Der Mensch kann nicht leben ohne einen Lichtschimmer aus einer besseren und ewigen Welt, ohne einen Hauch von Hoffnung, der über dieses enge begrenzte Leben hinaus weist. Diese Hoffnung suchen heute viele Menschen in den zahllosen spirituellen, spiritistischen und okkulten Angeboten der Esoterik, um das Leben in dieser „stummen kalten Wüste“, wie Nietzsche es nannte, eher auszuhalten.
Immer mehr Menschen suchen über ein sogenanntes „Medium“ die Verbindung zur geistigen Welt, vor allem auch in Situationen, in denen sie durch einen plötzlichen Unfalltod, durch einen Suizid oder sonst ein grausames Geschehen einen lieben Menschen verloren haben. Der Schmerz ist oft zu groß, zu heftig, zu grausam; man muss darüber sprechen können. Und wenn es angeblich sogar eine Möglichkeit gibt, mit dem „Toten“ selbst Kontakt aufzunehmen – wer könnte in solchen Schmerz hinein größeres Glück verheißen?
Christen, denen die Bibel als Wort des lebendigen Gottes heilig ist, gehen diesen Weg des Spiritismus und Spiritualismus – für die Bibel ist es ein unheilvoller Weg – nicht, auch wenn nicht alle dieser Versuchung widerstehen können. Der Ort, wo sich Christen vertrauensvoll hinwenden, ist für sie der lebendige auferstandene Christus in Seiner Verheißung: „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20). Das heißt: Ich bin bei euch in der Gemeinschaft der Glaubenden. Ich bin bei euch im seelsorglichen Gespräch. Ich bin bei euch im Gebet und in der Klage. Und ich bin bei euch in der heiligen Eucharistie. Ja, hier in besonders intensiver Weise.
In diesem Sinne schreibt Bischof André Mutien Léonard in seinem Buch Jenseits des Todes: „Deshalb ist die Eucharistie der beste Ort für unsere Gemeinschaft mit den Verstorbenen, denn dort treten wir, die wir noch auf Erden sind, in reale Gemeinschaft mit dem auferstandenen Jesus, an dem auch die Verstorbenen im Jenseits schon Anteil haben. Der beste Kontakt mit unseren Verstorbenen darf also nicht in den äußerst gefährlichen und oft magischen und sogar dämonischen Erfahrungen des Spiritismus, der Nekromantie oder der Geisterbeschwörung, sondern muss in der Teilhabe an der Eucharistie gesucht werden. Was die Botschaften von Verstorbenen angeht, die manche frommen Seelen zuweilen zu erhalten scheinen, so können diese positiv aufgenommen werden, wenn sie nicht gesucht oder provoziert worden sind. In jedem Fall aber bleiben sie zweitrangig im Vergleich mit der Gemeinschaft in der Eucharistie.“
Ein lieber Freund von mir, der jahrelang seine kranke Frau hingebungsvoll bis zu ihrem Tod betreut hatte, schrieb mir neulich in einem Brief: „In meinem Schmerz suche ich immer wieder Trost in der heiligen Eucharistiefeier. Besonders beim Empfang des Heiligen Brotes fühle ich mich mit meiner geliebten D. tief verbunden, da ich die Gewissheit haben darf, dass sie nun in Gott lebt und in Ihm ewige Heimat gefunden hat.“
Das ist erleuchteter christlicher Glaube. Wenn wir so mit unserem Schmerz um unsere verstorbenen Freunde zu Jesus gehen, können wir sicher sein, dass wir geschützt sind vor den vielfältigen Gefahren geistlicher Abirrung. Wir werden bewahrt vor dem Verlust des reinen und zarten Sinns für das Mysterium des Glaubens, des Lebens und der Liebe, dem heute viele Menschen in der Esoterik ausgeliefert sind.
Wenn eines der „bekanntesten und anerkanntesten Medien aus England“ von seinen Sitzungserfolgen sagt: „Meine Faustregel lautet: Wenn der Empfänger circa 70 Prozent dessen, was durch das Medium gesagt wurde, bejahen kann und es für ihn Sinn ergibt, dann war es eine erfolgreiche Sitzung“ – dann ist die Frage erlaubt: Was ist hier mit „Erfolg“ gemeint und was ist von den übrigen 30 Prozent zu halten, die keinen Sinn machen, ja, die vielleicht gerade dazu angetan sind, betroffene Menschen in ihrer äußersten Verletzlichkeit zu verunsichern, ihnen sogar den Boden unter den Füßen zu entziehen?