VISION 20006/2006
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Sie erhält die Welt am Leben

Artikel drucken Betrachtungen über die Heilige Eucharistie (Von Nicolas Buttet)

Ein weiterer Vortrag in Brüssel widmete sich der Betrachtung der Eucharistie, ihrer Schönheit, Lebensnotwendigkeit, ihrer wunderbar heilsamen Wirkung auf jene, die sich für sie öffnen. Im folgenden einige Auszüge.

Ich kehre von einer einmonatigen Wallfahrt durch China und Tibet zurück. Da sind mir katholische Gemeinschaften begegnet, die Monate, ja manche sogar Jahre hindurch ohne Priester, ohne Eucharistie auskommen mußten. Ihr Hunger und ihr Durst nach Jesus in der Eucharistie haben mich erschüttert. Ich erinnere mich an eine Messe, die wir in einem kleinen tibetischen Dorf gefeiert haben. Dort hatte ich einer einzigen Person mitgeteilt, daß ich Priester sei und am Abend eine Messe feiern dürfe. 120 Leute sind gekommen, um an der Messe teilzunehmen!

Zwei Stunden lang haben sie auf den Ausgang der Verhandlungen mit den Behörden, um die Messe zu feiern, gewartet. Erst um 10 Uhr abends konnten wir mit der Feier beginnen. Sie hat dann mehr als eineinhalb Stunden gedauert. Alle waren voll und ganz da, haben begeistert gesungen und ergriffen das Geheimnis gefeiert.

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Daß die Welt immer noch steht, liegt daran, daß zwischen Himmel und Erde immer noch - wie die Sonne - eine Hostie aufgeht und ruft: Vater, erbarme Dich! Der heilige P. Pio stellte übrigens einmal fest, daß “die Welt eher ohne Sonne als ohne Meßopfer fortbestehen könne." Das bezeugt auch Johannes Paul II.: “Der Priester ist ein Mann der Eucharistie. In den fast 50 Jahren meines priesterlichen Dienstes war die Heilige Eucharistie für mich immer das wichtigste und heiligste Geschehen. Das Bewußtsein am Altar in persona Christi zu feiern, prägt mich. Die Heilige Messe ist absolut das Zentrum meines Lebens und jedes meiner Tage, sie ist der Mittelpunkt der Theologie des priesterlichen Dienstes."

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Diese Betroffenheit von der Eucharistie muß im persönlichen, kirchlichen, sozialen Leben gepflegt werden. Nicolas Cabasilas, ein orthodoxer Theologe, stellt zurecht fest: “Das Feuer brennt nur dann, wenn es fortgesetzt genährt wird: Ab und zu eine Meditation wird in unserem Herzen keine Leidenschaft entfachen. Da bedarf es eines langen, anhaltenden Einsatzes von Zeit."

Bruder Claude Humbert op gibt Zeugnis von seinem Aufenthalt in Dachau: “Einige von den 4.000 Priestern, die in Dachau gefangen gehalten wurden, hatten heimlich eine Monstranz aus Stacheldraht gebastelt. Für uns, die wir von Stacheldraht umgeben waren, hatte diese Monstranz einen außerordentlich tiefen Sinngehalt. Es war Christus, mit Dornen gekrönt, die er mit uns teilte. Oft wurde der Leib Christi ausgesetzt. Ich und viele andere Priester haben da viele Stunden der Anbetung vor Ihm und Notre Dame von Dachau, die neben Ihm stand, verbracht. Das hat mich für mein Leben geprägt."

Die eucharistische Anbetung, auf die Erde der Menschen geworfenes Feuer vom Himmel, soll unser Leben, unsere Herzen, die ganze Welt in Brand setzen. Kürzlich hat Benedikt XVI. folgendes gesagt: “Ich bin tief bewegt zu sehen, wie die Freude an der eucharistischen Anbetung überall in der Welt erwacht und welche Früchte das bringt." Und Mutter Teresa stellte einmal fest: “Die Leute fragen mich: ,Was wird zur Bekehrung Amerikas führen und was wird die Welt retten?' Ich antworte: das Gebet. Jede Pfarre muß sich vor Jesus im Heiligsten Sakrament zu heiligen Stunden der Anbetung versammeln."

Warum? Man hat immer gemeint, die eucharistische Anbetung sei verlängerte Danksagung nach der Kommunion und Vorbereitung auf sie. Das stimmt, ist aber nicht alles. Benedikt XVI. gibt eine neue und wunderbare Erklärung für die eucharistische Anbetung: “Vor jedem Tun, jeder Veränderung der Welt muß die Anbetung stehen. Nur sie macht uns wirklich frei... Insbesondere in einer Welt, in der die Orientierung abhanden kommt und wo die Gefahr besteht, daß jeder seine eigenen Anliegen zum Maßstab nimmt, ist der Hinweis auf die Bedeutung der Anbetung fundamental." Die Anbetung wird zum Sabbat, ohne den menschliches Tun sich von seiner Bestimmung entfremdet und sich in der Sinnlosigkeit erschöpft.

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Ich denke da an eine 15jährige, die mir eines Tages begegnet ist. Nadège. Sie hatte mir mitgeteilt, daß sie nicht mehr an Gott glaubte. Fünf Selbstmordversuche hatte sie schon hinter sich und jetzt wollte sie es ein sechstes Mal versuchen. Sie war zu der kleinen Einsiedelei heraufgestiegen, in der ich wohnte, wollte über den Zaun steigen und sich über die 135 Meter hohe Klippe hinabstürzen. Zur Sicherheit hatte sie auch noch einen Revolver mit - was ich übrigens erst später erfahren habe. Drei Tage hindurch ist sie gekommen, um mit mir zu reden. Zuletzt habe ich mich zu sagen getraut: ,Nadège, Du bist so kaputt, Dich kann nur der Blick Christi retten.' Was das heißt, wollte sie wissen. Da habe ich ihr von den Nächten der Anbetung erzählt, die ich in den Ferien vor dem Heiligen Sakrament verbracht hatte - und habe sie eingeladen zu kommen. ... Nadège ist dann neun Nächte lang gekommen, um Jesus in der Hostie in der kleinen Kapelle am Rand des Abgrunds anzubeten. Und Nadège hat dort in der Dunkelheit ein Wunder der Liebe erlebt: ,Neun Nächte hindurch habe ich dem Heiligen Sakrament meine Wunden hingehalten. Und Jesus hat sie verbunden. Neun Nächte lang habe ich meine verletzte Seele hingehalten und die Jungfrau Maria hat mich in ihren Armen gehalten, um mir Friede zu verschaffen. Nach diesen neun Nächten war ich ein anderer Mensch."

Nadège hat die Matura bestanden, hat sich firmen lassen und ein Medizinstudium begonnen.

Der Autor ist Gründer der Gemeinschaft “Euchariste" in der Schweiz.

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