Beichten ist nicht "in". Man rafft sich kaum auf dazu. Ist es nicht peinlich, jemandem seine Sünden zu sagen? Und dabei ist gerade dieses Sakrament der Raum, in dem die Gotteskindschaft wieder lebendig wird...
Buße steht am Beginn des öffentlichen Auftretens und Wirkens Jesu: "Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium! (Mk 1,15) Dieser Aufruf steht auch am Beginn der österlichen Buß-Fastenzeit, am Aschermittwoch. Gott, der Vater, will die Welt mit sich versöhnen (ver-sohn-en) und sendet Seinen Sohn, der durch Kreuz und Auferstehung Sein vergossenes Blut und Seinen geopferten Leib Frieden stiftet für alle, die im Himmel und auf Erden sind. (2Kor 5,18f; Kol 1,20; Joh 8,34ff)
Taufe und Buße stehen in einem ganz tiefen Zusammenhang: "Laßt euch taufen und bekehrt euch, damit eure Sünden vergeben werden." (Mk 1,4) Vater und Sohn verliehen den Aposteln den Heiligen Geist als Geist der Sündenvergebung (Joh 20, 19-23) und damit die Vollmacht zu binden und zu lösen und allen Völkern Buße und Vergebung der Sünden zu künden (Lk 24,47). Diese Vollmacht hat zuallererst Petrus (Primat!), der die Schlüsselgewalt übertragen erhielt (Mt 16,19).
Erster Sieg über die Sünde durch und mit Christus, in der Kraft des Geistes ist die Taufe zur Vergebung der Sünden (Röm 6,4-10). Zweiter Sieg ist die Feier der Eucharistie, des "Opfers der Versöhnung", der Empfang des Leibes Christi, des Lammes Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt und des Blutes Christi, das vergossen wurde zur Vergebung der Sünden.
Dritter Sieg über die Sünden ist die Einzelbeichte für die Gläubigen, die nach der Taufe wieder in Sünden fallen (Trient, DS 1668). In der Kirche gibt es "Wasser und Tränen: das Wasser der Taufe und die Tränen der Buße" (Ambrosius IL 16,1116).
Die große Versöhnung vollzog Christus durch Sein Pascha (Röm 5,10). Dieses Band zwischen Gott und den Menschen zerreißt die Sünde. Das eigene Sakrament der Buße knüpft dieses Band neu. Ritus, Formeln und Formen des Bußsakraments wurden nach dem 2. Vaticanum reformiert, um Natur und Wirkung des Sakraments deutlicher auszudrücken. In der Neuordnung wurde der Feier der Versöhnung für einzelne eine gemeinschaftliche Feier der Versöhnung (Bußgottesdienst mit anschließender Einzelbeichte!) hinzugefügt. Außerdem für bestimmte Extremfälle eine gemeinschaftliche Feier mit allgemeinem Bekenntnis und Generalabsolution (siehe Seite 8).
Die Kirche ist und bleibt Gemeinschaft der Heiligen und Sünder! Daher ist sie zugleich heilig und stets der Reinigung bedürftig, sie geht immerfort den Weg der Buße und Erneuerung (LG 7 und 8). Im Bußsakrament erhalten die Gläubigen für die Gott zugefügten Beleidigungen (die Heiligkeit Gottes und Seine absolute Vollkommenheit wird entehrt durch die Sünde!) von Seiner Barmherzigkeit Verzeihung und werden zugleich mit Gott und der Kirche versöhnt, die sie durch die Sünde verwundet haben und die zu ihrer Bekehrung durch Liebe, Beispiel und Gebet mitwirkt (LG 11). Sünde hat auch sozialen Charakter - Schädigung, Verwundung des mystischen Leibes Christi.
Der Priester spricht los im Namen Gottes - an Gottes statt! -, aber auch im Namen der Kirche, denn der Sünder kann nicht jeden einzelnen um Vergebung bitten. Die Sünde des einzelnen schadet nämlich dem Ganzen!
Vier wesentliche Akte umfaßt das Bußsakrament:
* Reue: Schmerz der Seele und Abscheu über begangene Sünden und Vorsatz nicht mehr zu sündigen (DS 1673.1675, Trient). Von der inneren Reue hängt die Echtheit der Buße, der Bekehrung, der inneren Umwandlung des gesamten Menschen (Heb 1,2; Kol 1,19; Eph 1,23) ab.
* Bekenntnis: Anklage, Schuldgeständnis, Gewissenserforschung - wir nehmen dem Ankläger vor Gottes Thron, dem Satan, die Anklage weg!
* Genugtuung: Bußwerk, -tat oder -gebet, Wiedergutmachung des Schadens, Besserung des Lebens, Heilmittel für die Sünde, Erneuerung von innen (Phil 3,13).
* Lossprechung: Gott gewährt Verzeihung durch den Dienst der Kirche, des Priesters. Das äußere Zeichen der Lossprechung ist die Formel und die Geste: Handauflegung und Kreuzzeichen.
Gott Vater nimmt den verlorenen Sohn wieder an, der tot war und wieder lebendig ist. Der Sohn nimmt das verlorene Schaf und bringt es auf den Schultern zur Herde zurück. Der Geist heiligt von neuem Seinen Tempel und wohnt darin in größerer Fülle (Vgl Lk 15 und Joh 10).
Schwere Sünden müssen gebeichtet werden (zumindest vollkommen bereut), denn wer unwürdig ißt und trinkt, ißt oder trinkt sich das Gericht (1Kor 11,27-29).
Der Dienst des Beichtvaters wird ausgeübt in Gemeinschaft mit dem Bischof, der die Bußdisziplin regelt. Der Priester hat Anteil an dessen Amt und Vollmacht und handelt eher als "Vater" und "Arzt der Seele", nicht so sehr als Richter. Er offenbart das Herz des Vaters im Himmel, das reich an Erbarmen ist. Damit wird er zum Abbild des Guten Hirten. Entscheidend ist, daß letztlich das Bußsakrament Christusbegegnung ist. Der Herr selbst ist mit Seiner Kraft in diesem Sakrament gegenwärtig und wirksam (SG 7).
Die feierliche Form des Bußsakraments umfaßt die Vorbereitung des Priesters und des Beichtenden (Gebet zum erleuchtenden Heiligen Geist), Begrüßung, Kreuzzeichen, Aufmunterung, Auskunft über die Lebensverhältnisse und die letzte Beichte, Lesung des Wortes Gottes, Sündenbekenntnis und Genugtuung (Buße), Reuegebet und Vorsatz, Bitte um Verzeihung, Lossprechung. "Ich spreche dich los von deinen Sünden: im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes", Amen des Beichtenden, Lobpreis Gottes, Entlassung!
Der Autor ist Pfarrer in Sulz in Niederösterreich.