Die Auferstehung Christi ist der Angelpunkt des christlichen Glaubens, Zeugnis Seiner alles Vorstellbare übersteigenden Einmaligkeit in der Geschichte. Dies glaubwürdig zu verkünden, ist die große Herausforderung für die Christenheit heute.
Um auszudrücken, dass Jesus auferstanden ist, bezeichnet das Neue Testament Ihn häufig als den Lebenden. Dieser Name wird Ihm am Ostermorgen gegeben: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ Dem Seher von Patmos stellt Jesus sich in der Apokalypse so vor: „Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige.“ Und Paulus schreibt „Zwar wurde Er in Seiner Schwachheit gekreuzigt, aber Er lebt aus Gottes Kraft.“ Der Hohepriester schließlich, von dem im Hebräerbrief (7,25) die Rede ist, „lebt allezeit“, um für uns einzutreten.
Im Gegensatz dazu spricht man nicht davon, dass Jesus wiederbelebt sei. Dieser Ausdruck wäre zweideutig, weil man meinen könnte, dass Jesus einfach wieder ins Leben zurückgefunden habe, in das Leben, das Er vorher gelebt hatte – auf den Straßen Galiläas zur Zeit des Pontius Pilatus. Die Auferweckungen, die Jesus vor Ostern wirkt, sind eine Art Wiederbelebung, eine Fortsetzung des Lebens, eine „Rückkehr in das irdische Leben“, wie es der Katechismus der Katholischen Kirche ausdrückt. Die Tochter des Jairus, der junge Mann von Naim, Lazarus, sie kehren ins Leben zurück. Aber sie werden erneut sterben müssen. „Die Auferstehung Christi ist wesentlich anders. (…), so dass der hl. Paulus Christus als den „Himmlischen" bezeichnen kann… Dieser echte und wirkliche Leib besitzt jedoch zugleich die neuen Eigenschaften eines verherrlichten Leibes: Jesus ist nicht mehr an Ort und Zeit gebunden, sondern kann nach Belieben da sein, wo und wann Er will. Seine Menschennatur kann nicht mehr auf der Erde zurückgehalten werden und gehört nur noch dem göttlichen Bereich des Vaters an.“ (KKK 645f)
Und dennoch ist es der Leib desselben Jesus Christus, der gekreuzigt worden und der auferstanden ist. Insofern ist das Zeugnis vom leeren Grab von entscheidender Bedeutung. Wenn man das Neue am Ostergeschehen einseitig überbetont, riskiert man, daraus eine Neuschöpfung zu machen – keine Auferstehung. Zunächst wird man wohl vom Eingreifen Gottes sprechen: Das Ostergeschehen würde so zum Auftreten eines mystischen Christus, der in keinem Zusammenhang mit dem historischen Jesus steht. Fast unausweichlich folgt daraus, dass man in einem zweiten Schritt von einer menschlichen Erfindung spricht: einem nur geistigen Geschehen, das den Glauben der Jünger ausdrückt.
An dieser Stelle hilft uns der berühmte Zweifel des Thomas weiter. Dabei legt der als ungläubig verschriene Thomas das markanteste Glaubensbekenntnis ab: „Mein Herr und mein Gott!“ Da geht es weniger um Zweifel als um Klarstellung: Ich glaube an die Auferstehung nur, wenn der Leib des Auferstandenen auch der Leib des Gekreuzigten ist.
Da hat Thomas fraglos Recht. Haben wir es nicht mit dem Jesus zu tun, den wir gekannt und geliebt haben, sondern mit jemand anderem, so stecken wir im ärgsten, ironischen Missverständnis. Wenn sich an Jesu Menschsein, an Seinem Leib nichts ereignet hat, wird sich auch an uns nichts abspielen. Dann ist der christliche Glaube reiner Dekor.
Genau dem widerspricht der Apostel (1Kor 15,20): „Nun aber ist Christus von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen“, Beginn und Verheißung einer Auferstehung für alle Toten also. Im Glauben müssen wir daher bei der Auferstehung – Seiner und unserer – von Kontinuität und von Bruch sprechen. Gäbe es letzteren nicht, hätten wir es nur mit dem Grenzfall einer Art medizinischer Wiederbelebung zu tun. Gäbe es keinerlei Kontinuität, hätten wir es mit einer anderen, für uns Sterbliche uninteressanten Welt zu tun. Im einen wie im anderen Fall gäbe es nicht diesen „Hinübergang“, also Ostern. Was die Evangelien über die Erscheinungen berichten, zeigt im Gegenteil aber dieses Zusammenspiel von Kontinuität und Bruch sehr gut.
Famille Chrétienne v. 19.7.03
Wir bezeugen den Glauben an Jesus Christus
Die Welt, in der wir leben, ist zutiefst durchdrungen von christlichen Glaubensvorstellungen und den daraus resultierenden Werten. Und die sind unser aller Sorge wahrlich wert.
Der Islam nun freilich, so viel Realismus müssen wir aufbringen, ist eine postchristliche Erscheinung, die mit dem Anspruch auftritt, die Kerngehalte des Christentums zu negieren: Den Glauben an den dreifaltigen Gott, die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und sein Erlösungswerk am Kreuz.
Nur wer seinen eigenen Glauben entweder nicht kennt oder nicht ernst nimmt, kann hier eine weit reichende Integration des Islam als Islam für möglich halten.
Der Bischof ist Pontifex, Brückenbauer, nicht Murifex, Mauerbauer. Und wir bezeugen vor der ganzen Welt den Glauben an Jesus Christus, bieten die Brücke an, laden ein, die Brücke zu betreten, die der allmächtige Gott selbst in Jesus Christus zur Welt geschlagen hat.
Bischof Rudolf Voderholzer,
Aus der Predigt des Bischofs von Regensburg zum 4. Jahrestag seiner Bischofsweihe am 26.1.17