderung. Ihn hat die ganze Welt mit Vertrauen angeschaut. Uns schien, daß diese intensive Teilnahme, die bis in die Grenzen des Planeten ging, verbreitet durch die moderne Kommunikation, wie eine einsame Bitte um eine Hilfe war, die von allen Mitgliedern der heutigen Menschheit an den Papst gerichtet wurde.

(...)Die Aufgabe eines neuen Papstes ist es vor allem das Licht Christi strahlen zu lassen. Es ist nicht das eigenen Licht, sondern das Licht Christi. Mit diesem Bewußtsein wende ich mich an alle, auch an diejenigen, die anderen Religionen folgen oder einfach eine Antwort auf die fundamentalen Fragen der Existenz stellen und sie noch nicht gefunden haben. An alle wende ich mich mit Einfachheit und Liebe um zu versichern, daß die Kirche weitergehen wird.

Auszug aus der Predigt Papst Benedikt XVI. vor den Kardinälen am 20.4.2005


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