Im Johannesevangelium (15,20) sagt Jesus seinen Jüngern voraus: “Der Sklave ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen". Bei Matthäus (10,16ff) warnt Jesus die Seinen: “Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Nehmt euch vor den Menschen in acht! Sie werden euch vor die Gerichte bringen und in ihren Synagogen auspeitschen."
Ähnlich heißt es bei Lukas (21,12): “Man wird euch festnehmen und euch verfolgen. Man wird euch um meines Namens willen den Gerichten der Synagogen übergeben, ins Gefängnis werfen und vor Könige und Statthalter bringen." So geschah es. Petrus und die Apostel aber, vor den Hohen Rat zitiert, sprechen unerschrocken “die Grundformel der christlichen Freiheit des Individuums" aus: “Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen" (Apg 5,29).
Joaquín Alliende, geistlicher Leiter von “Kirche in Not", erinnerte jüngst daran, dass die Bedrängnis biblisch-historisch nicht als Ausnahme, sondern als Normalfall christlicher Existenz zu betrachten ist: “Der Teufel existiert und kämpft unermüdlich weiter gegen Christus und die Seinen. (...) Wenn die Kirche ihrem Bräutigam Jesus treu bleibt, dann ist es nicht verwunderlich, daß sie verfolgt wird. Überraschender und besorgniserregender wäre es, wenn sie nicht verfolgt würde und die Mächtigen der Welt, die heute in den Massenmedien ein privilegiertes Sprachrohr finden, ihr applaudierten". Anders gesagt: eine Kirche, an der man sich nicht mehr reibt, die in der säkularen Öffentlichkeit nicht mehr aneckt, muss sich fragen, was sie falsch gemacht hat. Das Idealbild des Bischofs ist insofern nicht der populäre Bürgermeistertyp, sondern der verpönte Störenfried des bequemen Konsenses und der moralischen Abstumpfung.
Andreas Püttmann
Aus dem Vortrag beim Kongreß “Freude am Glauben" in Fulda 2006