VISION 20005/2006
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Pressesplitter kommentiert

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Wird Frankreich glaubenslos?

Die Zahl der Franzosen, die sich als katholisch bezeichnen, hat seit 1952 deutlich abgenommen, ebenso der Prozentsatz der Meßbesucher. Gut zwei Drittel aller Franzosen (65%) fühlen sich der Studie zufolge der katholischen Kirche zugehörig. Der Anteil der Gläubigen, die jeden Sonntag zur heiligen Messe gehen, hat mit 4,5% ein historische Tief erreicht (1952: 27%, 1978: 14%) (...) In der Selbsteinschätzung französischer Katholiken spielt der Empfang der Sakramente für die Glaubenspraxis eine zunehmend untergeordnete Rolle. Unter die Verhaltensweisen, die von den Befragten als “praktizierter Glaube" definiert wurden, fallen: Geld spenden, katholische Zeitungen lesen oder ein ehrenamtliches Engagement bei der Caritas. Französische Bischöfe wie der Oberhirte von Lille, Erzbischof Gérard Defois, erklärte in der Dienstagsausgabe von La Croix, “man dürfe den Begriff der religiösen Praxis nicht zu eng fassen".

Die Tagespost v. 19.8.06


Frankreich ist Vorreiter beim Niedergang der Volkskirche (wir müssen mit einer ähnlichen Entwicklung rechnen), aber auch bei der Erneuerung des Glaubens (siehe Portrait). Übrigens: Geld spenden, katholische Zeitungen lesen, bei der Caritas mitarbeiten, ist gut, hat aber nichts mit Glaubenspraxis zu tun, denn das kann jeder.

Ein Kind zum Schadensfall erklärt

Die klagenden Eltern begehren vom beklagten Facharzt (für Frauenheilkunde und Geburtshilfe) für ihre - mit einem Down-Syndrom, einem schweren Herzfehler und einem Darmverschluß geborene - Tochter Unterhalt (...) sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche zukünftigen Vermögensnachteile aus der Geburt ihrer Tochter. Der Beklagte habe die Behandlung der Mutter insbesondere deshalb nicht lege artis durchgeführt, weil er lediglich angemerkt habe, es sei “reichlich Fruchtwasser" vorhanden und die Mutter solle die Risikoambulanz der Frauenklinik aufsuchen. Der Beklagte habe nie angedeutet, daß Auffälligkeiten oder Hinweiszeichen für eine Schädigung des Kindes vorlägen.

Der Beklagte wandte ein, ihm sei schon bei der Mutter-Kind-Paß-Untersuchung aufgefallen, daß der Embryo einen schmalen Thorax aufweise und reichlich Fruchtwasser vorhanden sei, worauf er die Mutter in die Risikoambulanz überwiesen habe. Da die Mutter dieser Aufforderung nicht sofort entsprochen habe, müsse sie es vertreten, wenn die Behinderungen und Mißbildungen des Kindes erst spät festgestellt worden seien. Selbst danach wäre aber auch ein Schwangerschaftsabbruch noch möglich und erlaubt gewesen.

Das Erstgericht erkannte keine fachliche Fehlleistung des Arztes und wies das Klagebegehren ab; das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Eltern Folge und verwies die Rechtssache zur weiteren Klärung des Sachverhalts an das Erstgericht zurück. Er war der Ansicht, daß der Arzt seine Aufklärungspflicht gegenüber der werdenden Mutter verletzt, wenn er bei erkannten, aber von ihm nicht sicher diagnostizierbaren Anzeichen eines Down-Syndroms des Kindes nur eine Überweisung an die Risikoambulanz ausspricht, ohne der Mutter die drohende Behinderung des Kindes und die Dringlichkeit der Abklärung zur frühzeitigen Ermöglichung einer Abtreibung darzulegen. Bei gegebener Schadenersatzpflicht des Arztes, hat dieser grundsätzlich - vorbehaltlich eines Mitverschuldens der Mutter - den gesamten Unterhaltsaufwand für das behinderte Kind zu leisten.

OGH 7. 3. 2006, 5 Ob 165/05h) zitiert auf der Homepage des OGH:

http://www.ogh.gv.at/aktuelles/detail.php?nav=17&id=147&l_start=0&x_start=2


Obwohl es nicht das erste Urteil dieser Art ist, bleibt es ein Skandal, daß Gerichte unterstellen, es sei besser, ein Kind zu töten, als es behindert zur Welt zu bringen. Bemerkenswert auch, welche Folgen das Urteil gehabt hat:

Sturm auf Risiko-Ambulanz

Die Salzburger Ambulanz für pränatale Diagnostik wird seit Wochen gestürmt: Nach Verurteilung eines Kollegen überweisen Frauenärzte ihre Patientinnen schon beim geringsten Verdacht auf Komplikationen an die Risikoambulanz. (...) “Wir haben jetzt Wartezeiten um die drei Wochen und können nicht mehr alle Patientinnen annehmen", sagt Horst Steiner von der Pränatalmedizin der Salzburger Landeskliniken.

Äußerst selten würden tatsächlich Fehlbildungen diagnostiziert, aber nach dem OGH-Urteil müssen alle Frauen sofort aufgeklärt werden, daß ein Schwangerschaftsabbruch möglicherweise nicht mehr durchgeführt werden kann, so Steiner. Für über 99 Prozent der Schwangeren ist das ein Drama ohne Hintergrund, wo nichts dabei rauskommen wird, sagt Steiner.

Pro Life Info v. 10 8.06


Gott sei Dank gibt es aber Länder, in denen ungeborene Kinder noch geschützt werden:

Jedes Kind hat Lebensrecht

In der Dominikanischen Republik hat das Abgeordnetenhaus einen Gesetzesentwurf zurückgewiesen, der Frauen eine straffreie Abtreibung nach einer Vergewaltigung zugestanden hätte. Lebensschützer hatten zuvor massive Aufklärungsarbeit geleistet und darauf aufmerksam gemacht, daß einem Unrecht nicht mit einem weiteren Unrecht begegnet werden könne.

Bischof Ramon Benito, Generalsekretär der Bischofskonferenz, erklärte der Agentur CNA, ein Kind, das durch eine Vergewaltigung empfangen worden sei, habe kein geringeres Lebensrecht als jedes andere Kind. “Ebenso wie es Hilfszentren für Kinder gibt, muß die Gesellschaft auch Lösungen zugunsten des Lebens jener Kinder suchen, die mittels einer Vergewaltigung empfangen wurden", erklärte er. Auch für die Mütter müßte es entsprechende Hilfsangebote geben. “Abtreibung ist kein religiöses Thema, sondern betrifft die Menschenrechte", sagte der Bischof.

Kath.net v. 28.7.06


Unethische Ethikkommission

Die Nationale Ethikkommission (NEK) hat in Bern “Ethische Verzichtserklärungen" als Gefahr für die Gemeinschaft der Krankenversicherungen betitelt. Krankenversicherte unterschreiben dabei eine Erklärung, in der sie versprechen, keine Abtreibung vorzunehmen sowie In-vitro-Fertilisation, Methoden der Pränataldiagnostik oder Drogenersatztherapien mit Methadon abzulehnen. Eine Prämienverbilligung im Bereich der Zusatzversicherungen ist die Belohnung dafür. Die NEK begründet ihre Meinung so: “Auf der Basis ihrer moralischen Überzeugungen erhalten die Verzichtenden günstigere Krankenkassenprämien und kündigen somit den übrigen ihre Solidarität auf. Dies widerspricht den ethischen Grundlagen der Krankenversicherung." Sie fordert deswegen von der Politik, daß solche Verzichtserklärungen zu verbieten seien.

kath.net v. 15.5.06


Was für eine Logik! Unethisch ist nicht die Tötung der ungeborenen Kinder, sondern die Nicht-Beteiligung an deren Kosten. Und das sagt uns eine Ethik-Kommission!

Haft für Beleidigung Mohammeds

Das Gericht in Freiburg i. Ü. hat einen 47- jährigen Mann zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt, weil er den Propheten Mohammed als Pädophilen dargestellt hat.

Der Freiburger Untersuchungsrichter Jean-Luc Mooser teilte am Montag mit, gegen den Mann sei ein Strafbefehl ausgestellt worden wegen Diffamierung, Drohung, Nötigung und Rassendiskriminierung. Der Verurteilte hatte im Februar ein Flugblatt mit abschätzigen Äusserungen über Freiburger Muslime verteilt. Darin bildete er den Propheten Mohammed ab und behauptete, das Tolerieren von Pädophilie gehöre im Islam zur kulturellen Tradition. Bereits im Dezember 2005 hatte er ein Flugblatt mit ähnlicher Aussage verteilt, worauf ein erstes Urteil mit bedingter Gefängnisstrafe ausgesprochen wurde.

Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Reformierte Nachrichten v. 25.7.06


Es ist recht, das Verächtlichmachen Mohammeds nicht zu dulden. Dieselbe Strenge, die bei der Mißachtung des Islam an den Tag gelegt wird, vermißt man komplett bei der Verunglimpfung christlicher Symbole:

“Madonna" am Kreuz

An einem schwarzen Kreuz gelehnt sang US-Superstar Madonna bei ihrem Deutschland-Konzert in Düsseldorf das Lied “Live to Tell". Ihre Fans waren begeistert, die Kirche empörte sich über das “blasphemische Verhalten". Bereits Tage vor dem Konzert wurde Strafanzeige gegen die 48jährige eingebracht. Die Darstellung sei zwar äußerst provokativ, strafbar sei sie aber nicht, sagte am Montag der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Johannes Mocken. Die Behörde hatte angekündigt, die Auftritte der Sängerin genau zu beobachten.

Die Amerikanerin hatte sich auch am Sonntagabend in Düsseldorf wie Jesus an einem überdimensionalen Kreuz auf der Bühne emporziehen lassen, auf ihrem Kopf trug sie einen Dornenkranz. 45.000 Menschen in der ausverkauften Düsseldorfer Arena sahen den ersten Auftritt der Pop-Diva in Deutschland seit fünf Jahren.

(...) Die Staatsanwaltschaft habe den Auftritt nicht selbst vor Ort verfolgt, sondern Medienberichte über das Konzert mit Videoaufzeichnungen früherer Auftritte verglichen. Dabei habe man in der Inszenierung keine gravierende Form der Herabsetzung, beispielsweise eine Verhöhnung, feststellen können. Die Grenzen der Kunstfreiheit seien gewahrt.

Die Presse v. 21.8.06


Das Messen mit zweierlei Maß scheint mittlerweile zum europäischen Standard zu gehören, stellt auch der Basler Bischof Kurt Koch fest:

Keine Meinungsfreiheit mehr

Im vergangenen Jahr erschien in der Zeitung Le Temps eine Karikatur, die den aufgebahrten Papst zusammen mit einer Schar von Gläubigen und einem Kreuz zeigt. Dabei wendet sich Jesus an die Menge mit den Worten: “Stört es euch nicht, daß ich existiere?" Ein Leser hat sich beim Presserat mit der Begründung beschwert, eine solche Karikatur beleidige die Christen und alle kultivierten Menschen. Der Presserat aber hat die Beschwerde zurückgewiesen und betont, die Freiheit der Satire und der Karikatur dürfe nicht eingeschränkt werden und müsse auf die Befindlichkeit orthodoxer Kreise keine Rücksicht nehmen.

In diesem Jahr wollten die CAT Medien für ihre religiösen Zeitschriften Der Sonntag und Leben und Glauben mit einem 15sekündigen TV-Spot werben. Dies wurde ihnen vom Bundesamt für Kommunikation mit dem Hinweis auf die Wahrung des religiösen Friedens verboten. Verbot religiöser Werbung sei eine zulässige Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Diese beiden Beispiele dokumentieren, wie absurd und grotesk in unserer Schweiz der Umgang mit der Meinungsfreiheit besonders im Zusammenhang mit der Religion geworden ist.

Kirche heute 8+9/06


Wenn Positionen dem Zeitgeist entsprechen, wird Meinungsfreiheit hingegen großzügig ausgelegt, wie folgende Meldung zeigt:

Pädophile dürfen weitermachen

Die Pädophilen-Partei kann weiter auf eine Zulassung für die niederländische Parlamentswahl im November hoffen. Richter wiesen den Antrag auf ein Verbot der Partei zurück.

Nach der Gerichtsentscheidung vom Montag bleibt die vor einigen Monaten gegründete “Partei für Nächstenliebe, Freiheit und Unterschiedlichkeit" (PNVD) weiterhin eine legale Organisation. Sammelt sie ausreichend Unterschriften, kann sie bei der kommenden Parlamentswahl ihre Kandidaten ins Rennen schicken.

Die PNVD möchte zum Entsetzen niederländischer Kinderschutzorganisationen sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern ab zwölf Jahren zulassen. Jugendliche ab 16 Jahren sollen in pornographischen Filmen mitwirken dürfen, so lange sie dies freiwillig tun. Außerdem will die Partei den Besitz von Kinderpornographie erlauben.

Trotz der von Kinderschützern als unmoralisch gewerteten Vorstellungen der PNVD hatte der verhandelnde Richter bereits im Vorfeld des Prozesses darauf hingewiesen, daß sich die Partei nicht strafbar gemacht habe, indem sie eine bloße Änderung der Gesetze anstrebe. Eine Partei könne nicht allein wegen ihres Gedankenguts verboten werden. Moralische Bedenken reichten für ein Parteienverbot nicht aus, urteilte das Gericht in Den Haag. Über die Zulassung der Partei zur Parlamentswahl muß nun aber noch der Wahlausschuß entscheiden.

Focus v. 17.7.06

Man beachte: Das Programm zur totalen sexuellen Enthemmung segelt unter der Flagge Nächstenliebe und Freiheit!


Zum Schluß eine Klarstellung von Papst Benedikt XVI. im Zuge des am 6. August ausgestrahlten Interviews: die Kirche geht es primär um das Gelingen des Lebens, nicht um Verbote:

Keine Sammlung von Verboten

...Das Christentum, der Katholizismus ist nicht eine Ansammlung von Verboten, sondern eine positive Option. Und die wieder sehen ist ganz wichtig, weil die fast ganz aus dem Blickfeld verschwunden ist. Man hat so viel gehört, was man nicht darf, daß man jetzt hingegen sagen muß: Wir haben aber eine positive Idee, daß Mann und Frau zueinander geschaffen sind, daß sozusagen es die Skala Sexualität, Eros, Agape, die Dimensionen der Liebe gibt und daß auf die Weise dann zunächst Ehe als beglücktes Ineinander von Mann und Frau und dann als Familie wächst.

Daß Kontinuität der Generationen geschieht, in der die Versöhnung der Generationen erfolgt und in der dann auch die Kulturen sich begegnen können. Zunächst einmal also herausstellen, was wir wollen, ist einfach wichtig. Dann kann man auch sehen, warum wir irgendetwas nicht wollen. Und ich glaube, man muß ja sehen, daß es nicht eine katholische Erfindung ist, daß Mann und Frau zueinander geschaffen sind, damit die Menschheit weiterlebt - das wissen eigentlich alle Kulturen.

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