VISION 20001/2017
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Und das viele Leid – woher?

Artikel drucken Ãœber das Wirken Gottes in unserer Welt (Alain Bandelier)

Wenn irgendwo drei Menschen gerettet werden, dankt man Gott. Sterben bei einer Katastrophe hunderte, heißt es, das dürfe man Gott nicht in die Schuhe schieben. Wie soll man sich Gottes Wirken in unserem Leben vorstellen?


Eine verwirrende, verunsichernde Frage. Wer aber auf seinem intellektuellen Komfort besteht oder auf seiner Ruhe, braucht sich gleich gar nicht weiter mit Gott beschäftigen! „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, meine Wege sind nicht eure Wege,“ erklärt der Ewige.
Die Bibel bezeugt die Gegenwart Gottes in unserem Leben, eine treue, wachsame, wohlwollende, auch anspruchsvolle Gegenwart. Die Propheten und die Psalmisten betonen es ununterbrochen. Für Jesus ist das Sorgen wegen der Zukunft Zeichen eines mangelnden Glaubens. Gott, der die Vögel nährt und das Gras auf den Feldern schmückt, werde uns nicht verlassen.
Aber Vorsicht! Dieses kindliche Vertrauen darf nicht kindisch sein. Es bedeutet nicht, dass die Gläubigen vor Schwierigkeiten im Leben bewahrt bleiben; sie teilen das Los der anderen, sind kein Club der Privilegierten. Dieses Vertrauen unterstellt auch nicht, dass man stets alles Geschehen, vor allem das dramatische, zu durchschauen vermag.
An dieser Stelle ist es gut, an ein wesentliches Faktum des Glaubens zu erinnern: Gott ist kein Element des Universums, ein Wesen unter anderen Wesen; Sein Wirken steht nicht in Wechselwirkung mit anderen, geschaffenen Einflüssen, wie immer diese auch seien (Naturereignisse, historische Umstände, menschliche Freiheit); dieses Wirken hat seinen Ort auf einer anderen Ebene.
Um das auszudrücken, sagt man, Gott sei die Erstursache und alles andere sei Zweitursache. Damit wird klar, dass nicht alles, was geschieht, Gott unmittelbar zugeschrieben werden muss: Es geschehen Dinge, die Er nicht will, die nicht Sein Werk sind.
Für das Böse, das Menschen tun, ist das einsichtig: Gott ist das Risiko unserer Freiheit eingegangen. Schwieriger ist es bei Naturkatastrophen: Für sie können wir nichts – jedenfalls auf den ersten Blick. Manche Katastrophen ereignen sich allerdings aufgrund menschlicher Irrtümer. Aber vielleicht sind auch die anderen nicht ohne Zusammenhang mit der Unordnung, die in der Menschheit vorherrscht: Sind die entfesselten Elemente vielleicht nur ein Reflex unserer entfesselten Leidenschaften? Das ist nur eine Hypothese. Sie stimmt jedenfalls für die Ursünde: Sie hat das Gleichgewicht des Menschen und des Kosmos zutiefst durcheinander gebracht.
Jedenfalls bekennen wir gemeinsam mit Paulus, dass Gott in Seiner Weisheit und Güte die Macht hat, „bei denen, die Ihn lieben, alles zum Guten“ zu führen (Röm 8,28). Nicht alles entspricht Seinem Willen, aber nichts entgeht Seiner Vorsehung.  So kann der heilige Thomas Morus, bevor er als Märtyrer stirbt, als wahrhaft Glaubender seiner Tochter sagen: „Nichts geschieht ohne den Willen Gottes. Alles jedoch, was Er will, so schlimm es uns auch erscheinen mag, ist dennoch für uns das Bestmögliche.“
Für den Heiden, der an das Schicksal glaubt, ist im voraus alles schon festgelegt und man kann es in den Tarot-Karten, den Sternen oder bei den Nostradamus-Prophezeiungen ablesen. Wer an den Zufall glaubt,für den ist alles eine Glückssache und sinnlos. Für den, der einen Vater im Himmel hat, kann alles zum Zeichen werden.

Aus Famille Chrétienne v. 14.11.98

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