War es wirklich “Zufall", daß mein Mann und ich Elisabeth Scheibreithner vor der Kirche von Maria Taferl getroffen haben? Sie kennt meinen Mann von einem Vortrag und ist VISION-Leserin. Wir kommen ins Gespräch und sie erzählt, daß sie gerade schwere Zeiten durchmacht. Die Art, wie sie in dieser kurzen Begegnung spricht und der Eindruck, den sie auf mich macht, veranlassen mich, sie um ein Interview am nächsten Tag zu bitten.
Herzlich und fröhlich begrüßt uns dann das Ehepaar Scheibreithner vor seinem hübschen Heim in Hofamt Priel, das vom Hausherrn selbst zu so einem Schmuckstück gestaltet wurde. In der gemütlichen Wohnküche setzen wir uns zusammen. Am großen Tisch sitzt, in sich versunken, anscheinend unansprechbar Elisabeths Oma. Die Hausfrau beginnt zu erzählen: 1962 wird sie in Ybbs an der Donau geboren und wächst in Fürholz auf, das zur Pfarre Persenbeug gehört. Dort besucht sie die Volks- und dann die Hauptschule in Ybbs. Von den Eltern werden sie und ihre beiden Geschwister aus Tradition angehalten sonntags die Messe zu besuchen. Obwohl die Eltern meistens mitgehen, wird zu Hause nicht von Gott gesprochen.
Elisabeth ist als junges Mädchen am Glauben nicht wirklich interessiert. Nach der Hauptschule macht sie eine Lehre als Köchin und arbeitet während der Saison in Tirol. Nach Beendigung ihrer Lehre lernt sie 1980 ihren zukünftigen Mann Leopold bei Nachbarn kennen.
Sehr jung - noch keine 20 - heiraten die beiden: 1981 standesamtlich, 1982 kirchlich.
Rasch wächst die Familie: Zunächst Angelika, ein Jahr darauf Christa - sie ist mittlerweile selbst verheiratet und hat zwei Kinder - dann Petra, die heuer 20 wird, und schließlich 1987 Thomas. In sechs Jahren vier Kinder! Keine leichte Aufgabe.
Nachdem das junge Ehepaar zunächst bei den Schwiegereltern gewohnt hat, beginnen sie 1893 mit dem Hausbau. Die Eltern hatten ihnen den Grund geschenkt. Elisabeth bleibt bei den Kindern zu Hause und hilft beim Bau mit, wo sie kann. Die Familie hilft kräftig mit und auch die Großmutter unterstützt Elisabeth fleißig bei der Kinderbetreuung und allen anfallenden Arbeiten. Leopold macht neben seiner Arbeit als Schlosser und dem Hausbau die Meisterprüfung. Was für ein Pensum! Dann nimmt er eine Arbeit in Amstetten an, wo er bei Umdasch eine Lehrwerkstätte aufbaut, die er seit 13 Jahren leitet.
Der Hausbau läuft auf Hochtouren, die kleinen Kinder halten ihre Mutter ständig auf Trab.
Im Jahr 1987 bittet die Großmutter Elisabeth eines Tages, sie zu einer Gebetsgruppe zu bringen. Statt gleich wieder nach Hause zu fahren, beschließt die junge Frau, dort zu bleiben, weil das weniger umständlich ist. “Die drei Rosenkränze, die ich dann dort erlebt habe, haben mich fast erschlagen. Das war wie ein Schaffel kaltes Wasser über den Kopf," erzählt sie heiter in ihrer temperamentvollen Art. Sie sei richtig überfordert gewesen.
Und dennoch bleibt sie auch beim nächsten Mal, als die Oma sie wieder um einen Chauffeurdienst bittet, im Kreis der betenden Frauen. “Wieso das?", staune ich. Elisabeth lacht: “Ich habe mich einfach nicht getraut zu sagen: Ich bring'euch die Oma und ich geh' wieder heim." Auf diese Weise wächst sie langsam in diese Gebetsgruppe hinein, obwohl sie sich nach wie vor nicht ganz sicher ist, ob diese vielen Rosenkränze nicht zu extrem seien. Im Grunde genommen ist sie immer noch auf der Suche nach dem Glauben. Da steckt ihr die Großmutter eines Tages ohne Kommentar ein Buch zu: “Lies das, bitte!"
“Es war ein altes, abgeschnudeltes Buch über Pater Pio. Tief betroffen habe ich es einmal und noch einmal gelesen - und habe gespürt, wie Jesus mir das Herz öffnet. Für mich war das die radikale Umkehr," erzählt sie engagiert und ich spüre ihre tiefe Freude.
Eines Tages beschließt das Ehepaar, von nun an täglich gemeinsam Rosenkranz zu beten. Für Leopold keine Schwierigkeit, denn im Gegensatz zu seiner Frau, kommen er und seine drei Geschwister aus einem praktizierenden Elternhaus. Er erinnert sich gerne an die Zeit, als sie mit dem gemeinsamen Beten angefangen haben: “Es braucht immer wieder einen Impuls, um aus dem Alltagstrott herauszukommen: Da war die Arbeit in der Firma, der Hausbau, private Arbeiten, um noch etwas für den Hausbau dazu zu verdienen, Nachbarschaftshilfe beim Bauen - und für die Kinder sollte ja auch noch Zeit bleiben. Alles recht stressig. Da hat es sehr gut getan, am Abend miteinander zu beten - auch wenn wir dabei manchmal eingenickt sind. Das war eine wohltuende Atmosphäre, die das gegenseitige Verstehen gestärkt hat. Da sind wir im Glauben zusamengewachsen. Einmal war eher der eine das Zugpferd, dann der andere."
Beide sind froh, daß ihr gemeinsames Wachsen im Glauben in die Zeit gefallen ist, als die Kinder noch klein waren. Auf diese Weise haben auch sie profitiert.
Zum Wachsen im Glauben gehören auch Wallfahrten nach Medjugorje. Wegen der Kinder kann allerdings immer nur einer der beiden fahren. Gemeinsam nehmen sie aber an einer Gebetsgruppe teil, die sich nach einer Wallfahrt gebildet hatte. Elisabeth erinnert sich: “In intensiven Gesprächen haben wir erst so richtig mitbekommen, wie man den Glauben in der Praxis lebt, wie man den Alltag bewältigt, wie man an Probleme vom Glauben her angeht. Es gab viel Austausch über unser christliches Leben." Daß sich die beiden im Glauben gut verstehen, merke ich an der unbefangenen und selbstverständlichen Art, mit der sie darüber reden und einer die Gedanken des anderen ergänzt.
Ab den neunziger Jahren beginnt Elisabeth, nach den Empfehlungen der Gottesmutter in Medjugorje zu leben: täglich Heilige Messe, monatlich Beichte, regelmäßiges Fasten. “Das hat mich sehr im Glauben getragen," erinnert sich Elisabeth und ich höre die Dankbarkeit aus ihrer Stimme heraus.
Was sich bei Leopold damals geändert hat, frage ich. Er überlegt nicht lang: “Wenn man im Glauben steht ,wird der Umgang mit anderen Menschen problemloser. In jeder Begegnung will Gott uns etwas sagen. Man wird aufmerksam auf das Wirken des Heiligen Geistes. Obwohl ich schon vorher im Pfarrgemeinderat war, hat sich mein Engagement in der Pfarre intensiviert. Ich habe begonnen, mich in der Jugendarbeit zu engagieren, habe eine katholische Jugendgruppe in Persenbeug gegründet."
In diese Jugendgruppe wachsen auch die eigenen Kinder hinein, erzählt Elisabeth: “Wir haben uns gedacht, es sei wichtig, daß unsere Kinder mit anderen Kindern in einer Gruppe mit gutem christlichen Fundament zusammensein können. So hat Leopold zunächst mit anderen Kindern eine Gruppe begonnen. In die sind dann die eigenen Kinder hineingewachsen." Es werden also Jugendstunden abgehalten, die Jugendgruppe beteiligt sich an Pfarraktivitäten und die ganze Familie fährt jeden Sommer mit all den Jugendlichen auf Lager.
Als die Kinder größer geworden sind, zieht sich Leopold aus der Jugendarbeit zurück. In dieser Zeit beginnen die Scheibreithners ehrenamtlich für Radio Maria Österreich zu arbeiten: einmal im Monat gestalten sie von zu Hause aus die Sendung Hauskirche. Eine befreundete Familie mit ihren sechs Kinder kommt dann dazu und unterstützt die Scheibreithners kräftig beim Singen. Leopold erzählt: “Die Sendung erfordert eine intensive Vorbereitung. Wir fangen mit einem Lied und der Begrüßung an. Manchmal gibt es ein Schuldbekenntnis. Dann betrachten wir das Leben eines Heiligen und/oder eine oder mehrere Bibelstellen. Anschließend beten wir noch zwei Gesätzchen Rosenkranz, es folgen Fürbitten und Lieder." 42 Sendungen haben sie bisher gemacht.
In dieser Zeit beginnt Elisabeth täglich einige Stunden beim Pfarrer zu arbeiten, um ihm den Haushalt zu führen. Der Kontakt zu den jungen, spätberufenen Kaplänen, die dort ihr Pastoraljahr absolvieren und einen starken Glauben ausstrahlen, beflügelt auch das Glaubensleben des Ehepaars.
Ich bin auch beeindruckt, als mir Leopold ganz einfach und selbstverständlich über den Stellenwert des Glaubens in ihrem Leben sagt: “Daß wir einen anderen Blick auf das Leben bekommen, weil wir wissen auf welches Ziel wir unterwegs sind. Dann verlieren manche Dinge des Alltags, die zunächst so lebensnotwendig erscheinen, an Bedeutung: ein schöner Urlaub, ein perfekter Haushalt, ein tolles Auto usw. All das hat sicher eine gewisse Wertigkeit, ist aber nicht wirklich wichtig. Das Leben aus dem Glauben hat für uns einfach Vorrang." Lachend fällt Elisabeth ein: “Ich weiß gar nicht, wann wir den letzten Urlaub gemacht haben. Ja, doch: 1998 haben wir mit den Kindern vier Tage im Stift Göttweig und 1997 den Hochzeitstag mit der Familie in Medjugorje verbracht. Ein wunderschönes Geschenk!"
1998 bricht sich die Großmutter den Obeschenkelhals und kann fortan nicht mehr alleine zurechkommen und Scheibreithners nehmen sie zu sich ins Haus. Mit der Zeit bessert sich zwar ihr körperlicher Zustand, doch es stellt sich heraus, daß sie an Alzheimer leidet. “In meiner Kindheit und Jugend habe ich mich immer sehr zu ihr hingezogen gefühlt," erzählt Elisabeth. “Sie hat ja auch einen großen Anteil an meiner Bekehrung und sie war auch immer für mich da. So war es für mich selbstverständlich, daß ich sie zu mir nehme, wenn es einmal nötig sein würde."
Während unseres ganzen Gesprächs sitzt die Großmutter übrigens ganz selbstverständlich, doch ohne ein Wort zu sagen, am Tisch. Sie wirkt geistig abwesend, doch manchmal, so meine ich, schaut sie ihre Enkelin sehr intensiv an. Liebevoll blickt auch Elisabeth sie an und drückt ihre Hand: “Gell Oma, so rennt das mit uns zwei."
Bald nachdem die Oma eingezogen ist, geht Elisabeth zum Frauenarzt: Eierstocktumor mit ziemlichen Auswüchsen. Niemand kann ihr sagen, ob gutartig oder bösartig. Die Chancen stehen 50:50. Am Vorabend der Operation - es ist der 8. Dezember 1999 - sitzt sie mit ihrem Mann in der Krankenhauskapelle. Vertrauensvoll spricht sie mit Jesus: “Jesus , ich gebe dir mein ganzes Leben, alles was da auf mich zukommt. Aber ich muß Dir auch sagen: Ich würde mit jeder Frau, die hier im Krankenhaus ein Kind bekommt, gerne tauschen." Und zu ihrem Mann sagt sie: “Egal wie die Operation ausgeht, sollte ich wieder dazu imstande sein, mache ich eine Wallfahrt nach Mariazell."
Die Operation verläuft gut: Ein Eierstock muß ganz entfernt werden, am anderen nur ein fünf Zentimeter großer Tumor - alles gutartig. Große Freude und Dankbarkeit bei der Familie Scheibreithner. Viele haben für sie in dieser Zeit gebetet. Drei Jahre dauert es allerdings, bis sie zur Wallfahrt aufbrechen können.
Temperamentvoll erzählt Elisabeth und strahlt dabei: “Es war eine gnadenvolle Fußwallfahrt. So etwas hatten wir noch nie erlebt. Gute Gespräche, miteinander beten, schweigen, nur wir zwei... Zwei Tage lang. Das war ein Stückerl Himmel für mich. An einer Stelle sind wir an einem Herrn vorbeigegangen, der auf einem Bankerl gesessen ist. Der fragt uns: ,Ihr pilgert sicher nach Mariazell. Geht's ihr um einen Kindersegen?' Wir lächeln: ,Eigentlich nicht. Wir haben schon vier. Wir machen eine Dankwallfahrt.' Am Abend des zweiten Tages haben wir eine wunderbare Heilige Messe erlebt. Und dann sind wir heimgefahren."
Einen Monat später kündigt sich die kleine Viktoria an. Etwas woran Elisabeth - schon gar nach der schweren Operation - nicht im Entferntesten gedacht hätte. Lachend erinnert sie ihr Mann: “Jesus hat dich damals in der Krankenhauskapelle beim Wort genommen, als du gemeint hast, du tätst viel lieber ein Baby kriegen." Am 40. Geburtstag des Vaters wird die Tochter geboren: die kleine Viktoria - die “Siegerin". Viktoria ist wirklich ein Geschenk des Himmels," ergänzt Elisabeth. Und an der Art, wie sie es sagt, spüre ich ihre Freude über die kleine Nachzüglerin.
In ihren Aktivitäten: Mütterrunde, Vorträge, usw. ist sie nun allerdings recht eingeschränkt, da sie durch die Großmutter und die kleine Viktoria sehr ans Haus gebunden ist. Auch mit gesundheitlichen Problemen und Operationen hat sie zu kämpfen. “Ich komme auch nicht mehr dazu, täglich die Heilige Messe zu besuchen. Es geht aus zeitlichen Gründen nicht, wie ich will. So ist zwar die Sehnsucht da, aber ich opfere sie Ihm auf. Denn jetzt braucht Er mich zu Hause bei der Oma, beim Kind. Auch mit den Wallfahrten geht es nicht so wie früher, obwohl ich auch das gerne täte."
“Zum 40. Geburtstag hat mir mein Mann eine Pilgerreise zum P. Pio nach San Giovanni Rotondo geschenkt. Schließlich hat mich der P. Pio ja bekehrt. Aber bis heute ist mir diese Pilgerfahrt nicht gelungen. Dieses Opfer schenke ich jetzt meiner Familie." Liebevoll und ohne spürbare Bitterkeit erzählt sie weiter: “Die Oma ist mittlerweile zu einem Intensiv-Pflegefall geworden. Sie ist leider geistig im Endstadium, kann kaum mehr sprechen. Man kann fast überhaupt kein Gespräch mehr mit ihr führen. Wenn ich ihr etwas zu essen gebe, muß ich ihr sagen: Oma, Du mußt jetzt den Mund aufmachen. Selbst das weiß sie nicht mehr. Seit drei Jahren ist sie immer zu heben, umzulegen, wie ein kleines Kind. Dadurch bin ich sehr angehängt. Aber der Herr hat mir die Jahre vorher geschenkt und davon zehre ich jetzt. Nach meiner Bekehrung hat sich für mich so viel Freude aufgetan - im Hinblick auf jeden Menschen."
Ich bin beeindruckt, als sie fortfährt: “Ich bete für meine Eltern, meine Geschwister - in den Heiligen Messen, in Novenen... Es war für mich einfach sehr berührend: Ich habe erfahren dürfen, daß es Gott gibt, daß Jesus unser Erlöser ist - und bei dem Gedanken daran geht mein Herz auch heute noch über. Das zu erkennen, ist unser wichtigstes Ziel. Daher haben wir uns bemüht, es unseren Kindern, aber auch den anderen Menschen vorzuleben. Das hat mir dann Kraft für schwierige Zeiten gegeben. Derzeit erleben wir eher eine solche."
Aber nicht nur die Pflege der Großmutter fordert sie sehr, denn da gibt es noch einen weiteren Pflegefall in der Familie: Ihr 68jähriger Vater hatte im November des Vorjahres eine schwere Gehirnblutung und liegt derzeit im Wachkoma, kann nur mehr den Kopf bewegen, ist ganz gelähmt. “Ich bemühe mich, ihn täglich zu besuchen. Das Elternhaus ist ja nur 300 Meter weg. Wenn ich hereinkomme und ihn grüße, dreht er den Kopf. Er liegt seit 15. Jänner zu Hause und wird von meiner Mutter und einem Pfleger betreut. Auch unsere Angelika, sie ist Krankenschwester, ist sehr um ihn bemüht."
“Ja, der Vater hat viel zu tragen: Er kann sich nicht nach außen artikulieren, leidet an Fieberschüben, Schweißausbrüchen, hat Probleme mit den Nieren, ist wundgelegen... Er hat so viel zu kämpfen. Und obwohl es so ein Leidensweg ist, bin ich überzeugt, daß dies alles seinen Sinn hat. Auch das ist ein Heilsweg - für ihn, für uns alle. Wir tragen ihn im Gebet mit. Hätte ich nicht schon vor Jahren den Glauben geschenkt bekommen, so glaube ich, daß ich all das nicht doch mit einer gewissen Gelassenheit tragen könnte." meint sie im tiefen Vertrauen auf Gottes Fürsorge
Erstaunlich, wie sie dieses Leid trägt und auch Leopold fügt in dankbarer Erinnerung hinzu: “Papst Johannes Paul II. war ein großes Beispiel für uns, wie man Leiden tragen kann. Er war eine wahre Leuchte." Und Elisabeth ergänzt: “Er hat uns vorgelebt, daß Leiden zum Leben gehört und daß man dazu Kraft nur aus dem Glauben schöpfen kann. Solange der Herr uns jetzt aufträgt, diesen Leidensweg mit der Oma und dem Vater zu gehen, solange gibt Er uns auch die Kraft das durchzuhalten."
Während wir hier mit der Oma am Küchentisch sitzen, bekomme ich einen Anschauungsunterricht in Glauben, der trägt: “Wenn Gott ein Kreuz gibt, gibt er auch starke Schultern, um es zu tragen. Immer wieder sagt mir jemand: ,Beim geistigen Zustand der Oma ist es egal, wer ihr das Essen gibt, sie kriegt das nicht mehr mit.' Und darauf sage ich: Das ist meine Oma und ich kann mir nicht vorstellen, daß ich sie in ein Heim gebe. Wenn ich sie wasche, wickle, anziehe, frisiere, das ist jetzt mein Dienst an ihr, mein Dienst an Jesus. Das ist viel Arbeit, das ist oft stressig, weil sonstige Termine dazukommen. Aber dann denke ich: Jesus, du schaffst das - nicht wir."
Die Oma nickt plötzlich. Elisabeth legt ihre Hand liebevoll auf die der 90jährigen und fragt sie zärtlich: “Stimmt das, was ich sage, Oma?" Dann fährt sie fort: “Ehrlich gesagt: Ich komme oft an die Grenzen. Dann sage ich: Jesus, schenke mir jetzt Liebe, jetzt wo ich an meiner Grenze bin. Oft sage ich ein Stoßgebet: Jesus, aus Liebe zu Dir und zur Bekehrung der Sünder."
Den Vater kann sie nicht pflegen, weil sie mit der Oma beschäftigt ist. Aber sie trägt ihn intensiv im Gebet mit." Das ist mir ganz wichtig. Wenn ich ihn besuche, streichle ich ihn, rede mit ihm. Dann sage ich: Herr, gibt ihm Du die Kraft, geh mit ihm im Leiden mit. Viele sagen: Warum kann er nicht sterben? Aber ich stelle mir diese Frage nicht. Ob der Tod für ihn wirklich eine Erlösung wäre, weiß ich ja nicht. Schließlich gehen wir ja auf den Reinigungsort zu. Und so denke ich mir: Wenn er jetzt schon viel leidet, leidet er weniger im Fegefeuer."
Wenn doch mehr Menschen so ihre kranken Eltern und Großeltern annehmen würden, gäbe es weitaus weniger einsame, unglückliche alte Menschen, denke ich mir, wenn ich mir dieses Paar anschaue. Gläubig, gelassen und vertrauensvoll haben sie mit ihren Problemen umgehen gelernt, fühlen sie sich doch, gerade in schwierigen Situation von Gott getragen: “Die größte Gnade, das größte Geschenk ist - daß mein Mann und ich einen gemeinsamen Glauben haben. Wir können das ganz intensiv in der Ehe leben. So ist immer wieder Versöhnung möglich."
Leider können mein Mann und ich nicht zum Mittagessen bleiben, zu dem uns die Scheibreithners herzlich einladen. Die kleine Viktoria, die während des Interviews von der großen Schwester betreut wurde, freut sich wieder in die Wohnküche kommen zu dürfen. Und wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit diesem erfrischenden Ehepaar - das auch uns im Glauben wieder bestärkt hat. Das nächste Mal müssen wir uns dann auch ihren Gebetsraum ansehen, sagen sie uns beim Abschied.