VISION 20006/2015
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Der traurigste und glücklichste Moment

Artikel drucken Nikolas hat nur zehn Minuten gelebt (Carmen und Hubert Huber)

Heute ist es üblich, ungeborene Kinder, bei denen eine Behinderung diagnostiziert wurde, abzu­treiben. Meist drängen die Ärzte dazu. Im Folgenden das bewegende Zeugnis eines Paares, das sein Kind leben ließ.

Gerade diese Kinder mit ihrem kurzen Abstecher auf Erden bringen die großartige Botschaft zu uns Menschen, dass nicht „Hauptsache gesund“, sondern „Hauptsache geliebt und geborgen“ das Lebensglück ausmachen.
Solch ein Bote des Himmels kam im Jahr 2013 zu uns in unsere Familie als fünftes Kind. Aufgrund eines auffälligen Ultraschalls in der 12. Schwangerschaftswoche erfolgte wenig später die Diagnose: Trisomie 18 – ein Chromosomenfehler mit kaum oder sehr wenig Lebenserwartung, weshalb das Leben dieser Kinder in unserem Lande zu 99% mit einer Abtreibung endet.
Zum Glück kamen wir in eine Universitätsklinik, in der unser Wunsch, das Kind auszutragen, nicht nur akzeptiert, sondern auch sehr gut unterstützt wurde. So begann schon in früher Schwangerschaft für uns die Zeit des Abschieds, und tiefe Trauer mischte sich in die freudige Erwartung auf unser Kind. Aber, so schwer der Weg auch war, wir bekamen die Möglichkeit, unser Kind von Tag zu Tag näher kennen und lieben zu lernen. Da ich wusste, dass die Zeit kurz sein würde, in der es bei uns weilte, genoss ich jede freie Minute mit ihm und trug ihn bewusst zu allen Schönheiten, die der goldene Herbst 2013 bot. Denn ich war sicher: Durch mich sah auch das Kind die unglaubliche Schönheit dieser Erde. Und wir gaben ihm gemeinsam einen Namen: Nikolas.
Nikolas erblickte am 13.12.13 das Licht der Welt; er lebte zehn Minuten in meinem Arm und empfing vom Kinderarzt die Taufe. Danach schwebte er in den Himmel. In diesen zehn Minuten geschah etwas Wunderbares, als Nikolas mich anblickte und getauft wurde: Ich erlebte die tiefe Begegnung mit ihm von Herz zu Herz. Ich fühlte mich – trotz aller Trauer – zutiefst glücklich in der Begegnung mit ihm. Es war der traurigste und zugleich glücklichste Augenblick in meinem Leben!
Ich spürte, dass die tiefste Trauer um unseren Nikolas unmittelbar mit der tiefsten Liebe zu unserem Kind zusammenhängt. Es zählt nicht, wie lange man auf dieser Erde verweilt, sondern wieviel herzliche Liebe man in dieser Welt empfangen hat.
Wird aber ein Kind mit lebensverkürzendem Gendefekt frühestmöglich mit ausgefeilter Pränatal-Diagnostik aufgespürt und infolgedessen zum Schwangerschaftsabbruch geraten, nimmt man den Eltern jede Möglichkeit, ihr Kind von ganzem Herzen kennen und lieben zu lernen. Dadurch werden die Eltern um die wunderbare Herzensbegegnung mit ihrem Kind betrogen! Sie werden nach der erledigten vorgeburtlichen Selektion alleine zurückgelassen in tiefer Einsamkeit!
Mittlerweile weiß ich, warum Politik und Wirtschaft diese pränatale Selektion vorantreiben: Zum einen spielen eiskaltes Kalkül und wirtschaftliches Interesse eine Rolle, zum anderen wird nicht gewollt, dass der Mensch diese Begegnung von Herz zu Herz erleben soll. Denn diese Begegnung erfüllt uns mit tiefer Liebe, Warmherzigkeit und Barmherzigkeit. Von wirtschaftlichem Interesse jedoch ist es, dass der Mensch anfällig sein soll für alles vorgegaukelte Glück unserer Leistungs- und Spaßgesellschaft. Das Menschenherz soll erkalten. Opfer dieser hinterhältigen Politik sind die ungeborenen Kinder und ihre Eltern.
Wir sagen deshalb Nein zum Praena-Test, zur PID und zur medizinischen Indikation, die eine Abtreibung schwerstbehinderter Kinder mit kurzer Lebenserwartung erlaubt. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass auch das sehr kurze Leben unseres Nikolas nicht unwert ist, sondern – ganz im Gegenteil – von ganz unschätzbarem Wert: Er wurde unverwechselbar und wunderbar von Gott gestaltet, brachte uns die Botschaft der tiefen Herzensliebe in unser Leben und lebt nun im Himmel als Fürsprecher für uns weiter. Er zeigt uns, worauf es im Leben wirklich ankommt! Wir, seine EItern und seine Geschwister, lieben ihn innig, und er ist unvergessen!
Mögen unsere Erfahrungen auch anderen Eltern helfen, durch ihr schwerbehindertes, „lebens­unfähiges“ Kind zur Erfahrung des wirklichen Glücks zu gelangen!

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