VISION 20005/2014
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Ein Weg in die Freiheit

Artikel drucken (Xavier Lacroix)

Eine treue Liebe beschränkt sich nicht darauf, nicht untreu zu werden. Sie ist auch nicht nur eine Liebe, die fortdauert, sondern eine, die wächst. Um einen anderen Ausdruck zu gebrauchen: Es ist eine glaubwürdige Liebe. Dabei sei daran erinnert, dass das lateinische Wort für Glauben „fides“ auch den Sinn von „Vertrauen“ und „Treue“ hat.
Die Treue beruht auf Vertrauen, und das Vertrauen ist die Frucht der Treue. Was den Glauben anbelangt: Er ist eine Form des Vertrauens, ein absolutes Vertrauen, eine Bereitschaft zur absoluten Hingabe. Das Gegenteil von Glauben heißt Angst. Eine treue Liebe ist eine, die alle Ängste, die einen befallen mögen, besiegt hat.
Und Gott weiß, wie zahlreich die Ängste heute sind, wenn es um das Thema Liebe geht: die Angst, ausgenützt zu werden, die Angst, nicht geliebt zu sein, die Angst, nicht lieben zu können, die Angst, verlassen zu werden, die Angst, sexuell zu versagen, die Angst, sich nichts mehr zu sagen zu haben… „Habt keine Angst!“: Dieses Wort Jesu auf dem von Wellen aufgewühlten See hat ehestiftende Bedeutung für die Paare von heute.
Ich bin überzeugt, dass man den Männern und Frauen des 21. Jahrhunderts die dauerhafte Liebe, ja, die endgültige Bindung als Lebensentwurf anbieten soll. Alle Untersuchungen zeigen, dass damit ein tiefes Verlangen der nachwachsenden Generation angesprochen wird. Ich sehe darin nicht ein „Ideal“ im Sinne eines unerreichbaren Zieles. Ich meine vielmehr, dass es sich hier um ein grundlegendes menschliches Gut handelt, um eine Wahrheit: die Wahrheit der Liebe, die Wahrheit des Bundes. Und gleichzeitig eröffnet es eine Chance: die unvergleichliche Chance, einen spirituellen Weg zu beschreiten – auch außerhalb der religiösen Weihe.
Die vielen Herausforderungen, über sich hinaus wachsen zu müssen, macht die Ehe zu einem Weg in die Freiheit. Wer das wahrhaft lebt, wird aus dem ersten Gefängnis befreit: dem des eigenen Ego und des Egoismus. Mehr noch: Er begibt sich auf den Weg zur Heiligkeit. Denn die Partner ermöglichen einander zu lernen, wie man sich dem anderen schenkt und hingibt.

Der Autor ist Philosoph und Theologe, sein Beitrag ein Auszug aus Famille Chrétienne v. 26.7.03.

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