VISION 20005/2014
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Höllensturz und Hoffnung

Artikel drucken Warum unsere Zivilisation zusammenbricht – und wie sie sich erneuern kann (Christof Gaspari)

Ein Buch, das in mehrfacher Weise bemerkenswert ist: Höllensturz und Hoffnung  hat 10 Autoren und ist dennoch im Stil homogen; es ist von Wissenschaftern verfasst und dennoch verständlich geschrieben; Experten unterschiedlichster Fachrichtungen (Neurophysiologie, Ökonomie, Physik, Informatik…) steuern ihr Wissen bei und dennoch entsteht ein nachvollziehbares Gesamtbild und – vor allem – die Autoren „outen“ sich als Christen!
Was dabei herauskommt? Eine schonungslose Analyse der gesellschaftlichen Situation der westlichen Gesellschaft. Sie macht deutlich: Unsere hochkomplexen, derzeit noch sehr leistungsfähigen gesellschaftlichen Systeme sind enorm bedroht und leben von Kapitalien, die sie massiv verbraucht haben und weiterhin zerstören.
Nein, es wird keine bevorstehende Umweltkatastrophe an die Wand gemalt, keine Weltuntergangsstimmung erzeugt. Es ist kein Werk, das den Zusammenbruch für die nächsten Monate voraussagt. Aber es legt die Finger auf Wunden, die wir gern übersehen oder in ihrer Bedrohlichkeit meist herunterspielen. Weil das entworfene Bild so umfassend ist, muss ich mich im Rahmen dieser Besprechung auf einige markante Aspekte beschränken.
Da ist etwa die Feststellung, dass wir zwar dauernd mit Schreckensmeldungen überschwemmt werden, aber weitgehend abgestumpft und daran gewöhnt sind, alles, was uns die Medien so ins Haus liefern, als Infotainment, also als Information, die zur Unterhaltung dient, einfach nur zu konsumieren – und abzuhaken. Lernprozesse fänden kaum statt.
Aus Erfahrungen zu lernen, wird auch durch die zunehmende Komplexität der Systeme und deren immer raschere Veränderung schwieriger. „Selbst wenn wir eine drohende Katastrophe noch so rechtzeitig erkennen, dass uns Zeit zum Handeln bleibt, können wir in vielen Fällen das komplexe und dynamische System … nicht beherrschen,“ liest man.
Verstärkt wird die Problematik durch den rasch voranschreitenden Werteverlust, der eine zunehmende Orientierungslosigkeit und einen um sich greifenden Vertrauensverlust produziert: Kein Vertrauen zur Politik, kein Vertrauen zu den Akteuren in der Wirtschaft, in den Medien: „Vertrauensverlust, Verlust von Gemeinschaft, Egoismus und Werteverfall – all das können wir beobachten. Unsere westliche Zivilisation fällt zurück in frühere Stadien.“
Klarerweise kommt auch die gezielt gepushte Sexualisierung durch „Gender Mainstreaming“ zur Sprache: „Sex, und insbesondere Homosexualität, gehört nach Meinung des heutigen Main­streams der Bildungspolitiker in die Bildungspläne der Kitas, Kindergärten und Grundschulen, sonst kann der neue, sexuell gleichgeschaltete Mensch nicht entstehen,“ fassen die Autoren ihre diesbezüglichen Beobachtungen zusammen. Was sich derzeit in Baden-Württemberg auf diesem Sektor abspielt, sei eine Illustration dieser Feststellung.
Hier drohe eine enorme Gefahr: Die nachwachsende Generation werde der Möglichkeit beraubt, zur Person heranzureifen, eine gesunde, widerstandsfähige Iden­tität zu entwickeln: „Wer in der natürlichen Entwicklung seiner Identität als Mann oder Frau behindert wird, kann nicht glücklich werden.“
 Treffend ist die Feststellung, dass wir zunehmend einer „kulturellen Wehrlosigkeit“ verfallen. Ein typisches Beispiel dafür sei die wachsende Bereitschaft, den eingewanderten Muslimen Sonderrechte, wie etwa die Polygamie, einzuräumen, was unseren Wertvorstellungen total widerspricht. Die Autoren erwähnen in diesem Zusammenhang Äußerungen des ehemaligen Erzbischofs von Canterbury, der dafür plädiert hatte, Muslime in England freizustellen, ob sie nach englischem Recht oder nach der Scharia leben wollten. Ähnlich bedenklich sei die Begeisterung, mit der fernöstliche Lehren im Westen rezipiert werden. Vorbehalte gebe es vor allem gegen die Basis der eigenen Kultur, den christlichen Glauben!
Fazit: „Die Wertebasis unserer Gesellschaft hat sich bereits teilweise aufgelöst und erodiert immer weiter. (…) Die völlige Verunsicherung darüber, was gut und was böse ist, was richtig und was falsch ist, was ethisch und was unethisch ist, ist symptomatisch und ursächlich zugleich. Sie trägt aus unserer Sicht mit dazu bei, dass die Menschen individuell immer verunsicherter werden, was die skizzierte gesellschaftliche Abwärtsspirale weiter antreibt.“
Vor uns also der „Höllensturz“. Aber wie steht es nun mit der Hoffnung, die im Titel des Buches in die Auslage gestellt wird? Sie kommt auf den letzten Seiten zur Sprache. Die Autoren wüssten, dass sie den Lesern „starken Tobak“ zugemutet hätten, schreiben sie. Dies sei geschehen, um die weitverbreiteten falschen Hoffnungen, wir würden die Kurve schon irgendwie kriegen, zu zerstören. „Auch wenn es schlimm wird, die Welt wird deshalb nicht untergehen.“
Wo aber ist der Ausweg? Nach dem absehbaren Zusammenbruch werde es notwendig sein, eine zukunftsfähige Gesellschaft aufzubauen. Sie werde „keineswegs eine postchristliche Gesellschaft sein, ganz im Gegenteil: Die Art und Weise, wir wir in Zukunft zusammenleben werden, wird (…) mehr mit dem Vorbild, das Jesus Christus uns gegeben hat, zu tun haben, als dies in den letzten 2000 Jahren (…) der Fall war.“ Und: „Die Erneuerung, nach der wir uns alle sehnen, wird also nicht aus unserer eigenen moralischen Kraft kommen. In unserem Glaubensbekenntnis formulieren wir Christen seit 2000 Jahren, dass wir den wiederkommenden Christus erwarten…“
So treffend mir die lesenswerte Analyse dieses Buches über unsere gesellschaftliche Situation erscheint, so sehr fehlt mir dann doch aber eine Antwort auf die naheliegende Frage: Was sollen nun all jene tun, die den heraufziehenden Schrecken erahnen und ihr Vertrauen auf Jesus Christus setzen? Die Hände in den Schoß legen und warten? Sich in ein christliches Getto zurückziehen? Sich aufbäumen und eine Revolution anzetteln?
Ich denke, wir tun gut daran, Lehren aus der Analyse der Autoren zu ziehen, das heißt: der Realität eines bevorstehenden Zusammenbruchs ins Auge zu schauen und nicht weltlichen Heilsverheißungen nachzulaufen. Vor allem aber fordert uns dies heraus, uns Tag für Tag, Stunde für Stunde mehr in Jesus Christus zu verankern, der uns vorausgesagt hat; „In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt.“ (Joh 16,33)
Er wird uns Tag für Tag Wege des Heils weisen – gerade in schwierigen Zeiten.

Höllensturz und Hoffnung – Warum unsere Zivilisation zusammenbrichth und wie sie sich erneuern kann. Von Hans-Joachim Hahn & Lutz Simon. Lau-Verlag. 256 Seiten, 22,90 Euro.

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