China ist mit 1,2 Milliarden Menschen das bevölkerungsreichste Land der Erde. In Festlandchina leben heute nach Schätzungen 60 bis 80 Millionen Christen verschiedener Konfessionen, davon sind 10 bis 20 Millionen Katholiken. Die Katholiken wiederum sind aufgeteilt in die vom Staat kontrollierte Patriotische Kirche Chinas, und eine Untergrundkirche, die sich mit Rom verbunden fühlt. Diese Spaltung ist noch ein Erbe aus den ersten Jahrzehnten des Mao-Regimes.
Als die Kommunisten 1949 an die Macht kamen, gab es etwa drei Millionen Katholiken. Nach der Machtübernahme versuchten die Kommunisten die katholische Kirche ganz unter ihre Kontrolle zu bringen. Christen waren schweren Repressionen ausgesetzt, alle ausländischen Missionare mußten das Land verlassen. Die stärkste Unterdrückung herrschte während der Kulturrevolution von 1966 bis 1976. Fast alle öffentlichen Zeichen des Christentums verschwanden damals, die Gläubigen konnten ihren Glauben nur mehr im Untergrund praktizieren.
Das Beispiel des Priesters Petrus Han zeigt, unter welchen Verfolgungen die Katholiken in diesen Jahren zu leben hatten. Han wurde 1946 zum Priester geweiht, nach der Machtübernahme der Kommunisten ging er nach Hongkong. Sein Bischof bat ihn, wieder heimzukehren und sich in dieser schwierigen Zeit um seine Herde zu kümmern.
Daheim wurde er sehr bald von den neuen Machthabern inhaftiert. Der Vorwurf: er habe in Hongkong eine von den USA geförderte Ausbildung erhalten und sei daher ein Konterrevolutionär. Im Gefolge verbrachte Petrus Han 20 Jahre in Haft, wurde schikaniert, immer wieder als Konterrevolutionär beschimpft. Die Haftbedingungen waren äußerst schlecht. Nach acht Jahren im Gefängnis war der Priester schließlich völlig entkräftet, die Haare fielen ihm aus, sein Körper schwoll stark an. In dieser völligen Entkräftung sagte er zu seinen Peinigern: “Wenn ich schuldig bin, dann erschießt mich." Daraufhin wurde er zur Umerziehung in ein Bergwerk gebracht.
Nach Ende der Kulturrevolution wurden auch die Haftbedingungen etwas humaner. Knapp vor Ablauf seiner 20jährigen Haftstrafe wurde er vorzeitig entlassen. Während der Zeit seiner Inhaftierung betete er viel, eine offene Mission im Gefängnis hätte aber weitere Schikanen und seinen Tod bedeutet, wie viele Beispiele mutiger Christen zeigten.
Die Öffnung Chinas in den achtziger Jahren brachte dann einen neuen Frühling der christlichen Gemeinschaften, besonders der katholischen Kirche, auch wenn sich die Lage der Untergrundkirche immer noch nicht wesentlich verbessert hat. Es kommt auch heute noch zu Verhaftungen von Priestern und selbst von Bischöfen.
Dennoch spricht man von vielen Erweckungen in unseren Tagen und so ist die katholische Kirche Chinas heute eine sehr lebendige Gemeinschaft, eine vitale und missionarische Kirche mit traditioneller Frömmigkeit. In ländlichen Gegenden gibt es Dörfer mit bis zu 90 Prozent Katholiken. Viele von ihnen müssen ohne Priester auskommen, was ein besonders starkes Apostolat der Laien begünstigt.
Seit dem Konsistorium vom 24. März 2006 richtet sich das Interesse der Katholiken weltweit noch mehr auf China als bisher. Papst Bendedikt XVI. ernannte den Bischof von Hongkong Joseph Zen Ze-kiun zum Kardinal. Dieser sieht seine Ernennung als Hoffnungszeichen für die Kirche Chinas und als Beweis dafür, wie wichtig dem Papst Chinas Katholiken sind.
Auf die Frage, was die chinesische Kirche dem Rest der Kirche und der Welt geben könne, antwortete der neue Kardinal, Chinas Kirche sei ein wahrer Zeuge der Geduld, der Bereitschaft, für den Glauben zu leiden. So besteht die Hoffnung, daß dieses Land mit seinen 1,2 Millarden Menschen schnell zur großen Hoffnung für die Kirche von morgen wird.
Christoph Hurnaus