Liebe Großeltern, liebe ältere Menschen, folgen wir der Spur dieser wunderbaren alten Menschen (Simeon und Hanna, Anm.)! Werden auch wir ein wenig zu Poeten des Gebets: Finden wir Geschmack daran, nach eigenen Worten zu suchen, machen wir uns jene zu eigen, die das Wort Gottes uns lehrt. Es ist ein großes Geschenk für die Kirche, das Gebet der Großeltern und der älteren Menschen!
Das Gebet der älteren Menschen und der Großeltern ist ein Geschenk für die Kirche, es ist ein Reichtum! Eine große Injektion an Weisheit auch für die ganze menschliche Gesellschaft: vor allem für die, die zu geschäftig, zu beansprucht, zu zerstreut ist. Irgendjemand muss den Lobpreis singen, auch für sie, muss Gottes Zeichen lobpreisen, Gottes Zeichen verkündigen, für sie beten! Schauen wir auf Benedikt XVI., der entschieden hat, den letzten Abschnitt seines Lebens im Gebet und im Hören auf Gott zu verbringen! Das ist schön!
Ein großer Gläubiger des letzten Jahrhunderts aus der orthodoxen Tradition, Olivier Clément, sagte: „Eine Zivilisation, in der nicht mehr gebetet wird, ist eine Zivilisation, in der das Alter keinen Sinn mehr hat. Und das ist schrecklich, wir brauchen vor allem alte Menschen, die beten, denn dafür ist uns das Alter geschenkt.“
Wir brauchen alte Menschen, die beten, denn genau dafür ist uns das Alter geschenkt. Das Gebet der alten Menschen ist etwas Schönes.
Wir können dem Herrn für die empfangenen Wohltaten danken und die Leere der Undankbarkeit, die ihn umgibt, füllen. Wir können für die Erwartungen der neuen Generationen Fürsprache halten und der Erinnerung und den Opfern der vergangenen Generationen Würde verleihen. Wir können die ehrgeizigen jungen Leute daran erinnern, dass ein Leben ohne Liebe ein seelenloses Leben ist. Wir können den ängstlichen jungen Menschen sagen, dass die Angst vor der Zukunft überwunden werden kann.
Wir können die jungen Menschen, die zu sehr in sich selbst verliebt sind, lehren, dass Geben seliger ist als Nehmen. Die Großväter und Großmütter bilden den ständigen „Chor“ eines großen geistlichen Heiligtums, wo die Fürbitte und der Lobpreis die Gemeinschaft stützt, die auf dem Feld des Lebens arbeitet und kämpft.
Das Gebet reinigt auch unablässig das Herz. Der Lobpreis Gottes und die Fürbitte beugen der Verhärtung des Herzens im Groll und im Egoismus vor. Wie hässlich ist der Zynismus eines alten Menschen, der das Bewusstsein für sein Zeugnis verloren hat, junge Menschen verachtet und keine Lebensweisheit vermittelt! Wie schön ist dagegen die Ermutigung, die der alte Mensch dem jungen Menschen geben kann, der auf der Suche nach dem Sinn des Glaubens und des Lebens ist! Das ist wirklich die Sendung der Großeltern, die Berufung der alten Menschen.
Die Worte der Großeltern haben etwas Besonderes für die jungen Menschen. Und sie wissen es. Die Worte, die meine Großmutter mir am Tag meiner Priesterweihe schriftlich überreichte, trage ich immer noch bei mir, immer im Brevier, und ich lese sie oft, und es tut mir gut. Wie sehr möchte ich eine Kirche, die die Wegwerfkultur herausfordert mit der überreichen Freude einer neuen Umarmung zwischen jungen und alten Menschen! Und das ist es, was ich heute vom Herrn erbitte: diese Umarmung!
Auszug aus der Ansprache des Papstes bei der Generalaudienz am 11.3.15