VISION 20006/2017
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Hoffnung in der Hölle

Artikel drucken Als Franziskaner in Aleppo (Christoph Hurnaus)

Die Stadt Aleppo ist ein Sinnbild für den schrecklichen Krieg, der seit 2011 in Syrien tobt. Seit Weihnachten 2016 ist die Stadt wieder in der Hand der regulären syrischen Armee. Mitten in dieser Kriegshölle lebt und arbeitet Pater Ibrahim Alsabagh.

Als der Bürgerkrieg Aleppo erreicht, lebt der syrische Franziskaner in Rom, wo er an seinem Doktorat arbeitet. Der Bitte seines Provinzials folgend kommt er Anfang 2015 nach Aleppo, gerade zu der Zeit, als die schwersten Kämpfe in der Stadt toben. Von den einstmals 220.000 Christen sind nicht einmal mehr die Hälfte in Aleppo geblieben. Dieses eindrucksvolle Buch sammelt Newsletter von P. Ibrahim, die er fast täglich als eine Art „Live-Bericht“ aus dem Krieg an seine italienischen Freunde via Internet gesandt hat. Die Berichte von den täglichen Bombardierungen und dem unermesslichen Leid erschüttern den Leser und geben einen unmittelbaren Blick mitten ins Leiden.
Der zweite Teil des Buches enthält öffentliche Stellungnahmen des Paters: Vorträge, Skype-Schaltungen, Interviews, die sich an ein größeres Publikum richten. Diese Berichte sind keine spontanen Gefühlsreaktionen auf die dramatischen Ereignisse des Krieges, sondern versuchen das, was sich täglich in Aleppo ereignet, im Licht des Glaubens zu sehen. Manche Reflektionen lesen sich wie „Exerzitien mitten aus dem Krieg.“
Immer wieder lenkt P. Ibrahim dabei seinen Blick auf „Christus den Erlöser“ und er zeigt, wie man in scheinbar ausweglosen Notsituationen seine Hoffnung nicht verliert. Den Pater beschäftigt auch die Frage, wie man sich als Christ dem Feind gegenüber verhalten soll. Er spricht über die Gnade, die aus dem Leiden kommt, und stellt fest, dass die größte Gefahr für Christen nicht die Verfolgung sondern der Wohlstand ist. P. Ibrahim beschreibt, wie die Kriegssituation das Leben der Ordensbrüder beeinflusst und dazu führt, alles miteinander zu teilen und einander geistlich zu umarmen. Sein Dienst ist ein bedingungsloses Geben an die Menschen, die täglich vor seiner Tür erscheinen.
Die Not in der geteilten Stadt ist vielfältig. Zu P. Ibrahim kommen nicht nur Christen, sondern auch Muslime, die alles verloren haben: Häuser, Familie, materiellen Besitz, ja selbst die Gesundheit. Der Pater versucht, so gut es eben geht, jedem zu helfen, der an seine Tür klopft. Für die Kinder, die besonderen Opfer dieses Krieges, organisiert er Ferienlager, wo sie sich für einige Tage von den Kriegs­traumata erholen können.
Daneben bemüht sich Ibrahim Alsabagh um die Ökumene unter den christlichen Konfessionen in der Stadt. Er trifft die Führer der einzelnen Kirchen, um mit ihnen zu beten oder ihnen einfach nur seine Solidarität zu zeigen. Nach fünf Jahren Krieg und großer Verzweiflung spürt der Franziskaner den Impuls, Aleppo und die ganze Welt dem Unbefleckten Herzen Mariens zu weihen.
Am 13. Mai 2016 versammeln sich Bischöfe, Vikare, Priester, Ordensleute und Laien aller christlichen Riten in der Franziskanerkirche von Aleppo, um diese Weihe zu vollziehen. Auch viele Muslime sind gekommen, um der Feier beizuwohnen.
Dieser Weiheakt ist ein Zeichen der Hoffnung. P. Ibrahim bekennt in dem Buch, er und seine Mitbrüder seien nach so langen Jahren des Krieges zu allem bereit, auch zum Martyrium: „Ich habe keine Angst vor dem Tod, doch mit der Zeit lernt man, in das Heute einzutreten. Man hört auf, an die Zukunft zu denken – und auch das ist eine Gnade.“ Dieses Buch ist ein eindrucksvolles Zeugnis echter christlicher Hoffnung mitten aus der realen Hölle eines Krieges geschrieben, in dem es scheinbar keine Hoffnung mehr gibt.

Hoffnung in der Hölle – Als Franziskaner in Aleppo. Von P. Ibrahim Alsabagh, Herder, 192 Seiten, 18,60 €

Dieses und alle anderen Bücher können bezogen werden bei: Christlicher Medienversand Christoph Hurnaus, Waltherstr. 21, 4020 Linz, Tel.+Fax: 0043 (0)732 788117 oder hurnaus@aon.at

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