Das ist heute das erste Mal seit sieben Jahren, daß ich das Bußsakrament im Zwiegespräch mit dem Priester empfange. In unserer Region gibt es nur Generalabsolutionen."
Es war bei Exerzitien, daß mir jemand das sagte. Zunächst wollte ich es gar nicht glauben... Dann ein anderes Zeugnis: Ein Mädchen spricht seinen Pfarrer an: Ich möchte beichten. Eisige Antwort: Ist es dringend?
Die Kirche lebte immer im Bewußtsein, daß Christus ihr den Dienst der Vergebung der Sünden, die nach der Taufe begangen wurden, anvertraut hatte. Im Rahmen der Publikation des neuen rituel de la réconciliation werden vier offizielle liturgische Formen aufgezählt:
- Die Einzelbeichte. Sie ermöglicht auf unersetzbare Weise - so heißt es in der Einleitung - die Erfahrung, daß Vergebung jeden einzelnen im Kern seiner Persönlichkeit berührt.
* Eine gemeinschaftliche Bußfeier mit Einzelbeichte und -lossprechung. Sie bekundet deutlicher die gemeinschaftliche Dimension der Buße.
* Die gemeinschaftliche Bußfeier mit allgemeiner Beichte und Lossprechung.
* Nichtsakramentale Bußfeiern. Man will zu ihnen ermutigen, weil sie eine erzieherische Aufgabe, insbesondere was die Kinder betrifft, haben. An ihnen können auch Personen teilnehmen, die das Sakrament nicht empfangen können.
Nun entstand die Meinung, daß diese vier Formen gleichwertig nebeneinander stehen. Das Rituale nennt die außergewöhnlichen Bedingungen, die eine allgemeine Lossprechung rechtfertigen können. Einer meiner Kollegen meinte dazu: Wenn man auf der Titanic ist! Oder, daß die große Zahl der Beichtenden und die viel zu geringe Zahl der Beichtväter die Gnade der Vergebung zu weit in die Zukunft verlegen würden.
In diesen Fällen lockert die Kirche die Regel für das Heil der Seelen. Allerdings wird betont, daß der Ansturm von Beichtenden anläßlich eines Festes oder einer Wallfahrt kein ausreichender Grund ist, wenn Beichtväter anwesend sind.
Durch ein Dekret vom 25. Februar 1987 hat die französische Bischofskonferenz Unterscheidungskriterien erarbeitet. Sie gehen in dieselbe Richtung. Unsere Bischöfe haben klargestellt, daß es nirgends in Frankreich Bedingungen für einen solchen schwerwiegenden Grund gibt. Sie haben auch wiederholt, "daß für die sakramentale Versöhnung das mit allen Kräften im Land zu forcierende Mittel die Einzelbeichte ist und bleiben wird."
Die Leser werden sich wahrscheinlich über die Kluft zwischen den laut bekundeten Prinzipien und der pastoralen Praxis vor Ort wundern...
Die Generalabsolution ist unnütz und gefährlich. Unnütz, weil ich (leider) weit und breit die Massen der Beichtenden, die nach Absolution gieren, nicht sehen kann. Und was die Beichtväter betrifft, so gibt es sie in ausreichender Zahl. Wenn sie anderes tun, so liegt es vielleicht daran, daß die Gläubigen tausenderlei von ihnen erwarten, nur nicht das, wozu sie ordiniert wurden.
Die Generalabsolution ist gefährlich, vor allem, wenn sie systematisch betrieben wird. Sie verschleiert einen für jedes Sakrament entscheidenden Aspekt: die persönliche Begegnung mit Christus. Den seit Jahren von dieser verbotenen Praxis verdorbenen Angehörigen einer Pfarre habe ich einmal gesagt: Wenn ich gleichzeitig mehrere Kinder zu taufen habe, nehme ich auch keinen Gartenschlauch für eine Generaltaufe!
Darüberhinaus sollte man wissen, daß die Gültigkeit des Sakraments in vielen Fällen fragwürdig ist. Denn man vergißt meist die notwendigen Voraussetzungen für die erhaltene Vergebung in Erinnerung zu rufen: die Reue und den Vorsatz, nicht wieder zu fallen; den Willen, den entstandenen Schaden gut zu machen; die Notwendigkeit, so bald wie möglich die schweren Sünden zu beichten. Wo das fehlt, ist die schönste Feier der Welt, nichts als eine leere Hülle.
P. Alain Bandelier
Aus: Famille Chrétienne v. 11.3.99