Mittelpunkt unseres Lebens muß wirklich die tägliche Feier der Heiligen Eucharistie sein; und hier sind die Wandlungsworte zentral: „Das ist mein Leib, das ist mein Blut“; das heißt; wir sprechen „in persona Christi“. Christus gestattet es uns, sein „Ich“ zu benutzen, wir sprechen im „Ich" Christi, Christus „zieht uns in sich hinein“ und erlaubt es uns, uns mit ihm zu vereinen, er vereint uns mit seinem „Ich“. (…)
Das will besagen, daß wir in den Gott Christi „hineingezogen“ sind: Diese Einheit mit seinem „Ich“ ist es, die in den Konsekrationsworten wirklich wird. Auch im „Ich spreche dich los“ – da keiner von uns von den Sünden lossprechen könnte – ist es das „Ich“ Christi, das „Ich“ Got?tes, das allein lossprechen kann. Diese Vereinigung seines „Ich“ mit dem unsrigen schließt ein, daß wir auch in seine Wirklichkeit als Auferstandener „hineingezogen“ werden, wir schreiten voran zum vollen Leben der Auferstehung, von dem Jesus im Matthäusevangelium zu den Sadduzäern spricht: Es ist ein „neues Leben“, in dem wir bereits jenseits der Ehe sind (vgl. Mt 22, 23-32).
(…) In diesem Sinn ist der Zölibat eine Vorwegnahme. Wir gehen über diese Zeit hinaus und schreiten voran, und so „ziehen“ wir uns selbst und unsere Zeit hin zur Welt der Auferstehung, hin zur Neuheit Christi, zum neuen und wahren Leben. (…)
Und hier sind wir bei einem sehr wichtigen Punkt angelangt. Ein großes Problem der Christenheit der Welt von heute besteht darin, daß man nicht mehr an die Zukunft Gottes denkt: Allein die Gegenwart dieser Welt scheint ausreichend zu sein.
Wir wollen nur diese Welt haben, nur in dieser Welt leben. So verschließen wir die Türen vor der wahren Größe unseres Daseins. Der Sinn des Zölibats als Vorwegnahme der Zukunft besteht gerade darin, diese Türen zu öffnen, die Welt größer zu machen, die Wirklichkeit der Zukunft zu zeigen, die von uns bereits als Gegenwart gelebt werden muß. Auf diese Weise also ein Zeugnis des Glaubens leben: Wir glauben wirklich, daß es Gott gibt, daß Gott in mein Leben eintritt, daß ich mein Leben auf Christus gründen kann, auf das künftige Leben. (…)
Es ist wahr, daß der Zölibat für die agnostische Welt, für die Welt, die mit Gott nichts zu tun hat, ein großer Skandal ist, da er gerade zeigt, daß Gott als Wirklichkeit betrachtet und gelebt wird. Mit dem eschatologischen Leben des Zölibats betritt die künftige Welt Gottes die Wirklichkeit unserer Zeit. Und das sollte verschwinden! In einem gewissen Sinn mag einen diese ständige Zölibatskritik überraschen, in einer Zeit, in der es immer mehr zur Mode wird, nicht zu heiraten. Doch dieses Nichtheiraten ist etwas, was sich völlig und grundlegend vom Zölibat unterscheidet, da das Nichtheiraten auf dem Willen gründet, nur für sich selbst zu leben, keine endgültige Bindung zu akzeptieren, das Leben in allen Momenten in einer völligen Autonomie zu haben, in jedem Moment zu entscheiden, was zu tun, was vom Leben zu nehmen ist; und somit ein „Nein“ zur Bindung, ein „Nein“ zur Endgültigkeit, das Haben des Lebens nur für sich selbst.
Während der Zölibat genau das Gegenteil ist: Er ist ein endgültiges „Ja“, bedeutet, sich von Gott bei der Hand nehmen zu lassen, sich in die Hände des Herrn zu begeben, in sein „Ich“; und somit ist er ein Akt der Treue und des Vertrauens, ein Akt, der auch die Treue der Ehe voraussetzt; er ist genau das Gegenteil von diesem „Nein“, von dieser Autonomie, die sich nicht verpflichten will, die in keine Bindung eintreten will; er ist das endgültige „Ja“, das das endgültige „Ja“ der Ehe voraussetzt und bestätigt.
Freie Antwort d. Papstes beim Treffen mit 12.000 Priestern zum Abschluß des Priesterjahres in Rom bei der Vigil am 10. Juni 2010.