"Gott benutzte meine Armseligkeit, um daraus ein Werkzeug in Seiner Hand zu machen", schreibt Pauline Haider in einem Zeugnis über ihr Leben. Und was für ein Zeugnis ist das! Denn die Caritas-Socialis-Schwester hat sich in den Dienst der Müllmenschen in Brasilien gestellt. Jetzt war sie auf Heimaturlaub, auch einige Tage in Wien. Diese Zeit habe ich genutzt, um sie im Heim der Caritas Socialis in der Pramergasse zu interviewen.
Seit ihrem 26. Lebensjahr ist Sr. Pauline Mitglied dieser Schwesterngemeinschaft, die 1919 von Hildegard Burjan gegründet wurde. Sie sollte als “Hilfstruppe der Kirche" zum “Aufbau einer menschlicheren Welt" beitragen.
Genau das wollte Pauline schon von Jugend an, wie sie mir jetzt erzählt. Rasch ist zwischen uns beiden ein guter Kontakt hergestellt, denn mein Gegenüber ist entgegenkommend, liebenswürdig und auffallend bescheiden.
In ihrer ruhigen Art erzählt sie mir aus ihrem Leben: 1939 zu Beginn des Krieges als siebentes Kind der Familie Haider in Hall in Tirol geboren, verbringt sie die Kriegszeit in Tulfes und besucht dann in Hall die Volks- und Hauptschule. Mit 14 würde sie gerne eine Lehrerausbildung machen, was ihr aber aufgrund ihres schlechten Sehvermögens - auf einem Auge sieht sie nichts - verwehrt wird. So absolviert sie zunächst eine Kaufmannslehre und arbeitet sieben Jahre in einem Textilgeschäft.
Das ist es aber nicht, was sie sich für ihr Leben gewünscht hatte. Als ihr eine 2,5jährige Ausbildung zur Heimerzieherin in Baden ermöglicht wird, greift sie zu. Ihr erster Einsatz - sie ist nun 23 - führt sie in ein Caritas-Socialis-Heim für schwererziehbare Mädchen. Die meisten von ihnen haben eine kriminelle oder eine Vergangenheit als Prostituierte, in die sie meist durch eine schwierige Kindheit hineingeraten sind.
Der jungen Pauline wird hier so richtig klar, wie dankbar sie für ihre eigene in Liebe eingebettete Kindheit und Jugend sein darf. “Wie barmherzig war Gott doch mit mir gewesen: eine gute Familie, ein Glaube, der mir in die Wiege gelegt wurde. Diese Erkenntnis stärkte meinen Wunsch, mein Leben einzusetzen, damit andere das Leben haben," erinnert sich die Schwester mit einem Lächeln.
Es ist vor allem ein Gespräch mit einem der Mädchen aus dem Heim, das sie tief prägt. “Ich habe niemanden, der mich lieb hat," schluchzte die 15jährige Luzia eines Tages. “Meine Eltern haben mich verlassen, als ich noch ein Baby war. Ich bin von einem Heim ins andere gewandert. Mit 12 bin ich davongelaufen, habe auf der Straße gelebt, mich Burschen angeschlossen, die Autos gestohlen haben. Die haben gesagt, daß sie mich lieben, dabei haben sie mich nur ausgenützt. Dann hat mich die Polizei aufgegriffen und so bin ich ins Heim gekommen. Niemand auf der ganzen Welt hat mich lieb..." Verzweifelt fügt sie hinzu: “Mein Leben hat doch keinen Sinn. Ich will lieber sterben."
Tief dringen die Worte: “Ich habe niemanden, der mich lieb hat," in Paulines Herz. Wieviele Menschen gibt es wohl, die sich von niemanden geliebt fühlen? Wieviele sind deshalb zutiefst verzweifelt? Die Frage bricht in ihr auf: “Kannst du nicht jemand sein, der solche Menschen liebt?"
Immer mehr empfindet sie diese Frage als Anruf Gottes, der sie nicht mehr losläßt. Ein Jahr hindurch prüft sie sich und erbittet im Gebet die Sicherheit für ihren weiteren Lebensweg nach dem Willen Gottes. Mit 25 beschließt sie, dem Ruf zu folgen. Da die Arbeit und das Beispiel der Schwestern der Caritas Socialis sie beeindrucken, beschließt sie, in diese Gemeinschaft einzutreten. Das Leitwort des hl. Paulus, nach dem hier gelebt wird, entspricht genau ihrem eigenen Empfinden: “Die Liebe Christi drängt mich (2 Kor,14)". Und das Charisma der Schwestern: “Die barmherzige Liebe Gottes durch den sozialen Dienst sichtbar zu machen", hat sie ja schon zu leben begonnen. “Das sollte nun mein Lebensziel werden und so begann ein neuer Lebensabschnitt," erinnert sich die Schwester.
Nach Postulat und Noviziat arbeitet sie weitere vier Jahre im Heim für schwererziehbare Mädchen. Als dann die Stadt Wien das Heim übernimmt, meldet sich Sr. Pauline für den Einsatz bei den Ärmsten in Brasilien. Zunächst wird sie jedoch für ein Jahr nach Innsbruck geschickt, wo sie in der pastoralen Arbeit und Katechese mit Jugendlichen arbeitet. Es folgt ein dreijähriger Einsatz bei Kindern in Wien. Immer wieder gelingt es ihr, das Herz von Großen und Kleinen für Gott, für die Liebe zu öffnen. Doch ihre Sehnsucht, ihr Leben für die Ärmsten einzusetzen, wird größer.
1974 ist es endlich soweit. Sie bekommt eine Einladung nach Brasilien, um sich denen zu widmen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Sie verstärkt dort eine Gruppe von fünf Mitschwestern. Zunächst kommt sie nach Guarapuava, einer Diözese zweimal so groß wie Niederösterreich. 23 Jahre wird sie hier bleiben.
Die Schwestern helfen dort dem Bischof - er ist übrigens Österreicher -, die Katechese in der Diözese aufzubauen. “Dann haben wir aber gefunden, daß die Menschen wenigstens das Allernotwendigste zum Leben haben müßten, bevor man sie zu Gott führen kann. Das war der Beginn der Sozialarbeit in Brasilien," erzählt die Schwester.
Verschiedene berufsbildende Kurse werden abgehalten, die nach einem Multiplikationssystem funktionieren: So werden etwa Frauen in Nähkursen ausgebildet, um ihre Kenntnisse später im Landesinneren weiterzugeben. Gleiches gilt für Kochkurse oder Kurse zur Verarbeitung von Heilpflanzen. Die Gruppen, die im Landesinneren entstehen, werden von den Schwestern betreut und unterstützt.
Sr. Paulines nächste Arbeit führt sie ins Elendsviertel: Dort leben 140 Familien ohne Wasser und sanitäre Anlagen. Als erstes bemühen sich die Schwestern um einen Wasseranschluß. Dann geht es darum, daß die Gemeinde den Menschen das winzige Grundstück, auf dem ihre Elendshütten stehen, schenkt. Ein Kampf mit dem Bürgermeister beginnt, den die Schwester für sich entscheidet. Danach gilt es, die Hütten zu sanieren. Da kommt die Hilfszusagen eines Generals gerade recht: 20 Soldaten und ein Lastwagen kommen zum Einsatz, Bretter und Nägel werden erbettelt und schließlich entstehen 140 Holzhäuschen mit jeweils einem Klohäuserl - eine Novität! Als nächstes wird eine Tagesheimstätte für 120 Kinder aus den Elendsvierteln eingerichtet.
Als sie mir davon erzählt, fällt der Schwester eine sehr berührende Geschichte ein: Einer der Buben, der da Unterschlupf gefunden hatte, kommt einige Jahre später zu Sr. Pauline und bittet: “Komm heim zu meiner Mutter!" Diese liegt im Bett, die Nachbarn rundherum. “Schwester, ich habe auf Dich gewartet. Ich weiß, daß ich sterben muß (mit 46!). Du weißt, wie sehr ich meinen Sohn liebe. Ich mache es jetzt, wie Jesus am Kreuz." Und die Schwester erklärt mir: “Dann hat sie die Hände ausgebreitet, mich angeschaut und gesagt: ,Siehe da, Dein Sohn! Bitte schau auf ihn, laß ihn nicht allein.' Und dann hat sie auf ihren Sohn geschaut und gesagt: ,Das wird Deine Mutter sein, Du mußt ihr immer folgen'."
Wie sehr muß diese Frau Sr. Pauline vertraut haben, um ihr das Liebste anzuvertrauen, denke ich unwillkürlich. Wieviel Liebe hat sie wohl bei ihr erleben dürfen, um sicher zu sein, daß die Schwester sie nicht enttäuschen wird.
Kurz darauf kommt die Frau ins Spital. Sr. Pauline begleitet sie während der letzten Wochen ihres Lebens. Als der Bub gleichzeitig mit Meningitis in ein anderes Spital kommt, gilt es, beide zu besuchen. Nach dem Tod der Mutter bringt die Schwester dem Zwölfjährigen alles Lebensnotwendige bei - auch Kochen und Wäschewaschen. Mittlerweile ist der Bursch Krankenpfleger und besucht am Abend die Universität. Bis zum heutigen Tage ist die Schwester mit ihm in Kontakt. “Ja," lächelt Sr. Pauline, “so bin ich zu einem Sohn gekommen."
Seit acht Jahren lebt sie nun mit einer Mitschwester auf einem winzigen Grundstück: (8 x 25 Meter) in einem Außenbezirk von Curitiba, der Hauptstadt von Parana, unter der armen Bevölkerung. Mitten im Elend ist hier dank ihrer Hilfe ein wunderbares Werk entstanden: Mit dem Rosenkranzbeten einiger Familien hat alles begonnen. Diese Familien schlossen sich dann zu Bibelrunden zusammen, aus denen im Laufe der Jahre elf Basisgemeinden mit kleinen Kapellen und schließlich eine Pfarre entstanden: die Pfarre Prophet Elias.
In diesen Gemeinden wurde sorgfältig ein Bischofsdokument studiert, das die Gläubigen auffordert, jeder möge von seinen Talenten, seiner Zeit, seinem Geld mit den Armen - 53 Millionen sind in Brasilien unterernährt und 70 Millionen leben unter der Armutsgrenze - teilen. Das veranlaßte beispielsweise eine arme Frau, die nähen konnte, spontan, anderen Frauen das Nähen beizubringen. Auf ähnliche Weise entstand eine Backstube, in der Frauen heute bis zu 200 Stück Brot erzeugen und verkaufen. Eine Gruppe von Akademikern aus der Stadt stellte den Armen des Viertels einen Computer zur Verfügung und hielt unentgeltlich Kurse ab.
“Das schönste Projekt aber ist das mit den Müllmenschen," fährt Sr. Pauline fort. Seit zwei Jahren sind diese Menschen im Elend ihr “zu Brüdern und Schwestern" geworden. “Es sind wirklich die Ärmsten der Armen," beschreibt sie die Situation. “Von dem zu leben, was die anderen wegwerfen, ist nämlich die letzte Alternative." Als sie und eine Mitschwestern beginnen, sich dieser Not zuzuwenden, treffen sie eine junge Frau mit einem 19 Tage alten Baby, die einen Wagen voll Müll schiebt. Oben auf dem stinkenden Mist das winzige Kind.
Und dabei schaut bei dieser Tätigkeit kaum etwas heraus: Ein Familienvater mit sechs Kindern schaffte pro Tag beispielsweise ein, zwei Euro für den eingesammelten Müll, den er an einen Zwischenhändler verkaufte. “Die Menschen hatten oft bis am Nachmittag nichts im Magen. Dazu kommt noch, daß auch Klopapier in den Müll wandert, da es keine Kläranlagen gibt. Im Müll ist wirklich alles drinnen. Nach dem Müllsammeln haben sich die Sammler an den Straßenrand gesetzt und gegessen, was sie im Müll gefunden hatten," erzählt sie engagiert und ich spüre Entsetzen und Mitleid.
“Diese Menschen fühlen sich von allen zurückgestoßen, ausgeschlossen. Sie leiden nicht nur unter materieller Armut, sondern an Armut in jeder Form: auch an Intelligenz. Die meisten sind Analphabeten. Hilfe ist dringend angesagt," faßt die Schwester ihre Eindrücke zusammen.
Diesen Menschen muß geholfen werden. Sie müssen ein Selbstwertgefühl bekommen, man muß ihnen die Überzeugung geben, daß sie jemand sind, vor allem daß sie von Gott geliebt sind: 2003 trommeln die Schwestern die Müllmenschen zusammen und halten, in einem von ihnen gemieteten Haus, eine Versammlung ab, um ihnen ein Projekt zur Selbstverwaltung zu erläutern.
Sie sollen lernen, sich zu organisieren, brüderlich miteinander umzugehen und sich gegenseitig zu helfen. Von unten her muß aufgebaut werden. Die Basisgemeinden helfen bei der Finanzierung von Uniformen und Wagen auf denen “Projekt Gemeinschaftsarbeit, Pfarre Prophet Elias" steht.
Jeden Morgen bekommen die Sammler ein Frühstück. Dann nehmen sie sich einen der Wagen und fahren damit von Haus zu Haus. Der Müll wird auf die Straße gelegt und die Leute holen sich das Brauchbare heraus, bevor die Gemeinde den Müll abholt. Bis zu 20 Kilometer stadteinwärts gehen die Müllmenschen. Ihre Kinder müssen sie nicht mitschleppen. Auf sie passen freiwillige Helfer auf.
Diese sorgen auch für ein Essen nach der Arbeit in dem gemieteten Haus. Auch Schwester Pauline setzt sich oft mit ihnen an den Tisch, damit sie sehen, daß sie alle eine Familie bilden, auf der gleichen Stufe stehen. Das ist ganz wichtig. An einem überdachten Ort im Freien wird dann der Müll sortiert. “Man braucht einen guten Magen, um das auszuhalten. Derzeit arbeiten ungefähr 14 Frauen und Männer mit. 32 verschiedene Artikel werden gesammelt und relativ günstig an Zwischenhändler verkauft, viel profitabler als früher," erklärt Sr. Pauline den Vorgang. Für ein Kilo Plastik bekommen sie jetzt 30 Cent statt früher einen, höre ich.
Immer besser gelingt es, die Gruppe soweit zu bringen, daß jeder Verantwortung in einer kooperativen Arbeit übernimmt. Eine Art Genossenschaft wird gebildet, ein Lese- und Schreibkurs organisiert. Das alles hebt das Selbstwertgefühl der Leute: “Jetzt bin ich wieder ein Mensch," hat einer der Schwester erzählt: “Vorher haben mir die Leute die Hunde nachgejagt und gesagt, ich sei ein Gauner. Wenn ich jetzt mit dem Wagen der Pfarre und in der Uniform komme, sagen sie: ’Wart ein bißchen, ich hab' was für Dich'."
Ein anderer freut sich: “Ich war lange arbeitslos und mußte Müll sammeln. Die Menschen haben mich als Lumpen behandelt. Seit ich mit dem Zugwagen der Pfarre gehe - grüßen mich die Leute und rufen mir zu: ’Komm her, ich habe den Müll für dich sortiert'."
Die Schwester ist glücklich: “Unsere Aufgabe hat sich sehr gelohnt. Nicht nur ,daß sich das Einkommen der Müllsammler wesentlich verbessert hat, wir durften ihnen vor allem helfen, ihre Würde wiederzufinden. Außerdem freuen sie sich unheimlich, daß sie hier ein Heim gefunden haben. Manche fühlen sich bei uns mehr zu Haus als im eigenen Häuschen. Da ist ein ganz junger Kerl. Er setzt sich vor den Teller und dankt dem lieben Gott Sekunden lang für das Essen, weil er so froh ist. Und dabei ist das Essen ist ganz einfach. Es gibt nur, was wir Schwestern bekommen und weitergeben." Sogar Geburtstagsfeiern organisieren die Schwestern: mit Kuchen, Kerzen und einem kleinen Geschenk. Was für eine Freude für die Menschen, deren Geburtstage noch nie gefeiert worden waren!
Wie sich all das finanziert? Sr. Pauline - sie lebt von der Vorsehung - ist sehr dankbar für alle finanzielle Hilfe aus der Heimat. Es gibt ihr Kraft zu wissen, daß jemand hinter ihnen steht. Entscheidend ist auch die viele freiwillige Hilfe: für den Bau einer Kirche im Armenviertel, die Kinderbetreuung, die Küchenarbeit, bei der Wäsche oder beim Auftreiben der Spenden von Firmen oder Supermärkten.
Wie sehr mein Gegenüber die Menschen dort liebt, merke ich, als die Schwester voll Mitgefühl von einer jungen Frau erzählt, die sie sterbenskrank aus ihrem Verschlag geholt und ins Krankenhaus gebracht hatte: “Nach einer Woche ist sie gestorben Über einen Politiker haben wir ihr ein Grab für ein Jahr besorgt, ein anderes wäre unerschwinglich gewesen. Als man sie zur Aufbahrung in ihre Hütte brachte, haben wir Blumen gekauft. Dann durften wir etwas sehr Schönes erleben: In letzter Zeit war sie im Gesicht sehr verunstaltet gewesen. Aber da im Sarg hat sie von Gott ihre ursprüngliche Schönheit wiedergeschenkt bekommen. Es war wunderbar, sie anzuschauen, obwohl sie ein tragisches Leben hatte: Aids, Armut und wer weiß, wie viele Männer. Nun hatte sie ihre Schönheit wieder. Man kann sich nicht vorstellen was sie in ihrem Leben alles mitgemacht und abgebüßt hat."
Wie schafft Sr. Pauline all das, frage ich mich während ich ihr voll Bewunderung zuhöre: Sie sieht doch nur auf einem Auge, ist nicht mehr die Allerjüngste und hatte im vorigen Jahr, wie ich erfahre, eine Krebsoperation zu überstehen. Für die tapfere Schwester keine Frage: “Eigentlich begann alles in der Familie wo die tägliche Eucharistiefeier und das Rosenkranzgebet unsere Kraftquelle in den schwierigen Zeiten war. Das ist bis heute so geblieben. Ja, die Kraft für meine Tätigkeit hole ich mir im Gebet. Wir haben eine sehr schöne Hauskapelle. Zur täglichen Messe müssen wir allerdings drei Kilometer hin und drei zurück machen."
Ob sie es je bereut habe, ihrer Berufung nach Brasilien gefolgt zu sein? Spontan, ja fast entsetzt betont sie: “Nein, nie, nie! Ich bin sehr dankbar für all das, was ich in diesen 31 Jahren machen durfte. Wenn ich hier in Österreich bin, freue ich mich über den Heimaturlaub. Bald kommt aber dann die Sehnsucht nach Brasilien und meinen Leuten. Ich fahre sehr gern wieder zurück. Es gibt nichts Schöneres, als mit den Armen zu arbeiten. Sie sind mir Lehrmeister geworden. Durch sie habe ich gelernt was wirkliche Armut ist, wie man sie leben kann. Die Armen leben immer nur von einem Tag auf den anderen. Auch wenn sie vielleicht keinen expliziten Glauben haben, so sind sie doch gläubig, denn sie erwarten sich letztlich alles nur von Gott: ’Wenn Gott will,' sagen sie immer. Wenn wir das in unser eigenes Leben übertragen, heißt das: Auch wir leben immer aus Gottes Hand. In Brasilien habe ich gelernt, wie man von einem Tag zum anderen lebt - und daß man sehr wenig zum Leben und zum Glücklichsein braucht."
Und sie ergänzt: “Meine größte Erfüllung? Das Angesicht Gottes in den Armen entdecken, solidarisch gegenwärtig sein, offen für die Nöte und das Leid, ein Licht der Hoffnung entzünden, gemeinsam ausharren." Nachfolge Christi sei vor allem auch Nachfolge im Kreuz: “Als ich begreifen lernte, daß Jesus die Welt durch das Leid und das Kreuz erlöst hat, bekam ich einen neuen Zugang zu den negativen Ereignissen des Lebens. Wenn man sein Leben der Liebe widmen will, muß man wissen, daß echte Liebe immer über das Kreuz führt. Der Herr selbst trägt es aber mit uns und so werden wir frei, um in der Liebe zu wachsen."
Ich bin beeindruckt und spüre: Sr. Pauline ist in der Liebe sehr gewachsen. Wie sicher sie im Glauben, in der Freude und der Dankbarkeit steht, wird deutlich, als sie von ihrer Krebsoperation im Vorjahr erzählt. Gelassen hat sie im Falle ihres Ablebens für alles vorgesorgt. Bezeichnend war es dann, daß sie den Arzt, der ihr alle Schwierigkeiten der schweren Operation aufzählte, mit den Worten beruhigte: “Sie brauchen keine Angst zu haben. Es beten sehr viele Leute für Sie."
Obwohl sich Sr. Pauline gewissenhaft auf den Tod vorbereitet hatte, war sie doch von großer Dankbarkeit erfüllt, als sie das Spital verlassen und auf Heimaturlaub fahren durfte. Aber jetzt spüre ich, wie es sie drängt, sich wieder ihrer Aufgabe zu widmen, den Menschen “auf die Füße zu helfen und ihnen Lebensmut zu vermitteln, damit sie wieder lachen lernen."
Wer hilft mit: Caritas Sozialis Freundeskreis (Sr. Pauline-Brasilien) PSK Kn.1935026 BLZ 60000