In Abitene, einem kleinen Dorf im heutigen Tunesien, wurden eines Sonntags 49 Christen, die im Haus des Octavius Felix zusammengekommen waren, überrascht, als sie die Eucharistie feierten und sich damit den kaiserlichen Verboten widersetzten. Sie wurden festgenommen und nach Karthago gebracht, um von Prokonsul Anulinus verhört zu werden. Bedeutsam war unter anderem die Antwort eines gewissen Emeritus an den Prokonsul, der ihn fragte, warum sie dem strengen Befehl des Kaisers zuwidergehandelt hätten. Er antwortete: “Sine dominico non possumus". Das bedeutet: Ohne uns am Sonntag zur Feier der Eucharistie zu versammeln, können wir nicht leben. Es würden uns die Kräfte fehlen, uns den täglichen Schwierigkeiten zu stellen und nicht zu unterliegen.
Nach grausamer Folter wurden diese 49 Märtyrer von Abitene getötet. So bezeugten sie mit dem Vergießen ihres Blutes ihren Glauben. Sie starben, haben aber gesiegt: Wir gedenken ihrer jetzt in der Herrlichkeit des auferstandenen Christus.
Über diese Erfahrung der Märtyrer von Abitene müssen auch wir Christen des 21. Jahrhunderts nachdenken. Auch für uns ist es nicht leicht, als Christen zu leben, auch wenn es nicht diese kaiserlichen Verbote gibt. Aber aus geistlicher Sicht kann die Welt, in der wir leben, die oft von zügellosem Konsumismus, von religiöser Gleichgültigkeit und von einem der Transzendenz verschlossenen Säkularismus geprägt ist, wie eine Wüste erscheinen, die nicht weniger hart ist als die “große und furchterregende Wüste" (Dtn 8,15), von der die Erste Lesung, aus dem Buch Deuteronomium, gesprochen hat.
Dem jüdischen Volk in seiner Not kam Gott in dieser Wüste mit der Gabe des Manna zu Hilfe, um es erkennen zu lassen, daß “der Mensch nicht nur von Brot lebt, sondern daß der Mensch von allem lebt, was der Mund des Herrn spricht" (Dtn 8,3). Im heutigen Evangelium hat uns Jesus erklärt, auf welches Brot Gott durch die Gabe des Manna das Volk des Neuen Bundes vorbereiten wollte. Im Hinblick auf die Eucharistie hat er gesagt: »Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Mit ihm ist es nicht wie mit dem Brot, das die Väter gegessen haben; sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot ißt, wird leben in Ewigkeit« (Joh 6,58). Der Fleisch gewordene Sohn Gottes konnte zum Brot werden und so Speise seines Volkes sein, Speise für uns, die wir in dieser Welt unterwegs sind in das verheißene Land des Himmels.
Wir brauchen dieses Brot, um die Mühen und die Erschöpfung der Reise zu bewältigen. Der Sonntag, Tag des Herrn, ist die beste Gelegenheit, um aus ihm, dem Herrn des Lebens, Kraft zu schöpfen.
Das Sonntagsgebot ist also keine von außen auferlegte Verpflichtung, keine Last auf unseren Schultern. Im Gegenteil, an der sonntäglichen Meßfeier teilzunehmen, sich vom eucharistischen Brot zu nähren, die Gemeinschaft der Brüder und Schwestern in Christus zu erfahren, ist für den Christen ein Bedürfnis, eine Freude; so kann der Christ die nötige Kraft finden für den Weg, den wir jede Woche zurücklegen müssen.
Auszug aus der Predigt von Papst Benedikt XVI. bei der Messe zum Abschluß des Eucharistischen Kongresses Italiens am 29. Mai.