Advent: Schwingt da die nicht die Vorstellung von stiller, freudiger Erwartung mit? Dabei ist er eine Zeit hektischer Erledigungen bis zum Stichtag 24. Dezember geworden. Wie kann man da in der Familie den Advent leben?
Ratet, auf was ich mich freue – auf Weihnachten!“, verkündete unsere Tochter bereits im Sommerurlaub. Und tatsächlich: Keine Zeit im ganzen Jahr wird mit so viel Vorfreude erwartet, kein Fest wird so lange und festlich gefeiert. Zu keiner Jahreszeit gibt es so viele Bräuche, und niemals sonst im Jahr ist „Stimmung“ und „Gefühl“ so wichtig.
Das macht diese Zeit für uns alle – unabhängig davon, wie alt wir sind – einzigartig. Aber genau das macht die weihnachtliche Zeit auch so anfällig, denn wir alle wissen, wie unbeständig Gefühle und Stimmungen sind.
Man hat uns gebeten, von unserer Familie zu erzählen, wie wir im Advent Stille finden, trotz Großfamilie. Dieser Bitte kommen wir nach, wenn auch zögerlich. Über den Heiligen Abend könnten wir leichter schreiben, hier hat sich in den letzten 24 Jahren ein wunderschönes Fest entwickelt. Aber über die Stille im Advent? „Oje!“, meint mein Mann: „Im Advent machen wir doch gar nichts Besonderes.“
Doch dann haben wir kurz überlegt und müssen zugeben, dass unser Advent ebenfalls schön ist, voller Stimmung und tatsächlich die meiste Zeit voller Ruhe. Vielleicht gerade deswegen, weil wir nichts Besonderes „tun“. Und vielleicht gerade auch deswegen, weil wir ziemlich genau wissen, wie wir den Heiligen Abend feiern und was für unsere Familie an diesem Abend wichtig ist und was nicht. Denn der Advent ist ja keine abgeschlossene Zeit in sich, sondern geprägt durch die Vorbereitung auf Weihnachten.
Was machen wir also in der Adventszeit?
Wir sitzen fast jeden Tag zu einer Nachmittagsjause zusammen, und ich lese den Kindern vor. Im Advent gibt es statt Äpfel einfach Mandarinen, Lebkuchen und Nüsse. Und zum Vorlesen die typischen Weihnachtsgeschichten.
Natürlich haben wir auch einen Adventskranz. Und beim Abendgebet brennt jede Woche eine Kerze mehr. Das ist nichts Besonderes, einen Adventskranz hat jede österreichische Familie. Aber ein Abendgebet vielleicht nicht. Hier nimmt mein Mann nach unseren typischen Gebeten und vor einem Adventlied verstärkt einen Band der Glaubensbuchreihe Glaube und Leben durch. So versuchen wir, die Kinder auf Weihnachten vorzubereiten. Damit nicht nur ihre Gefühle, sondern auch ihr Verstand angesprochen wird. Das braucht nicht viel Zeit, höchsten 15 Minuten. Denn auch wenn wir ein stimmungsvolles Fest feiern möchten, ist es nicht ein Fest der Stimmung, sondern das Fest der Geburt unseres Herrn.
Die Krippe bauen wir am ersten Adventsonntag auf. Die Figuren kommen dann langsam dazu. Zur leeren Krippe führt ein Weg aus 24 Teelichtern, das ist unser Adventkalender.
Aber durch diese Kleinigkeiten kehrt wohl kaum Stille in eine Großfamilie ein. Wenn wir es uns recht überlegen, kehrt diese weniger durch unser Tun ein, sondern vielmehr durch unser Nicht-Tun.
So mache ich den Adventkranz nicht selbst, obwohl ich jedes Jahr stark gegen diese Versuchung anzukämpfen habe.
Für unser Abendgebet haben wir kein eigenes Heft mit Adventliedern gebastelt, die wichtigsten können wir auswendig und ansonsten helfen uns einige Exemplare des Gotteslob.
Wir haben keine Vorspielabende der Musikschule und die Weihnachtsfeier der Volkschule ist nicht für die Familie am Abend, sondern für die Großeltern und Senioren des Ortes an einem Vormittag.
Die selbstgebackenen Kekse gibt es nicht im Advent, sondern erst am Heiligen Abend. Zumindest in dieser minimalen Weise erinnern wir uns daran, dass diese Zeit eigentlich eine Fastenzeit wäre. Und zusätzlich wurde dadurch die benötigte Menge an Bäckereien stark reduziert.
Als unser siebentes Kind nach einer anstrengenden Schwangerschaft an einem 18. Dezember auf die Welt kam, war klar: Diese Weihnachten gibt es nicht viele verschiedene Sorten an Keksen. Wir beschlossen – um den Kindern eine schöne Erinnerung zu schenken – zumindest eine Sorte zu backen. Und wie Sie sicher erraten: Die fehlende Vielfalt an Keksen hat die Weihnachtsfreude nicht geschmälert. Seitdem habe ich das Credo meiner Herkunftsfamilie – „Schrecklich, ich habe heuer keine 20 verschiedenen Sorten geschafft!“ – abgelegt. Nur eine einzige Sorte hat es seitdem nie mehr gegeben, aber vier bis sieben reichen uns völlig.
Wir machen keinen Weihnachtsputz. Obwohl ich eine ganz traditionelle Hausfrau bin und Weihachten immer zum Anlass genommen habe, auch die ungenütztesten Küchenkästen zu reinigen und den letzten Vorhang zu waschen. Die Idee, den Weihnachtsputz einfach zu einem Herbstputz umzutaufen und als Stichtag den ersten Adventsonntag statt dem 24. Dezember zu nehmen, war eine Änderung mit positiven Folgen. Was bis dorthin nicht gemacht wird, kann auch bis nach Weihnachten warten.
Eine saubere und aufgeräumte Wohnung erhöht den Festcharakter enorm, doch dazu gehört wohl kaum, dass tatsächlich die Hinterwand jedes Kleiderschrankes gereinigt wurde. Und falls am Heiligen Abend im Garderoberaum Chaos herrschen wird – dazu genügt es, ein 18-Monate altes Kind für zehn Minuten unbeaufsichtigt zu lassen – dann (das habe ich mir zumindest vorgenommen) werde ich mich nicht ärgern, sondern die Tür still und leise schließen.
Aber es gibt eine Sache, die mich zwischen all diesem Tun und Nicht-Tun beunruhigt. Es ist das Wissen, dass es nicht genügt, unsere Kinder auf das Fest der Geburt des Herrn vorzubereiten. Das wäre zu wenig, wenn ich vergesse, dass es zuerst einmal das Fest der Geburt meines Herrn ist. Und irgendwie hat man im Advent nicht automatisch mehr Zeit für das persönliche Gebet, nur Jesus und ich. Irgendwie ist es im Advent nicht leichter als im restlichen Jahr. Irgendwie wird sich wahrscheinlich auch in diesem Advent mein persönliches Drama Tag für Tag wiederholen: Zeit genommen, keine Zeit genommen…
Die Autorin ist Mutter von zwölf Kindern. Mit ihrem Mann betreibt sie den Verlag ehefamiliebuch.