Er ist für mich der Mensch, den ich seit 35 Jahren kenne, bei dem ich studieren und mit dem ich viele Jahre zusammenarbeiten durfte, den ich im Laufe dieser Jahre ganz tief und in großer Verehrung und Bewunderung schätzen und kennen gelernt habe.
Aber das alles ist noch nicht das, was eben seit dem 19. April 2005 in sein Leben und in unser Leben getreten ist: daß er zum Nachfolger Petri gewählt wurde. Das ist natürlich eine neue Dimension, die auch in der Begegnung mit ihm ständig da ist. Er ist der altbekannte, vertraute Lehrer und Kardinal und Mensch, und zugleich ist er eben Petrus.
Er hat in seinen Erinnerungen sehr verhalten, aber auch sehr eindrucksvoll über sein Leben geschrieben. Er ist sehr sparsam in diesen persönlichen Dingen. Er erzählt nicht viel über sein Leben, aber man spürt die tiefe christliche Verwurzelung seines Lebens. Man spürt, wie sehr er aus einer zutiefst vom Glauben geprägten Familie kommt, einer Familie, die im Glauben und in der Liebe tief geeint ist.
Ich durfte seine Schwester Maria recht gut kennenlernen, die ja ganz plötzlich am 2. November 1991 verstorben ist. Die drei Geschwister waren immer sehr innig verbunden, und sie müssen ganz besonders prägende Eltern gehabt haben.
Wer ist der Papst von seiner Geschichte her? Er ist ein außergewöhnlich begabter, intelligenter Theologe. Ich zögere überhaupt nicht zu sagen, daß er der letzte der großen Theologen der Konzilsgeneration ist - De Lubac, Congar, Rahner, Balthasar. Er war der Jüngste in dieser großen Riege der Theologen, die das II. Vaticanum geprägt haben, und er ist sicher einer der ganz großen von ihnen, als geistige, theologische Kapazität.
Kardinal Christoph Schönborn
Auszug aus einem Interview mit zenit.org vom 28.8.07