Der folgende Beitrag zeigt, wie der Glaube hilft, das mit einer Scheidung verbundene Scheitern zu bewältigen, um dann anderen Menschen in ähnlicher Notlage erfolgreich helfen zu können.
Die Unauflöslichkeit der Ehe ist eine der bedeutsamsten Wahrheiten der göttlichen Offenbarung, denn, was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen (Mt 19,6). Als praktizierende, katholische Christin war mir diese Wahrheit der Unauflöslichkeit immer bewusst. Mein Mann ist evangelisch, und wir einigten uns darauf, dass wir uns katholisch trauen lassen und unsere Kinder katholisch erzogen werden. Das war unsere religiöse Basis.
1970 haben wir geheiratet. Mit gutem Willen und in der Hoffnung, dass alles gut gehen würde, haben wir unser Ja vor Christus und der Kirche gesagt. Uns wurden zwei Töchter geschenkt und fünf Enkelkinder. Nach 26 Jahren wurde unsere Ehe geschieden und vor einem Jahr auch die Ehe einer unserer Töchter.
Diese Scheidung war für mich sehr schmerzhaft, im Besonderen mit Blick auf die Enkelkinder und im tiefen Erkennen, was ich meinen Kindern und auch Enkelkindern zugemutet hatte. Mein jüngster Enkel sagte einmal: „Oma, schade, dass wir mal zum Opa gehen und mal zu Dir.“ Schuldgefühle kamen hoch, und ich habe versucht, unser Scheitern noch einmal ehrlich anzuschauen.
Zunächst ging ja alles gut, doch schon bald zeigte sich, dass wir sehr unterschiedlich waren. Spannungen stellten sich ein. Nicht geübt, mit solchen umzugehen, kam es oft zu Meinungsverschiedenheiten, die nicht selten im Streit endeten. Ich suchte in meinem Glauben Hilfe, im Sport Ablenkung und war getragen durch gute Freunde. Mein Mann war beschäftigt, studierte und kam beruflich gut voran. Sein Rückzug mir gegenüber war spürbar und verletzte mich sehr. Viele Auseinandersetzungen folgten und unsere Kinder litten unter diesem Zustand.
Nach jahrelangem Ringen, vielen Auseinandersetzungen und auf Anraten eines geistlichen Begleiters bin ich gegangen.
Die Zeit danach war nicht leicht. Ich musste wieder in den Beruf einsteigen, eine Wohnung suchen, umziehen und mich auf den Weg machen – enttäuscht, verletzt, auch beschämt, dass mein Lebensideal zerbrochen war, obwohl ich doch so viel gebetet hatte. So suchte ich Hilfe. Und meine Hilfe war wieder mein Glaube, das Gebet, die Stärkung durch die Sakramente. In dieser Zeit habe ich Heilungsseminare besucht, fasste neuen Mut und korrigierte meine Einstellung zu meinem Mann. So brach unsere Familienbeziehung nie ganz ab, da wir für unsere jüngere Tochter – sie war noch zu Hause – das gemeinsame Sorgerecht hatten. Familienfeste feierten wir fast immer gemeinsam.
2003 lernte ich Bischof Klaus Küng kennen. Er vermittelte mir Kontakt zur Gemeinschaft der Familie Solitude Myriam (FSM) und zu Emma Schumacher aus der Schweiz. Sie hält Verbindung zur Danielle Bourgeois, der Gründerin der Bewegung in Kanada. Ihr Zeugnis und der spirituelle Weg von FSM haben mich sehr berührt. Und ich habe erlebt, dass der von der Gemeinschaft empfohlene Weg wirklich von der Trauer zur Freude führt. Nicht von heute auf morgen, aber Schritt für Schritt.
Was sind die Schritte des geistlichen Heilungsweges? Hier nur sehr verkürzt: Zuerst braucht der verletzte, enttäuschte Mensch Zuwendung, Liebe und Gebet, damit der Mangel an Liebe aufgefüllt und innere Heilung durch Christus geschenkt werden kann.
Die Annahme der Situation fällt nicht leicht, denn Gefühle wie Wut, Angst, Trauer, Ohnmacht, Einsamkeit kommen hoch und müssen ernstgenommen werden, damit Christus sie verwandeln kann. So kann dann Friede einkehren.
Eine weitere Etappe ist der Weg der Vergebung. Sie ist ein Prozess und bedarf der Ermutigung durch Menschen und durch den Seelsorger. Vergebung ist aber auch eine Entscheidung, gerade dann, wenn die Wunden groß sind. Der Empfang der Sakramente, besonders auch die Hl. Beichte und die Krankensalbung sind eine große Hilfe. Die Wege der Versöhnung dauern lange und lehren uns Geduld. Wir dürfen vertrauen, dass bei Gott nichts unmöglich ist und dass Er um alles weiß und Hilfe schenken wird.
Die letzte Etappe ist eine persönliche Weihe, wo jeder selbst entscheiden kann, ob er das möchte. Ich habe mich dafür entschieden und mein Leben Gott geweiht, um als externes Mitglied der Gemeinschaft von Solitude Myriam beizutreten.
Durch das Geschenk der Heilung und der Vergebung war ich offen für die Annahme meiner Situation und konnte mit Gottes Hilfe immer wieder neu vergeben. Ich bekam einen neuen Blick und erkannte, dass nicht nur mein Mann, sondern auch ich an unserer Scheidung Schuld war. Dies hatte zur Folge, dass sich die Beziehung zu meinem Mann besserte: Er war wieder bereit, mir zu helfen. Und bei unserer geschiedenen Tochter nehmen wir nun für unsere Enkelkinder unsere Großelternpflichten wahr.
Den billigen Rat, den wir oft hören: Such dir doch einen anderen, eine andere, erleben wir als unüberlegt und lieblos. Er hilft den Betroffenen nicht.
Mit der Gnade Gottes wollen die Mitglieder unserer Gemeinschaft ihren Weg der „Treue auf Distanz“ leben: Wir sagen ja zu unserem Ehesakrament und sagen ja zu unserem abwesenden Partner. Dies ist ein Weg, der uns heil, froh und frei macht. Für unsere Familien wird er zum Segen.
Solitude Myriam Treffen
Waltraut Sennewald & Team halten Treffen, Studientage und Seminare für Menschen in Scheidung, Einsamkeit, Wiederverheiratung, Witwenschaft ab.
Kontakt: Waltraut Sennewald
Telefon: +49(0)7529/913 883,
waltraut.sennewald@t-online.de
Seit kurzem gibt es monatliche Treffen Betroffener in Salzburg.
Die nächsten Termine: 7. Juni und 5. Juli von 14 bis 17 Uhr
Ort: Barmherzige Schwestern, Salzachgässchen 3, Mülln, 5020 Salzburg
Info:
Sr. Regina, Tel: 0664 946 1629, E-Mail: sr.regina@bhs.at