VISION 20002/2007
« zum Inhalt Portrait

Die selige Elisabeth

Artikel drucken Botschaft an uns (Von Sr. Margarita und Sr. Dorothea)

Im Jahre 1997 wurde der 100. Todestag der hl. Thérèse von Lisieux gefeiert, wobei ihre Reliquien wie im Triumphzug von Ort zu Ort, von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent geführt wurden. Diese Heilige, eine mit 24 Jahren verstorbene Karmelitin, wurde von der Kirche zur Patronin der Missionen ernannt. Sie ist lebendig und gegenwärtig im Bewußtsein vieler Menschen.

Viel verborgener wurde am 9. November der 100. Todestag einer anderen Karmelitin gefeiert, die nur wenige Jahre nach Thérèse, ebenfalls in Frankreich, gelebt hat. Es ist die selige Elisabeth von Dijon, Elisabeth von der Dreifaltigkeit, wie ihr Ordensname lautet. Auch sie stirbt jung, im Alter von 26 Jahren und zwar an der Addisonschen Krankheit. Wie Thérèse vom Lisieux hat auch sie eine Botschaft zu verkünden, die nicht überhört werden sollte.

Elisabeth Catez wird am 18. Juli 1880, in einem Militärlager in Frankreich geboren. Ihr Vater ist Hauptmann in der Armee. Durch eine berufliche Versetzung des Vaters bedingt, übersiedelt die Familie nach Dijon, wo drei Jahre später Elisabeths Schwester, Marguerite, geboren wird. Nur vier Jahre später stirbt der Vater unerwartet an einem akuten Herzversagen.

Elisabeth entwickelt sich zu einem temperamentvollen, aufbrausenden Mädchen, betet allerdings gern und versucht, ihr Temperament zu zügeln. Dazu ein Ausschnitt aus einem Weihnachtsbrief, den die 9jährige ihrer Mama schreibt: “Liebe, gute Mama, ich verspreche dir, daß ich sehr artig und sehr gehorsam sein will, und dich nicht mehr in Wut bringen werde, daß ich nicht mehr weinen, und ein kleines Musterkind sein werde, um dir viel Freude zu bereiten. Ich werde mein Möglichstes tun, um meine Versprechen zu halten, damit ich in meinem Brief keine Lüge sage, wie ich es schon öfters getan habe." Schon in dieser Zeit vertraut sie einem befreundeten Priester an: Sie möchte einmal Klosterschwester werden.

11jährig empfängt Elisabeth die erste Kommunion. An diesem Tag weint sie vor Freude. Beim Verlassen der Kirche sagt sie zu ihrer Freundin Marie-Louise: “Ich habe keinen Hunger mehr, Jesus hat mich satt gemacht!"

Elisabeth beginnt mit Klavierunterricht am Konservatorium in Dijon und erweist sich bald als begabte, junge Pianistin, bei täglich vier bis sechs Übungsstunden! Mit 13 erhält sie den 1. Preis beim Klavierspiel im Konservatorium. Ihr Weg als zukünftige Pianistin scheint vorgezeichnet.

Jedoch mit ungefähr 14 Jahren, im Rahmen einer Wallfahrt, schenkt Elisabeth sich insgeheim Jesus auf besondere Weise. Sie erzählt: “Ich war ungefähr 14 Jahre alt, als ich mich unwiderstehlich gedrängt fühlte, Jesus allein zum Bräutigam zu wählen, und ohne Aufschub habe ich mich ihm durch das Gelübde der Jungfräulichkeit verbunden. Wir sagten uns nichts, aber wir haben uns aneinander verschenkt und liebten uns so sehr, daß der Entschluß, Ihm ganz zu gehören, in mir noch endgültiger wurde." In ihrem Herzen hört Elisabeth immer wieder das Wort: Karmel.

Öfters versucht sie, mit ihrer Mutter über ihren Wunsch, in den Karmel einzutreten zu sprechen. Bedingt durch den frühen Tod des Gatten, hängt Frau Catez sehr an ihren beiden Töchtern. Von einem Ordenseintritt will sie nichts hören. Elisabeth bleibt hartnäckig, und im Verborgenen versucht sie, im Herzen ein klösterliches Leben zu führen. Kurz vor ihrem 19. Geburtstag erklärt ihr die Mutter, sie würde ihr mit ihrer Volljährigkeit, wenn sie also 21 Jahre alt sein würde, die Erlaubnis zum Eintritt in den Karmel geben.

Voll Freude beginnt nun Elisabeth schon vor ihrem Eintritt den Weg der Hingabe an Gott zu gehen und stetig an sich selbst zu arbeiten. Sie schreibt darüber in ihrem Tagebuch: “Wenn ich zu Unrecht eine Rüge erhalte, dann spüre ich, wie mir das Blut in den Adern kocht. Mein ganzes Wesen bäumt sich auf. Aber dann höre ich Jesus in meinem Inneren. Aus Liebe zu Ihm kann ich es dann ertragen." Sie zieht sich gerne in die Stille zurück, um ihre Aufmerksamkeit dem in ihr anwesenden Gott zuzuwenden.

1901 tritt Elisabeth schließlich in den Karmel von Dijon ein. Beim Aufnahmegespräch werden den Postulantinnen immer dieselben Fragen gestellt: Worin liegt für sie das Ideal der Heiligkeit? Elisabeth antwortet: “Aus Liebe leben." Welches ist das schnellste Mittel, die Heiligkeit zu erlangen? “Sich ganz klein machen, sich vorbehaltlos ausliefern an Ihn."

Die junge Postulantin ist sehr glücklich im Karmel. Sie schreibt einer Freundin: “Ich finde keine Worte, um mein Glück zu beschreiben. Hier gibt es nichts mehr als Ihn. Man findet Ihn überall, bei der Wäsche genauso wie beim Gebet." Als sie eingekleidet wird, erhält sie den Namen: Elisabeth von der Heiligsten Dreifaltigkeit. Sie wird in ihrem kurzen Leben tief in das Geheimnis des dreifaltigen Gottes hineinwachsen. Über ihr Leben im Karmel schreibt sie: “Das Leben einer Karmelitin ist eine Vereinigung mit Gott vom Morgen bis zum Abend und vom Abend bis zum Morgen. Würde Er nicht unsere Zellen und unsere Gänge erfüllen, wie wäre alles leer!"

Im Jänner 1903 feiert Elisabeth ihre Ewige Profeß, sie schreibt darüber: “In der Nacht vor dem großen Tag, als ich mich in Erwartung des Bräutigams im Chor befand, habe ich verstanden, daß mein Himmel schon auf Erden begonnen hat, der Himmel im Glauben, mit dem Leid und dem Geopfertwerden für Den, den ich liebe...!"

In Stunden der Dunkelheit und Hilflosigkeit, vor allem in den Monaten ihrer schweren Krankheit, lernt Elisabeth immer mehr, sich dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn anzuvertrauen. In ihren Exerzitien schreibt sie ihr wunderschönes Gebet: “O mein Gott, Dreifaltiger, den ich anbete...." Dieser Text gehört zu den schönsten der Weltliteratur.

Im Frühling des Jahres 1905 zeigen sich erste Zeichen der tödlichen Krankheit. Sie schreibt: “Ich spüre, wie der Tod mich zerstört. Würde ich dabei stehen bleiben, wäre nur Verzagtheit in mir. Rasch öffne ich das Auge meiner Seele im Glauben und weiß, daß es die Liebe ist, die mich allmählich verzehrt..."

Ihr junger Körper verfällt schnell. Geistig ist sie jedoch überaus wach und verfaßt ihre letzten Schriften, die bis heute nicht nur für die Schwestern im Karmel eine Quelle der Ermutigung sind.

Im Brief des hl. Paulus an die Epheser findet Elisabeth den Namen, den sie im Himmel einmal tragen möchte: “ad laudem gloriae" - zum Lob Seiner Herrlichkeit möchte sie in alle Ewigkeit singen, ja durch ihr Leben “ein Lob Seiner Herrlichkeit sein."

Ganz bewußt nimmt sie Abschied von ihrer Familie, ihren Freunden und ihrer Schwesterngemeinschaft im Karmel. Am 9. November 1906 darf sie in die Unermeßlichkeit des Himmels übersiedeln. “Ich gehe zum Licht, zur Liebe, zum Leben," sind ihre Abschiedsworte.

Elisabeth hatte ein großes Herzensanliegen, ja eine Mission. Sie sagt: “Wie mir scheint, wird meine Sendung im Himmel darin bestehen, Seelen anzuziehen und ihnen zu helfen, Gott anzuhangen durch eine ganz einfache Regung der Liebe. Ich will sie bewahren in dem großen inneren Schweigen, in dem Gott sich in ihr Inneres einprägen und sie in sich selbst umwandeln kann."

Die Missionstätigkeit der hl. Thérèse von Lisieux wurde von der Kirche bestätigt. Mögen wir, die Christen des 21. Jahrhunderts, auch offen sein für die Sendung der Sr. Elisabeth, die Papst Johannes Paul II. 1984 seliggesprochen hat.

*

Das Portrait unsrer lieben Karmelseligen möchte ich, Sr. Dorothea, mit einem kurzen, persönlichen Zeugnis abschließen. Als junge, alte Novizin bin ich mit 56 Jahren durch die Liebe Gottes in den Karmel geführt worden. In meinen ersten Exerzitien habe ich die Schriften der Seligen Elisabeth entdeckt, und mich von ihrer Wesensart und Spiritualität zutiefst angesprochen gefühlt. Sie war ja auch eine musikalische Frau mit einer schönen Begabung für Freundschaften.

Aber vor allem die Einwohnung der Heiligsten Dreifaltigkeit in meiner Seele, diese leuchtende Gegenwart Gottes unterhalb aller Dunkelheit in mir, hat mich total fasziniert. Wir dürfen ja im Karmel täglich in den beiden Stunden des Inneren Gebetes auf diese Gegenwart Gottes in uns lauschen, und das ist wirklich ein ganz besonderes Geschenk, jeden Tag neu! Gott hat mich in der Welt durch lange Anbetungszeiten vor dem Allerheiligsten in meine eigene Tiefe geführt, daß ich auch dort Seine liebevolle Gegenwart entdecke.

Die Autorinnen sind Schwestern im Karmel von Maria Jeutendorf bei St. Pölten.


Dokumentation

Über die Selige Elisabeth wurden im Karmel von Dijon zwei DVDs (eine Bilddokumentation und ein Spielfilm, Preis 15 bzw. 28 Euro, Erlös für Mission) produziert. Bestellungen:

P. Roberto Maria Pirastu OCD, Karmelitenkonvent, Grabenstr. 144, 8010 Graz,
Tel. +43 (0)316 682206, Fax -12

Roberto.Maria@karmel.at

© 1999-2024 Vision2000 | Sitz: Hohe Wand-Straße 28/6, 2344 Maria Enzersdorf, Österreich | Mail: vision2000@aon.at | Tel: +43 (0) 1 586 94 11