VISION 20005/2005
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Revolutionär sind nur Heilige

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Die Weisen aus dem Morgenland sind nur die ersten einer langen Prozession von Menschen, die nach dem Stern Gottes mit ihrem Leben Ausschau gehalten, den Gott gesucht haben, der uns Menschen nahe ist und uns den Weg zeigt. Es ist die große Schar der Heiligen, der bekannten und der unbekannten, in denen der Herr das Evangelium die Geschichte hindurch aufgeblättert hat und aufblättert.

In ihrem Leben kommt wie in einem großen Bilderbogen der Reichtum des Evangeliums zum Vorschein. Sie sind die Lichtspur Gottes, die er selbst durch die Geschichte gezogen hat und zieht. Mein verehrter Vorgänger Papst Johannes Paul II. hat eine große Schar von Menschen vergangener und naher Zeiten selig- und heiliggesprochen. Er wollte uns in diesen Gestalten zeigen, wie es geht, ein Christ zu sein; wie es geht, das Leben recht zu machen - nach der Weise Gottes zu leben.

Die Seligen und Heiligen waren Menschen, die nicht verzweifelt nach ihrem eigenen Glück Ausschau hielten, sondern einfach sich geben wollten, weil sie vom Licht Jesu Christi getroffen waren. Und so zeigen sie uns den Weg, wie man glücklich wird, wie man das macht, ein Mensch zu sein. Im Auf und Ab der Geschichte waren sie die wirklichen Erneuerer, die immer wieder die Geschichte aus den dunklen Tälern herausgeholt haben, in denen sie immer neu zu versinken droht und immer wieder so viel Licht in sie brachten, daß man dem Wort Gottes, wenn vielleicht auch unter Schmerzen, zustimmen kann, der am Ende des Schöpfungswerkes gesagt hatte: Es ist gut.

Denken wir nur an Gestalten wie Sankt Benedikt, wie Franz von Assisi, wie Teresa von Avila, Ignatius von Loyola, Karl Borromäus, an die Ordensgründer des 19. Jahrhunderts, die der Sozialen Bewegung ihr Herz gegeben haben oder an Heilige unserer Zeit - Maximilian Kolbe, Edith Stein, Mutter Teresa, Pater Pio. Wenn wir diese Gestalten ansehen, dann lernen wir, was “anbeten" heißt und was es heißt, nach den Maßstäben des Kindes von Bethlehem, den Maßstäben Jesu Christi und Gottes selbst zu leben.

Die Heiligen sind die wahren Reformer, hatten wir gesagt. Ich möchte es nun noch radikaler ausdrücken: Nur von den Heiligen, nur von Gott her kommt die wirkliche Revolution, die grundlegende Änderung der Welt. Wir haben im abgelaufenen Jahrhundert die Revolutionen erlebt, deren gemeinsames Programm es war, nicht mehr auf Gott zu warten, sondern die Sache der Verfassung der Welt ganz selbst in die Hände zu nehmen. Und wir haben gesehen, daß damit immer ein menschlicher, ein parteilicher Standpunkt zum absoluten Maßstab genommen wurde.

Das Absolutsetzen dessen, was nicht absolut, sondern relativ ist, heißt Totalitarismus. Es macht den Menschen nicht frei, sondern entehrt ihn und versklavt ihn. Nicht die Ideologien retten die Welt, sondern allein die Hinwendung zum lebendigen Gott, der unser Schöpfer, der Garant unserer Freiheit, der Garant des wirklich Guten und Wahren ist. Die wirkliche Revolution besteht allein in der radikalen Hinwendung zu Gott, der das Maß des Gerechten und zugleich die ewige Liebe ist. Und was könnte uns denn retten wenn nicht die Liebe?

Aus der Ansprache bei der Weltjugendtagsvigil am Marienfeld am 20. August 2005.

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