Im Gebet des "Vater unser" wird das Böse ausdrücklich erwähnt: Der Begriff "poneros" (Mt 6,13), der an sich eine adjektivische Form hat, kann hier als Personifizierung des Bösen verstanden werden.
In der Welt wird das Böse von jenem geistigen Wesen gewirkt, das von der biblischen Offenbarung als Teufel oder Satan bezeichnet wird und das sich willentlich Gott entgegen gesetzt hat. Die menschliche "Bösartigkeit", die auf dem Teuflischen beruht oder durch dessen Einfluß erweckt wird, zeigt sich auch in unseren Tagen in verlockender Form. Sie verführt Verstand und Herz, so daß man sogar den Sinn für das Böse und die Sünde verliert.
Es handelt sich um die "geheime Macht der Gesetzwidrigkeit" (2Thess 2,7), von der Paulus spricht und die sicherlich mit der menschlichen Freiheit verknüpft ist, "aber innerhalb dieser menschlichen Realität wirken Faktoren mit, durch welche die Sünde über den Menschen hinausragt in den Grenzbereich, wo Bewußtsein, Wille und Empfinden in Kontakt mit den dunklen Kräften stehen, die nach dem heiligen Paulus in der Welt fast bis zu deren Beherrschung wirken" (Reconciliatio et paenitentia, 14)
Leider können die Menschen sich großer Bosheit fähig zeigen, das heißt sie werden zu einer "bösen und treulosen Generation" (vgl Mt 12,39).
Wir glauben, daß Jesus den Satan endgültig überwunden und uns auf diese Weise der Angst ihm gegenüber entrissen hat. Jeder Generation stellt die Kirche das befreiende Bild Jesu von Nazaret vor Augen - wie der Apostel Petrus es damals in seinen Worten an Cornelius getan hatte: "Wie dieser (Jesus) umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren; denn Gott war mit ihm" (Apg 10,38). Wenn sich in Jesus die Überwindung des Bösen vollzog, so muß doch Sein Sieg von jedem freiwillig akzeptiert werden, bis das Böse endgültig ausgerottet sein wird.
Der Kampf gegen das Böse erfordert also ständigen Einsatz und stete Wachsamkeit. Die endgültige Befreiung ist nur in einer eschatologischen Perspektive erkennbar (vgl Offb 21,4).
Jenseits all unserer Mühen und sogar unseres Versagens bleibt uns dieses tröstende Wort Christi: "In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut. Ich habe die Welt besiegt" (Joh 16,33).
Auszug aus der Ansprache bei der Generalaudienz am 18.8.99