VISION 20005/2015
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Das Leben riskiert und verloren

Artikel drucken Er rettete hunderte Juden im 3. Reich (Eduard Werner)

Unserer von einem mächtigen Zeitgeist bedrohten Zeit tut es gut, vom Glaubenszeugnis von Menschen zu hören, die sich auch durch den Nazi-Terror nicht von ihrem geraden Weg abbringen ließen. Anton Schmid war so ein Vorbild.

Anton Schmid ist am 9. Januar 1900 in Wien geboren. Er wurde religiös erzogen, und wuchs sehr früh in die katholische Umwelt hinein. Er erlernte das Handwerk eines Elektrotechnikers. Später eröffnete er ein Elektrofachgeschäft. Mit den Juden in der Nachbarschaft pflegte er freundschaftlichen Umgang.
Bei Kriegsbeginn 1939 wurde auch Anton Schmid zum Militärdienst eingezogen und schließlich als Feldwebel nach Wilna in Litauen befohlen. Dort wurde er Augenzeuge von unfassbaren Verbrechen gegen die jüdische Bevölkerung. Um das Erlebte zu verkraften, gäbe es nur zwei Wege: Entweder die eigenen Gefühle, das Mitleid mit den Hilflosen einzufrieren oder heimlich zu helfen. Doch Helfen konnte das eigene Leben kosten.
Anton Schmid entschied sich für den zweiten Weg. Er leitete in Wilna eine Sammelstelle für versprengte deutsche Soldaten. Dort sprach der jüdische Litauer Max Salinger den deutschen Feldwebel an und bat um Hilfe. Schmid verschaffte dem Bittsteller rasch eine neue Identität, indem er ihm das Soldbuch des gefallenen Soldaten Huppert gab. Dann beschäftigte er ihn als Schreibkraft in seinem Büro. Und Salinger war gerettet.
Wenige Tage später wurde Schmid eines Abends auf dem Nachhauseweg von der jungen jüdischen Frau Luisa Emaitisaite gefragt, ob er ihr ein billiges Hotelzimmer besorgen könne. In ihrer Hilflosigkeit gestand sie dem Feldwebel ganz offen, dass sie einer Razzia entkommen sei.
Schmid antwortete, dies sei angesichts der vielen Straßenkontrollen zu gefährlich. Dann versteckte er sie in seiner Wohnung. Nach einigen Tagen kam Schmid der weiterführende Gedanke, die versteckte Jüdin mit falschen Papieren auszustatten und sie dann in seiner Dienststelle als Sekretärin zu beschäftigen.
Deshalb begab sich Schmid in das nahe katholische Kloster „Ostra Brama“. Der dortige Abt Andreas Gdowski war spontan bereit, die nötigen Papiere auszustellen. Er sagte: „Ein alter Mann wie ich muss sich vor Menschen nicht mehr fürchten. Und vor Gott kann ich so einen kleinen Betrug verantworten.“ Damit war auch diese Frau vorläufig in Sicherheit.
Nun war Schmid emotionell auf das Retten von Menschen eingestellt. Auch den jüdischen Schriftsteller Adler und seine Frau, die ihm vom Kloster „Ostra Brama“ geschickt worden waren, nahm er in die Wohnung auf. Aber im Ghetto von Wilna waren Tausende von Juden zusammengepfercht. Von dort wurden fast täglich 100 Juden zur Erschießung in den Wald Ponary zehn Kilometer außerhalb von Wilna gebracht.
Um möglichst viele Juden zu retten, besorgte Schmid vielen Arbeitspapiere für kriegswichtige Aufträge. Schließlich organisierte er Lastwagen, auf denen er selbst Hunderte von Juden in das etwas sicherere Weißrussland transportierte. Dabei wurde er schließlich verraten, verhaftet und zum Tode verurteilt.
Vor der Hinrichtung konnte er noch an seine Frau schreiben: „Du weißt ja, wie mir ist, mit meinem weichen Herzen. Ich konnte nicht viel nachdenken und half ihnen ... “ Vor der Erschießung empfing er vom Militärpfarrer noch die Sterbesakramente. Im Abschiedsbrief an seine Frau und Tochter schrieb Schmid: „Ich grüße und küsse Euch – auf dieser und der anderen Welt, wo ich bald in Gottes Hand bin. Dein, und Euch ewig liebender Toni.“

Aus Katholische Wochenzeitung 27/2015

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