Gibt es so etwas wie eine natürliche, eine ursprunghafte Wesenheit der Frau? Eine feministische Ideologie wagt es heute, das zu bestreiten. Wesensunterschiede zwischen den Geschlechtern seien demnach umweltbedingte Festlegungen. Daher hat man im Erziehungswesen damit begonnen, die Jugend vom Vorschulalter an zu belehren, sie könne sich für ein Geschlecht ihrer Wahl entscheiden; denn die Geschlechtsunterschiede seien nicht angeboren, sondern ein veraltetes Konstrukt.
Es lässt sich allerdings voraussagen, dass es zwar in der jungen Generation zu mancher Verirrung und Verwirrung kommen wird, aber keineswegs zur allgemeinen Realisierung der angestrebten „Befreiung“ vom festgelegten Geschlecht; denn dieser sogenannte Genderismus entspricht nicht der Wahrheit.
Die Hirn- und Hormonforschung legt heute wissenschaftliche Fakten auf den Tisch: Die Geschlechter werden bereits im Mutterleib durch Geschlechtshormone eindeutig in verschiedener Weise zur Entfaltung gebracht. Die moderne Wissenschaft bestätigt, was uns bereits am Beginn der Bibel ins Stammbuch geschrieben wurde: Als Mann und als Frau schuf Gott den Menschen. Zum Jungen oder zum Mädchen – körperlich vorgeprägt – kommt das Menschenkind zur Welt.
Damit wird unbestreitbar, was Biologen und Entwicklungspsychologen lange schon beobachteten: Die Geschlechtsunterschiede sind angeboren (siehe S. 6-7) und entfalten sich während des Werdegangs des Kindes selbst in unserer modernen, so künstlich gewordenen Welt. Mädchen-Babys z. B. verhalten sich bereits in typischer Weise anders als Jungen-Babys.
In einer gesunden Umgebung lässt sich daher die Ausgestaltung des Mädchen-Kindes zur Frau in typisch weiblicher Eigenart beobachten. Sie wächst – immer stärker vom gleichaltrigen Jungen unterschieden – von Östrogenen, den Gechlechtshormonen, gesteuert - zu etwas besonderem, eben zur Frau, heran.
Die Ausreifung, besonders des Mädchen-Kindes zur natürlichen Schönheit der jungen Frau heranreifen zu sehen – was für eine Freude ist dies, wenn es in einer natürlichen gesunden Umgebung geschieht!
Dazu will ich von Rosmarie, der Tochter einer Freundin, und ihrem Aufwachsen erzählen, einer Entfaltung, wie sie bei glücklichen Außenumständen möglich sein kann.
Zur Tauffeier ihres ersten Sohnes wurde ich eingeladen. Da saß nun Rosmarie, diese 24-jährige junge Frau, mit ihrem Baby auf dem Schoß im Kreis der Eingeladenen. In ihren Augen war ein Glanz, der sich auf alle übertrug. Sie hatte die Arme um das Kissen geschlungen, auf dem das Kind lag, mit der Rechten streichelte sie immer wieder sein Köpfchen, lächelte es an, nahm sein Ärmchen, das sich ihr entgegenstreckte, in die Hand. Lässt sich größeres Glück denken?
Seit ihrer Taufe ist mir diese junge Frau gut bekannt, denn sie ist mein Patenkind. Dadurch hat sich ein sehr vertrautes Verhältnis zwischen uns entfalten können. Örtliche Nähe machte das möglich. Vom Kleinkindalter an haben wir durch all die Jahre einen Nachmittag in der Woche bei mir zu Haus verbringen können. Da ich darüber Notizen in mein Tagebuch gemacht habe, kann ich mich an die einzelnen Phasen ihrer Entwicklung recht gut erinnern. Als Anregung möchte ich davon berichten.
Da ich oft Gast im Haus der Freundin war, begann ich für Rosmarie bald zu einem nahen Menschen zu werden. Das zeigte sich schon bei der Einjährigen. Wenn ich das Zimmer betrat und ihr zuwinkte, nahm sie, als sie nur krabbeln konnte, die Beine in die Hand, robbte auf mich zu, umfasste eines meiner Beine, richtete sich daran auf und lächelte zu mir hinauf. Dann strebte sie einem Fach zu, entnahm diesem ein Bilderbuch und ließ mich durch Zeichen wissen, ich möge ihr vorlesen, ein Wink, dem ich natürlich mit Freude nachkam.
Das Mädchen zeigte in dieser Weise schon in so frühem Alter, dass sie mit wacher Intensität in der Lage war, eine Beziehung zu vertrauten Personen aufzubauen. Aber nicht nur das: Sie war dann – während sie neben mir saß, auch sehr anschmiegsam, strich mit ihren Händchen über mein Knie und lehnte ihren Kopf an meinen Arm. Wie erfolgreich praktizierte sie schon in diesem Alter die Kunst zu lieben! Und wie aufgeschlossen blieb sie gleichzeitig für das vorgebrachte Bildmaterial!
Typische Mädcheneigenschaften wurden hier sichtbar: Tatkräftige Aufmerksamkeit, Wille zur Kommunikation und liebevolle Zuwendungsbereitschaft. Und phasengerecht wurde diese Zielhaftigkeit ausgebaut. Bald interessierten sie auch kleine kindgemäße Texte, wollte sie davon mehr und Längeres und begann Vorlieben zu entwickeln: Vorab für die guten Menschen in meinen Geschichten, die sie dann bald mit ihren Handpuppen nachzuspielen begann.
Rosmarie konnte bereits als Vierjährige unermüdlich zuhören, so aufmerksam, dass sie mich am nächsten Tag sofort ein wenig ärgerlich korrigierte, wenn ich nicht genau am Text vom Vortag blieb.
Aber Rosmarie hatte nicht nur gute Tage. Gelegentlich hatte ich einen gleichaltrigen Jungen aus einer anderen Familie hinzugeholt. Solange sie klein war, begegnete sie diesem zunächst mit Befremdetsein. In ihrem Gesicht ließ sich ablesen: „Was willst du hier? Tante Emi gehört mir allein!“ Sie entwickelte also auch ein gesundes Ich und, beim Auftreten von Fremden, ein natürliches Abwarten, ob dieser auch vertrauenswürdig sei. Eine typische Fraueneigenschaft wurde sichtbar: Ein starkes Bedürfnis nach Nähe – aber nach vorausgegangener Prüfung – nicht einfach mit jedermann!
Noch vor dem Schulalter begann Rosmarie ein gesundes Schamgefühl zu entwickeln. Einmal ergab sich die Notwendigkeit, sie abzuseifen und neu einzukleiden, da sie zuvor in eine Pfütze gefallen war. Und ich spürte, wie unangenehm es ihr war, dass ich sie auskleidete. Ihre Nacktheit wollte das Kind selbst mir nicht preisgeben.
Selten kam Rosmarie damals zu mir ohne ihre Lieblingspuppe, und ich hatte es mir zur Freude gemacht, eine kleine Ausstattung mit Wagen und Kleidern für Babs bereit zu halten. In den Spielen mit der Puppe wurde ich manchmal total überflüssig. Bis weit ins Grundschulalter begann sie intensiv ein Eigenleben mit ihrer Babs, der sich bald auch ein Peterle hinzugesellte. Ausfahren und umkleiden waren dabei dominant, aber auch das Füttern und – was mich besonders erfreute – das Singen mit ihren Puppenkindern kam nicht zu kurz. Bald verfügte sie über ein ganzes Repertoire hübscher Kinderlieder. Es blieb dann auch nicht nur beim Einsingen ihrer zum Schlafen gelegten Puppen, sondern zwischendurch wurde auch nach rhythmischen Liedern mit Babs und Peterle getanzt.
Das war ebenfalls Merkmal weiblicher Ausgestaltung: Rosmarie übte intensiv und mit Leidenschaft ihre mütterliche Wesenhaftigkeit ein. Und sie zeigte eine typisch weibliche Musikalität: Tänzerisch ist in der Tat die Frauenseele!
Einige Male war Rosmarie auch mit einer Erkältungskrankheit geplagt. Danach ließ sie Babs und Peterle häufig krank werden, um sie dann mit Nachahmungsspielen zu pflegen und als besorgte Puppenmama zum Doktor zu fahren. Die Frauenseele ist dazu angelegt, heil zu sein und heil zu machen. Wie wertsteigernd sind diese Eigenschaften!
Im Grundschulalter änderte sich phasengerecht unsere Beziehung. Die Schule trat in den Mittelpunkt. Wenn Rosmarie jetzt kam, zeigte sie große Lust, mir das Erlebte genau zu berichten. Sie fragte viel, wenn ihr etwas unverständlich war. Und sie hörte aufmerksam zu, wenn ich antwortete. Aber mit dem Ausklingen der Grundschulzeit begann sie auch kritisch zu werden. Schreihälse mochte sie nicht, die Unruhigen versuchte sie zu umgehen. Sie wunderte sich über auffällig gekleidete Kinder und schüttelte darüber den Kopf. Sie trug gerne Röcke. Etwas Hübsches, Neues in der Kleidung wurde mir freudig präsentiert. Sie verkleidete sich auch gern, am liebsten spielte sie Prinzessin – in Rosa. Gäbe es keine echten Frauen, wäre die Modebranche bald arbeitslos.
Aber ihre Bereitschaft, sich anzupassen, bleibt dabei nicht stehen: Auch das Suchen nach Verstehen des Anderen ist eine weibliche Eigenschaft, die bewirkt, dass die Hörsäle der Psychologen in den Universitäten mit Studentinnen regelmäßig überfüllt sind.
Rosmarie war im ersten Gymnasiumsjahr, als sie mir erzählte, dass ihr der Thomas mehr gefiele als die anderen Jungen: „Den Thomas könnte ich heiraten,“ sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln. „Ich will dann ein weißes Kleid haben und einen langen Schleier.“
Und sie war bereits durch die Geschlechtsreife hindurch, als sie mit einem ganzen Paket von Fragen in dieser Hinsicht an mich herantrat. „Ja“, sagte sie, „den Thomas will ich wirklich. Aber wie die andern das machen, gefällt mir auch nicht richtig: Die Mädchen in der Klasse haben alle einen Freund. Mit dem schlafen sie dann, und vorher nehmen sie die Pille. Und wenn sie die vergessen, dann holen sie sich aus der Apotheke die Pille danach. Ich möchte eigentlich auch meinen Thomas ganz – aber was ist eigentlich richtig? Ich will Thomas ja heiraten, und ich merke immer wieder, dass ich ihm total gehören möchte, mit Haut und Haaren und in alle Ewigkeit. Außerdem will ich mit ihm Kinder haben. Doch das geht ja wirklich noch nicht. Papa sagt: ,Jeder Mensch muss erst eine Ausbildung machen und sich selbst ernähren können.’ Aber wenn ich erst Abitur und eine lange Ausbildung machen muss, dauert es doch noch 10 Jahre, bis ich heiraten kann! Ja, mit Thomas gehe ich jetzt, und er hat mich auch schon ein paarmal geküsst. Er möchte bestimmt auch nicht so, so, so lange warten.“
Aufmerksam hörte Rosmarie zu, und dieses Thema mit allen weiteren auch theoretischen Fragen zur Sexualität blieb eine ganze Weile unser Hauptthema. Immer wieder bohrte sie nach: „Wieso soll denn der Jugendsex nicht gut sein? Ich will doch gar nicht so rumschlafen wie die anderen.“ Begierig las Rosmarie nun die guten Aufklärungsbücher, die ich ihr schenkte.
Fazit: Gesunde Frauenseele hat Sehnsucht nach Ganzhingabe und zwar an den Einen, den einzigen, den zu ihr passenden Mann!
Plötzlich gab es einen Sturm. Zwei Stufen auf einmal nehmend stürmte Rosmarie die Treppe hinauf: „Ich hab Krach mit Papa“, rief sie, „und Mama steht hinter ihm. Ich habe ihnen den Vorschlag gemacht, mit der mittleren Reife gleich in die Ausbildung als Dorfhelferin zu gehen. Dann bin ich in drei Jahren fertig, und Thomas und ich können endlich Nägel mit Köpfen machen. Meine Eltern tun so, als wenn nur Schule und Uni mich wertvoll machen könnten. Glaubst Du das auch, Tante Emi?“
Rosmarie weinte, und ich versuchte, ihr die Auffassung ihrer Eltern zu erklären. „Immer dieses Lernen, immer nur herumsitzen. Ich merke doch, dass da etwas in mir anders will. Jetzt habe ich nach der Messe den Herrn Jesus gefragt. Wenn man bald heiraten und eine Familie bilden will, freut er sich, habe ich gedacht.“
Um sich zurechtzufinden, schlug sie vor, mit mir Brötchen zu backen: Frauenseele sucht bei Konflikten nach Aussprache und Spannungsbewältigung durch konstruktive Aktivität. Gefühlsbefriedigung hat Dominanz vor Rationalität.
Das Ende vom Lied: Rosmarie gehorchte den Eltern. Aber mancher Seufzer, mancher Ärger auch über „verschwendete Zeit“, als was sie manches Schulprojekt erlebte, wurde zu mir hingetragen. Gereifte Frauenseele liebt Frieden mehr als Zerwürfnis und hat dadurch eine hohe Anpassungsfähigkeit.
Aber dann durfte ich wirklich dieses miterleben: Die Verlobung, die Verabredung der beiden aus Vernunft mit der totalen Vereinigung bis zur Hochzeit zu warten; die vielen Gespräche mit all dem Nachdenken über Details: „Schlussendlich müssen wir doch auch nicht so lange lauern, bis wir uns eine Dreizimmerwohnung leisten können,“ meinte die angehende Erzieherin. „Na gut,“ fügte sie hinzu, „Vaters Pochen auf den Abschluss ist sicher richtig, man kann ihn wohl später brauchen, aber erstmal will ich sechs Kinder und die so lieb aufziehen, wie Mama das mit uns Sieben gemacht hat. Das weiß ich jetzt von meinen jüngsten Brüdern: Bei denen muss noch lange erzogen werden, die kann man nicht einfach so wild drauflos laufen lassen…“ Opferbereitschaft erwächst in der Frauenseele, wenn sich Übereinstimmung mit dem angepeilten Lebenssinn und dem Wunsch nach Verwirklichung seiner Erfüllung ergibt.
Und nun die Tauffeier vom kleinen Manuel. Können Sie, liebe Leser, sich vorstellen, um wie viel Segen ich dabei für das Lebensmodell meines Patenkindes gebetet habe?