Peter Seewald war Redakteur und Autor bei Spiegel, Stern und dem Magazin der Süddeutschen Zeitung. Seine Bücher mit Joseph Kardinal Ratzinger, Salz der Erde und Gott und die Welt, wurden in 30 Sprachen übersetzt. Mit Papst Benedikt XVI. veröffentlichte er den Weltbestseller Licht der Welt, das erste Interviewbuch eines Papstes.
Gemeinsam mit seinem Sohn Jakob John, der studierter Literaturwissenschaftler und Fernsehjournalist ist, sammelte er dann über Jahre hindurch Zahlen und Fakten für ein Buch, das den Irrsinn unserer Zeit sichtbar machen will.
In der Gesamtschau des Buches entsteht auf diese Weise das faszinierende Panorama einer sich immer schneller drehenden Welt, die auf dem Weg ist, in den Abgrund zu steuern. Den Autoren geht es allerdings nicht darum, ein Untergangszenario zu entwerfen, sondern sie sehen ihr Buch als aufrüttelnden Appell an, schädliche Prozesse zu stoppen, bevor es zu spät ist.
Wir müssen endlich unsere Augen öffnen für den täglichen Wahnsinn, in dem wir leben, das ist die „Message“, die sich durch dieses lesenswerte Buch zieht. Das Schlimmste ist nämlich, dass wir uns längst schon an diesen Wahnsinn gewöhnt haben. Peter Seewald schreibt, dass wir uns erschöpft, kaputt, betäubt, wie Schlafwandler in so etwas wie einer allgemeinen Agonie befinden.
Unterteilt in Themen wie „Essen und Trinken“, „Geld“, „Umwelt und Verschmutzung“, „Cyberwelt“ oder „Krieg und Terror“ zeigen die beiden Autoren, wie sich die Erde immer mehr an ihr Limit bewegt. Die zahlreichen Zahlen und Fakten, die in langer akribischer Arbeit zu einem einzigartigen Protokoll zusammengetragen wurden, erscheinen dem Leser wie ein „Buch der Rekorde des Wahnsinns.“
Diese einzigartige Dokumentation wird durch kluge Essays abgerundet, die den Blick auf das Wesentliche schärfen. Im Epilog zu Welt auf der Kippe erinnert Peter Seewald an die beiden Päpste Benedikt XVI. und Franziskus. In seiner Enzyklika Caritas in veritate kritisierte Papst Benedikt XVI.: die „einseitige Logik des eigenen Nutzens und des maximalen Profits“ hemme die harmonische Entwicklung der Menschheitsfamilie.
Sein Nachfolger Papst Franziskus erklärte im Juni 2015, dass „die Erde unser Haus, sich immer mehr in eine unermessliche Mülldeponie zu verwandeln scheint“ und die „Wegwerfkultur“ und der „unhaltbare Lebensstil der Gegenwart“ nur in Katastrophen enden können.
Peter und Jakob Seewald zeigen in ihrem Buch, wie sehr sich die scheinbar utopischen Visionen von George Orwell und Aldous Huxley in vielen Bereichen unseres Lebens bereits verwirklicht haben. Man denke etwa nur an heutige Begriffe wie „Political Correctness“ und „Gender Mainstreaming.“
Aufschlussreich ist auch das Kapitel über die „digitale Gesellschaft“, in der wir leben. Wäre das Internet ein Staat, wäre es aufgrund seiner Umsätze im Jahr 2016 nach USA, China und Japan die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Die Autoren zitieren den Medienhistoriker Douglas Rushkoff, der davon spricht, es seien die digitalen Technologien selbst, die unsere Welt gestalten werden – sowohl mit unserem als auch ohne unser ausdrückliches Mitwirken. Gerade deshalb zähle der jetzige Moment. Abschließend stellen die Autoren fest, die Krise berge die Chance, unseren Sinn für das Leben zu stärken: „Der Blick auf die Apokalypse gibt der Zukunft den Ernst, der ihr inneliegt, und der Gegenwart die Hoffnung, die wir brauchen, um leben zu können.“
Welt auf der Kippe. Zu viel, zu laut, zu hohl – macht Schluss mit dem Wahnsinn. Von Peter und Jakob John Seewald, Verlag Ludwig, 272 Seiten, 19,60 Euro.