VISION 20001/2006
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Eine geistige Konfrontation

Artikel drucken Muslime für den Glauben an Jesus Christus gewinnen

"Ihr liebt das Leben, wir den Tod." Dieser Satz ist in meiner Erinnerung haften geblieben. Er stammt aus dem Bekenntnisschreiben jener islamischen Terroristen, die sich 2004 zu den blutigen Attentaten in Madrid bekannten. Was können wir aus ihm lernen?

Zunächst: Selbstmordattentäter lieben nicht den Tod an sich, sondern die Verheißungen, die sie von ihrem todbringenden Totaleinsatz erhoffen. Sie sind von einem Glauben getragen, der ihnen ein erstrebenswertes Jenseits erschließt. Diese Tatsache darf nicht verdrängt, nicht mit der Bemerkung weggewischt werden, das sei irregeleiteter religiöser Fanatismus.

Stellt uns diese Haltung nicht vielmehr vor die Frage: Wie halten wir es mit dem Jenseits? “Ihr liebt das Leben," stellen die Terroristen fest. Gott sei Dank lieben wir das Leben. Aber schränkt die westliche Welt ihre Vorstellung von Leben nicht auf möglichst viel materiellen Wohlstand bei möglichst guter Gesundheit - und das bis zum höchstmöglichen Alter ein? Und nur ja kein Gedanke an den Tod! Wer weiß, ob dann nicht alles aus ist?

Man kann sich ausrechnen, wer in dieser Auseinandersetzung am längeren Ast sitzt: Wohl jene, die aus einer weiterreichenden Pespektive agieren und sich nicht an das Leben hier und jetzt klammern.

Damit wird deutlich, daß sich unsere Gesellschaft in einer Konfrontation befindet, die tiefer reicht als die Analysen der meisten Leitartikler. Es geht nicht nur um einen Konflikt zwischen Arm und Reich, zwischen ehemaligen kolonialen Ausbeutern und deren Opfer, zwischen Profiteuren und Verlierern der Globalisierung, die durch bessere internationale Spielregeln beseitigt werden könnten. All das mag auch im Spiel sein. Der Konflikt reicht tiefer, er hat eine geistige Dimension.

Daher sind die Christen besonders herausgefordert. Dabei geht es nicht darum, das Feindbild Islam an die Wand zu malen, sondern zunächst nur um eine realistische Sicht. Wir Christen können uns leisten, die bedrohlichen Aspekte des Islam wahr- und ernstzunehmen, etwa daß der Djihadismus “eine in der Welt des Islam verbreitete Weltanschauung ist" und keine Randerscheinung wie der Islamexperte Bassam Tibi schreibt.

Wir müssen diese Einsicht nicht verdrängen, solange uns bewußt ist, daß wir selbst jene, die sich zur aggressiven Form des Islam bekennen - wie jeden anderen Menschen auch - lieben sollen, ja dürfen. Jemanden als Feind zu bezeichnen, ist nicht verboten, solange man ihn nicht mit allen Mitteln zu bekämpfen sucht, sondern ihn als einen erkennt, der liebenswert und für Christus zu gewinnen ist.

Zu dem geforderten Realismus gehört weiters die Einsicht, daß auch der “friedliche" Islam seinem Wesen nach missionarisch ist. Ein Muslim, der seinen Glauben ernstnimmt, steht unter dem Auftrag, den Einflußbereich des Islam auf die ganze Welt auszudehnen. Auf lange Sicht streben die in Europa lebenden Muslime - soweit sie gläubig sind - die Errichtung einer muslimischen Ordnung an.

Davon werden sie sich nur abbringen lassen, wenn ihnen ein besseres Angebot gemacht wird, eine Lebensperspektive, die mehr zu bieten hat, als der Koran. Daß die irdischen Genüsse, mit denen die westliche Konsumgesellschaft lockt, nicht genug Anreiz bieten, läßt sich allein schon daran erkennen, daß die in unsere Länder zugewanderten Muslime zur Abschottung neigen und sich ihr Glaubensleben intensiviert (siehe S. 30).

Was ist also die Alternative? Daß sich die Christen auf ihren ursprünglichen Auftrag besinnen und Abschied von einer in den letzten Jahrzehnten liebgewonnen Irrlehre nehmen: nämlich, daß es reicht, wenn sich jeder bemüht, nach den Vorschriften seiner Religion zu leben.

Keine Frage, das Zweite Vaticanum fordert uns Christen auf, mit Muslimen ein Klima gegenseitigen Verstehens aufzubauen, Vorurteile abzubauen, einander hochzuschätzen. Wer kann sagen, er habe diesbezüglich schon genug unternommen, er pflege genügend gute Kontakte zu seinen muslimischen Nachbarn und Arbeitskollegen?

Dieser zwischenmenschlichen Basis bedürfte es aber, damit wir unsere muslimischen Mitbürger für Jesus Christus gewinnen. Denn es geht weder um eine Mission mit Feuer und Schwert, noch mit endlosen religiösen Streitgesprächen, sondern darum, die andersgläubigen Mitbürger - übrigens nicht nur die Muslime, sondern auch die vielen Lauen, Agnostiker und Atheisten - neugierig zu machen, neugierig auf die Attraktivität eines Lebens mit Jesus Christus. Damit erweisen wir allen einen lebenswichtigen Dienst, weil Gott sich nur in Jesus Christus in Seiner Fülle geoffenbart hat. Wir Christen wissen, daß Gott Ihm “den Namen verliehen (hat), der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu." (Phil 2,9f) Um diese Bestimmung kommt kein Mensch herum. Je früher er mit diesem beglückenden Wissen konfrontiert wird, umso besser für ihn.

Das ist unser Missionsauftrag (siehe die Beiträge S. 7-10). Wahrlich keine Kleinigkeit, setzt sie doch voraus, daß Christus spürbar in unserem Leben wirkt. Und damit wird der Islam zur Herausforderung, die Schätze unseres Glaubens wieder und wieder zu entdecken: daß Gott uns liebt, daß Er uns Sünden vergibt und täglich einen neuen Anfang schenkt, daß wir Ihn mit Du anreden dürfen, als “Papa", als liebenden Vater, daß Er Wunder wirkt, wenn wir Ihn in Jesu Namen darum bitten... Wie befreiend das wirkt, zeigt das Zeugnis von Anna-Maria (S. 9).

Christof Gaspari

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