VISION 20005/2017
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Treu – auch nach dem Scheitern

Artikel drucken Die Gemeinschaft „Familie Solitude Myriam“ hilft Geschiedenen, zum Eheversprechen zu stehen

Ehen scheitern aus unterschiedlichen Gründen. Dann stellt sich die Frage: Wie geht es weiter? Wieder (diesmal zivil) heiraten? Der dem Christen nahegelegte Weg heißt: Treue – trotz allem. Zwei Zeugnisse.

Die größte Katastrophe meines Lebens


Zur Jahreswende 2009-2010 hat sich meine Frau einem anderen Mann zugewandt und ist ausgezogen. Knapp drei Jahre später hat sie ihren neuen Partner standesamtlich geheiratet. Für mich war das – nach fast 25 Jahren Ehe – die größte Katastrophe meines Lebens. Bei der Eheschließung hatte ich meiner Frau versprochen, sie zu lieben, zu achten und zu ehren, „bis dass der Tod uns scheidet“. Wir hatten es beide ernst gemeint. An der Gültigkeit unserer sakramentalen Ehe besteht deshalb kein Zweifel.
Unsere vier Kinder haben sich der neuen Situation – soweit man das „von außen“ beurteilen kann – gut angepasst. Trotzdem dürfte die Trennung ihrer Eltern bei ihnen Spuren hinterlassen haben, vor allem, weil sowohl meine Frau als auch ich in verschiedenen Funktionen unseren Glauben offen und öffentlich praktiziert hatten. Wenn bei scheinbaren „Vorzeige-Christen“ die Ehe „kaputt geht“, wie kann man dann überhaupt noch am Lebensmodell Ehe und insbesondere dem katholischen Eheverständnis festhalten?
Mir ist bewusst, dass meine Frau nicht ohne Grund gegangen ist. Ihre Unzufriedenheit über die Entwicklung unseres Ehelebens hatte sich über einen längeren Zeitraum angestaut. Dass unsere Beziehung nicht mehr gut „funktionierte“ und die Gefühle immer weiter abkühlten, habe ich irgendwie registriert, aber nicht wirklich ernst genommen. Vor allem habe ich das Ausmaß der Unzufriedenheit nicht erkannt.
Ich dachte, dass sich äußere Belastungen auf unsere Ehe negativ auswirkten, insbesondere Belastungen aus der beruflichen Tätigkeit meiner Frau. Ohne es groß zu reflektieren, erwartete ich, dass sich die „schlechte Stimmung“ wieder verflüchtigen würde. Doch dann stand ich plötzlich vor vollendeten Tatsachen…
In den ersten Wochen war ich innerlich sehr erschüttert und haderte auch mit meiner christlichen Glaubensüberzeugung. Ich konnte mir nicht vorstellen, den Rest meines Lebens allein zu verbringen. Und selbst in katholischen Kreisen ist die Meinung verbreitet, dass man nach einer Wiederheirat des geschiedenen Ehepartners sich ebenfalls eine neue Partnerin bzw. einen neuen Partner suchen dürfe.
Mir war aber schon bald klar, dass dieser Weg für mich nicht in Betracht kam. Eine neue Beziehung und ggf. Wiederheirat stünde im Gegensatz zu meinem Eheversprechen. Wer eine zweite Beziehung eingeht oder ein zweites Mal heiratet, verstößt gegen die Unauflöslichkeit der Ehe, auch wenn er von seinem Ehepartner verlassen wurde und die Trennung eigentlich nicht wollte. Das Zusammenleben mit einem neuen Partner widerspricht immer dem Treueversprechen, das man gegenüber seinem sakramentalen Ehepartner abgegeben hat.
Auch der am Scheitern der Ehe tatsächlich oder vermeintlich „unschuldige“ Ehepartner ist und bleibt gebunden, weil er es vor Gott – besiegelt im Sakrament der Ehe – versprochen hat. Er kann nicht seinerseits die Treue aufkündigen und eine neue Beziehung eingehen, weil er meint, sein Ehepartner sei endgültig vom rechten Weg abgekommen. Er muss vielmehr für die Umkehr des „schuldigen“ Ehepartners offen bleiben, denn für Christen kann es kein definitives und unkorrigierbares Scheitern geben.
Was ist, wenn meine Frau in fünf oder zehn Jahren vor der Tür steht und sagt: „Mir ist nach ernster Gewissenserforschung klar geworden, dass ich mein Versprechen, das ich Dir vor dem Altar gegeben habe, halten muss. Ich will mit Gottes Hilfe einen Neuanfang machen.“ Dann möchte ich nicht sagen müssen: „Das freut mich irgendwie sehr, aber es ist zu spät, ich habe wieder geheiratet. Meine Frau sitzt im Wohnzimmer“.
Ich habe mich bewusst dafür entschieden, an der ehelichen Treue festzuhalten, und diese Entscheidung seither nie bereut. Christsein bedeutet nicht das Fürwahrhalten einer Lehre, sondern tatsächlich gelebte Nachfolge. Es geht darum, das eigene Leben so zu gestalten, dass es dem Vorbild Christi entspricht. Die Treue und Opferbereitschaft Christi ist für mich die Richtschnur, nach der ich mein Leben gestalten will. Deshalb hat mich die Trennung nicht aus der Bahn geworfen. Mein Glauben und meine Christusbeziehung haben sich vielmehr vertieft.
Jesus war und ist treu, treu bis in den Tod. Christliche Eheleute müssen deshalb ebenfalls treu sein – nicht, weil es ihnen von anderen als Last auferlegt wird, sondern weil sie es selbst versprochen haben. Christusnachfolge ist manchmal schwer und bedeutet, „sein Kreuz auf sich zu nehmen“ (Mt 10,38). Das kann ich bezeugen. Aber es lohnt sich. Diesen Weg kann jeder gehen. Der Austausch mit Menschen, die in gleicher Weise betroffen sind und sich ebenfalls für den Weg des Glaubens entschieden haben, ist dabei eine große Hilfe.
Rainer


Ich vertraute alles Gott an

Geschieden bin ich seit über 15 Jahren. Mein Mann sagte mir eines Tages – nach 18 Jahren Gemeinsamkeit, davon 13 Jahre Ehe – wir würden uns in verschiedene Richtungen entwickeln. Nachdem er sich selbstständig machte, wurde ich zu wenig für ihn. Zuviel Hausfrau, zu wenig Partnerin?? Er zu sehr Egoist!? Ich weiß es nicht so genau. Wir hörten auf, miteinander zu reden. Manchmal denke ich, ich hätte mehr um unsere Ehe kämpfen sollen. Unsere Tochter war 11 Jahre. Wir trennten uns im Guten, ohne Streit, vorwiegend unserer Tochter zuliebe. Aber, ob im Guten oder im Streit, eine Trennung der Eltern ist immer schlimm für ein Kind! Mein Mann und ich verstehen uns immer noch gut. Er hat seit Jahren eine neue Beziehung. Ich blieb alleine. Für mich gilt das Hochzeitsversprechen vor Gott „Treu, bis der Tod euch scheidet.“
Und wie meist im Leben, kommt nach Regen Sonnenschein. Jesus war lange schon bei mir, ich hatte es nicht erkannt. Jetzt fand ich Ihn! Ich hatte das Glück, in der Nachbargemeinde eine Klostergemeinschaft zu entdecken, wo mich jede Predigt tief berührte und fing an, das neue Testament zu lesen und Gott zu vertrauen. Ich gewann neue Freundinnen, die mich zu Schweigeexerzitien nach Kremsmünster mitnahmen. Ich wusste nicht mal, was Exerzitien waren. Eine Freundin sagte nur: „Mach dein Herz auf!“ Mein Glaube vertiefte sich schlagartig. Ich hatte auch eine Jesusbegegnung. Er sagte zu mir, ich darf zu Ihm kommen.
Seither ist mein Leben ein einziges Geschenk. Ich fuhr mit dem Gefühl im Herzen nach Hause, nichts im Leben könnte mich erschüttern. Trotz einiger Tiefschläge in den letzten Jahren (Arbeitsverlust durch Insolvenz, dadurch große finanzielle Probleme, Einbruch in meiner Wohnung,…) kam des Gefühl der Angst nie auf. Ich vertraute alles Gott an, und es wendete sich alles zum Guten für mich. Ich bin geborgen, getragen und beschenkt von Jesus.
Wieder war es die gute Freundin, durch die ich zur Gemeinschaft „Solitude Myriam“– Salzburg – kam. Wir sind zu einer Familie geworden. Wenn einen etwas bedrückt, wird man aufgefangen und versucht zu helfen. Man braucht keine Scheu davor zu haben, über Probleme zu sprechen. Wir sind alle Betroffene, und man fühlt sich angenommen. Auch die Freude wird geteilt, und der Heilige Geist ist jedes Mal sehr spürbar im Gebet und Lobpreis. Ein Wort aus dem Markus­evangelium (Mk 11,24) hat mir oft schon geholfen: „ Darum sag ich euch: Alles, worum ihr betet und bittet – glaubt mir, dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil!“
Sieglinde

Infos über Treffen und Seminare der Gemeinschaft Familie Solitude Myriam in Österreich und Deutschland:
www.familiesolitudemyriam.org
Die nächten Treffen in Salzburg finden also am 1.10, 5.11. und am
3.12. jeweils von 14 bis 17 Uhr im Haus der Barmherzigen Schwestern im Salzachgässchen 3, 5020 Salzburg statt.

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