Im ausgehenden 19. Jahrhundert, zu einer Zeit, als Charles Darwins Idee des “Survival of the Fittest" die Wissenschaft beherrschte, prägte Francis Galton - ein direkter Cousin Darwins - den Ausdruck “Eugenik". Diese Lehre von der Verbesserung des menschlichen Erbgutes trat für eine Förderung der Fortpflazung “erbgesunder" Menschen ein, während die der “Erbkranken" verhindert werden sollte.
Traurige Bekanntheit erlangte der Begriff durch die Versuche der Nationalsozialisten, durch Vernichtung “lebensunwerten Lebens" die Erbgesundheit des Deutschen Volkes zu sichern. Lange Zeit verpönt, taucht der Begriff heute im Bereich der Fortpflanzungsmedizin wieder auf - mit bisher beinahe unbemerkten, aber nicht weniger verheerenden Folgen.
In den vergangenen Jahren hat die medizinische Forschung auf dem Gebiet der Biotechnologie erstaunliche Fortschritte gemacht. Doch angesichts von Praktiken wie der Präimplantationsdiagnostik (PID) und der eugenischen Indikation müssen wir uns neu die Frage nach den Grenzen der Forschung stellen.
Bei der PID werden künstlich gezeugte Embryos auf Anlagen für Erbkrankheiten untersucht, bevor sie in die Gebärmutter eingepflanzt werden - problematisch veranlagte werden vernichtet. Die eugenische Indikation wiederum ermöglicht die Abtreibung eines Kindes bis unmittelbar vor der Geburt, wenn Anzeichen für eine schwerwiegende Behinderung bestehen.
Erfahrungen aus Ländern, in denen die PID - wenn auch restriktiv - bereits zugelassen ist, zeigen, daß sie in der Praxis kaum einzuschränken ist. Mißbrauch, sei es zur Geschlechtsbestimmung (wie in Israel oder Indien) oder zur Suche nach Embryonen mit einem Risiko für bestimmte Krankheiten (Großbritannien) stehen an der Tagesordnung. Dazu kommt, daß einige der Krankheiten, für die PID erlaubt ist, nicht notwendigerweise schwere Behinderungen zur Folge haben.
Eine weitere Mißbrauchsgefahr ergibt sich aus mangelndem Datenschutz. Im Regelfall werden Informationen über Veranlagungen zu Krankheiten und Allergien in die Krankenakte eines Patienten eingetragen und sind somit allgemein zugänglich. In Großbritannien ist es Arbeitgebern derzeit erlaubt, einem Bewerber den Arbeitsplatz zu verweigern, wenn eine Veranlagung zu Erbkrankheiten gegeben ist, die eine ordnungsgemäße Ausübung der Arbeit verhindern.
Die ethischen Risiken des Fortschritts auf dem Gebiet der Humangenetik und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft, die den Menschen ohnehin vor allem an seiner Leistungsfähigkeit mißt, sind unübersehbar. Die Tatsache, daß der Wert eines Menschen an die Qualität seiner Erbanlagen gebunden wird, stellt eine ernste Gefährdung seiner Würde dar, die er - unabhängig von seinen Fähigkeiten und seinem objektiven Beitrag zur Gesellschaft - vom Augenblick der Empfängnis an besitzt.
Magdalena Trauttmansdorff
Konferenz “Die Weltjugendallianz" und die“ Initiative Lebens.wert" veranstalten eine Konferenz zum Thema: “Survival of the Fittest? - Eugenische Tendenzen in unserer Gesellschaft", für junge Entscheidungsträger von morgen die Möglichkeit, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen und mit Führungskräften aus Politik und Wirtschaft sowie Experten aus Medizin, Geschichte und Ethik menschenwürdigen Lösungen zu suchen.
Zeit: 17. Okt. 2005 von 17 bis 22 Uhr
Ort: Festsaal Innenministerium, Minoritenpl. 9, 1010 Wien
Kontakt: europe@worldyouthalliance.org,
www.worldyouthalliance.org