VISION 20006/1999
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Das Jahr 2000 ist unser Jubiläum

Artikel drucken (P. Karl Josef Wallner OCist)

Diese Zeilen sind ein Appell! Das Jahr 2000 ist unser Jubiläum: Es ist das Fest von uns Christen. Die Zeitrechnung richtet sich ja nach dem, was für uns Christen der Ursprung aller Zeit ist: die Geburt unseres Erlösers.

Das Jahr 2000 ist nicht irgendein Jahr, sondern ein "Heiliges Jahr": Es erinnert die ganze Welt an den 2000. Geburtstag des Sohnes Gottes in unserer Geschichte. Wahrscheinlich hat das Millennium für Buddhisten und Moslems keine Bedeutung. Für uns Christen ist es ein religiöses Fest!

Wir brauchen eine frohe innere Einstellung auf dieses Heilige Jahr 2000 hin. Im Augenblick habe ich den Eindruck, daß sich die Sektfabrikanten und Kalendermacher, die Wahrsager und Horoskopleger mehr auf das Jahr 2000 freuen als wir Christen. Haben wir vergessen, daß mit Christus die "Fülle der Zeit" (Gal 4,4) angebrochen ist? Wollen wir zulassen, daß die Welt eine Geburtstagsparty ohne den feiert, der Geburtstag hat?

Mein Eindruck ist: Wir bereiten uns viel zu wenig auf dieses Heilige Jahr 2000 vor. Angesichts der Zeitenwende sind die Menschen sensibel, es gibt ganz einfach eine Stimmung von Interesse, Neugier und vielfach auch Unsicherheit. Ein Jahrtausend geht zu Ende, ein Jahr mit einer "magischen" Zahl beginnt, das 3. Jahrtausend dämmert herauf. Im Internet fand ich Mitte Oktober unter dem Suchbegriff "millennium" nicht weniger als 598.430 Seiten. Interesse ist da, es handelt sich um ein allgemeines Phänomen. Ich möchte 10 Punkte angeben, wie wir das Heilige Jahr 2000 angehen sollen.

Unser Jubiläum!

Das Erste, was wir in dieser Situation tun müßten, wäre diese allgemeine Spannung und Sensibilität als Christen zu nützen. Nochmals: Es ist unser Jubiläum! Ohne Christus gäbe es kein Jahr 2000. Ich glaube, daß es nicht nur dumm, sondern sogar gefährlich wäre, wenn wir aus einer falschen Nüchternheit heraus das Jahr 2000 nicht feiern. Es wäre fatal, wenn wir das Jahr 2000 nicht mit Glaubensfreude begehen. Wenn wir unser Jubiläum nicht als unser Jubiläum feiern, dann wird es eben kein "Heiliges Jahr", sondern tatsächlich ein Jahr wie alle anderen - oder schlimmer noch: das Jahr der Quacksalber, Wahrsager, Kalendermacher und Unglückspropheten.

Sollen wir Christen wirklich distanziert - oder faul? - zuschauen, während die weltliche Welt ein Theater um das Jahr 2000 macht? Wir feiern, ja, es ist ja unser Fest!

Unsere Chance!

Der Papst erinnert schon seit den ersten Worten seiner ersten Enzyklika von 1978 an die Gnadenzeit, in der die Kirche lebt: Wechsel hinüber in das 3. Jahrtausend. Wir sind die Generation, an der es sich entscheidet, ob dieses 3. Jahrtausend durch Christus geprägt wird oder nicht! Halten wir also fest: Das Heilige Jahr 2000 ist für uns doch die Chance, mit großer Freude Christus neu und tiefer zu verkünden. Es stellt uns Christen auch erneut auf den Areopag, denn die ganze Welt feiert ja dieses Geburtsfest des Herrn - ob sie will oder nicht - mit, und erwartet auch irgendwie von uns, daß wir ihnen sagen, was wir da eigentlich feiern.

Priorität!

Im Alten Testament wollte Gott, daß jedes 50. Jahr ein "Jobel-Jahr" (davon kommt das Wort Jubiläum und Jubel) sei, in dem man die Sklaven freiließ, die Felder brach liegen ließ, das Unwichtige zurückstellte, um sich dem Jubel hinzugeben. Für uns muß das Heilige Jahr 2000 ein Jahr der inneren Ruhe werden, wo wir Karriere und Arbeit, berufliches Fortkommen und weltliches Engagement hintanstellen. Wir sollten uns in den Jubel fallen lassen, der Jubel hat im Jubiläumsjahr Priorität vor allem!

Taten!

Ich möchte hier nicht theoretisieren oder theologisieren, denn all das kann man in den päpstlichen Schreiben "Tertio Millennio Adveniente" und "Incarnationis Mysterium" viel ausführlicher nachlesen. Das Jahr 2000 ist wirklich kein Jahr der Theorie, sondern eine konkrete Zeit der Gnade, in der wir konkrete Taten setzen müssen. Machen wir bitte Schluß mit dem "man müßte..." und "man sollte ..." und setzen wir konkrete Schritte. Gott hat vor 2000 Jahren auch nicht gesagt: "Ich müßte den Menschen erlösen, ich könnte ja etwas tun", sondern Er ist konkret in unsere Geschichte eingestiegen, ist über die staubigen Straßen unserer Welt gewandelt, hat konkrete Worte zu konkreten Menschen gesprochen, ist sehr konkret und anschaulich auf dem Holz des Kreuzes gestorben, um dann siegreich erlösend aufzuerstehen. Wir müssen also konkret handeln! Schluß mit der Selbstblockade der Utopie. Das Jahr 2000 muß ein Jahr des konkreten Apostolates sein.

Jubel!

Wir dürfen und müssen innerkirchlich im Jahr 2000 eine Kultur der Freude leben. Das gilt gerade von den vielen kirchlichen Aktivitäten: Sie sollen unsere Freude ausdrücken. Ich würde aufatmen, wenn wir uns in der Kirche einmal von der bedrückenden und kontraproduktiven Mentalität verabschieden könnten, dauernd nur unsere Probleme zu dialogisieren. Es gibt eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, heißt es bei Kohelet. Wenn wir im Heiligen Jahr der Welt wieder nur ein bitteres Gesicht zeigen und mit sauren Mienen die Welt anöden, dann gehören wir auf den Müll der Geschichte! Mit Essig fängt man keine Fliegen! Wenn eine Gemeinschaft sich nicht mehr der Freude über ihren Herrn und Erlöser hingeben kann, dann hat sie eben keine Freude mehr. Die ganze Mißstimmung in der Kirche - "Wie wird es weitergehen? Welche Strukturen müssen wir ändern, damit man uns akzeptiert? Wie geben wir es billiger, damit man uns nicht völlig an den gesellschaftlichen Rand stellt?" - paßt nicht in das Jahr des Jubels. Sie kommt aus einer Stimmung des Mißtrauens gegenüber dem Herrn der Kirche, der sie durch die Zeit hin leitet. Wenn wir wieder nur Säure und Essig ausspritzen, dann wehe uns. Das Jahr 2000 ist die Chance zu einem mentalen Neubeginn aus der Freude. Hier paßt vielleicht das Wort des Paulus, das er in einer bösen Situation an die Korinther schreibt: "Schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr neuer Teig seid." (1 Kor 5,7)

Neuanfang!

Der Papst möchte eine "Reinigung des Gedächtnisses" der Kirche, er wird am Aschermittwoch ein großes Schuldbekenntnis der Kirche proklamieren, denn die Kirche war auch in den 2000 Jahren immer Kind der jeweiligen Zeit. Sie, die im Gnadenmantel Christi eingehüllt ist, und nur so diese 2000 Jahre überstanden hat, ist innerlich immer der Reinigung bedürftig. Wir müssen da persönlich mitmachen, denn Christus will ja immer die persönliche Buße, Er will meine Buße: "Was siehst Du den Splitter im Auge des Bruders, für das Brett vor Deinem Kopf aber bist Du blind!" Wehe uns, wenn wir den Papst um Vergebung bitten lassen für die Sünden der Kirche in der Geschichte, zugleich aber nicht bereit sind, für die eigenen Sünden in unserer Lebensgeschichte um Vergebung zu bitten. Die Buße, das Vertrauen auf einen völligen Neuanfang ( "vollkommener Ablaß") war immer ein innerer Beweggrund für die Feier des Heiligen Jahres. Buße ohne Taten ist nichts wert, daher sollten wir unser eigenes Leben durch Taten reinigen. Eine Wallfahrt, eine Beschwernis, eine Mühe, ein Opfer, das wir uns auferlegen, gehört unbedingt dazu!

Ziel!

Durch eine Wallfahrt im Jahr 2000 könnten wir lernen, daß unser Leben Sinn und Ziel hat. Früher war eine Wallfahrt ein beschwerliches Unternehmen: Man bricht auf aus der Behaustheit und familiären Geborgenheit, um über Stock und Stein, - angewiesen auf die Barmherzigkeit der Quartiergeber - zu den heiligen Stätten hinzupilgern. Die heiligen Stätten, das waren die Gräber der Apostel (Rom, Santiago di Compostella) oder das Heilige Land, in dem der Herr selbst gelebt hat. Dort an den Apostelgräbern wird man vor allem an den Himmel erinnert: Wir haben auf Erden keine bleibende Heimat, wir sind immer Pilger, unser ganzes Leben ist eine Wallfahrt - freilich im Glauben an die Auferstehung. Unser Ziel ist das, wovon die Gräber der Apostel zeugen: die Ewigkeit Gottes. Der östliche Spruch: "Der Weg ist das Ziel" ist unchristlich! Für uns heißt es: "Unser Weg hat ein Ziel!"

Rom und das Heilige Land sind im Heiligen Jahr 2000 die Zentren der Wallfahrten. Der Papst zeigt ja mittlerweile deutlich, daß Pilgern Beschwernis heißen kann. Keine Angst vor möglichem Gedränge, das uns vielleicht erwartet, denn es geht ja eben nicht um eine bequeme touristische Besichtigung, sondern um ein existentielles Erlebnis. Erlebnis natürlich auch der großen Gemeinschaft mit dem Heiland, mit seinen Heiligen und mit all den anderen Christen, die sich aus allen Kontinenten mit Glaubenskraft versammeln.

Werbung!

Ein Wort zum Apostolat, zur Werbung. Ich glaube, wir müssen ganz konkret zeigen, daß es unser Fest ist. Es gibt ein offizielles "Logo" des Heiligen Jahres 2000, das zeigt fünf verschiedenfärbige Tauben (die fünf Kontinente) im Kreuz Christi zu einem Globus zusammengefügt. Dieses Logo sollten wir überall sichtbar machen. Wir müssen uns als Feiernde, als "Corporate Identity" präsentieren, als eine große Gemeinschaft, die ein Ziel, eine Freude, einen Inhalt hat: dieses Fest des Heiligen Jahres zu feiern. Deshalb gehört das Heilig-Jahr-Logo auf unsere Publikationen, Texte, Zeitschriften, auf unsere T-Shirts, auf Fahnen und Transparente!

Vertiefung!

Wir müssen vertiefen: Im Alten Testament war das Jubeljahr ein Jahr der Ruhe, wo man die Felder unbearbeitet ließ. Wir brauchen im Heiligen Jahr natürlich die heilige Action der Feste, Wallfahrten, Treffen und Begegnungen. Aber all das wird nur dann geisterfüllt, wenn wir aus dem Inneren leben. Vor und in allem brauchen wir also geistliche Vertiefung. Der Papst betont zwei geistige Aspekte: Er möchte, daß wir erstens auf das Mysterium der Dreifaltigkeit schauen und zweitens Christus in der Eucharistie neu entdecken. Im Jänner 2001 wird die Heilige Pforte geschlossen werden, die Jahreszahlen werden wieder "normaler" werden, alles wird wieder gewöhnlicher. Dann müssen wir die geistigen Früchte in das 3. Jahrtausend tragen: eine tiefere Erkenntnis der Heiligen Messe, und ein überzeugteres Bekenntnis zum Geheimnis des dreifaltigen Gottes.

Alles ist Gnade!

Wenn ich davon gesprochen habe, was wir tun sollten oder müßten, so geht es doch im letzten nicht um unser Tun! Das Jahr 2000 ist das Gnadenjahr des Herrn, das heißt: Er wird handeln. Dieses Vertrauen habe ich! Johannes Paul II. gibt in seinem Schreiben Tertio Millennio Adveniente den Kritikern des Heiligen Jahres einen interessanten Hinweis. Man soll doch nicht sagen, daß solche Feiern keine Wirkung haben, da würde man doch Gott unterschätzen, der sich ja in der Geschichte als Gott und Herr erweisen möchte. Diese Kritiker weist er dezent darauf hin, daß auf das Marianische Jahr, das 1988 so überraschend und scheinbar grundlos gefeiert wurde, tatsächlich das Jahr 1989 gefolgt ist: In diesem Jahr sind dann ebenso überraschend und scheinbar grundlos völkertrennende Mauern friedlich abgerissen, blutbefleckte Stacheldrähte unblutig durchschnitten worden und haßerfüllte Terrorregime unspektakulär zusammengebrochen (TMA 27). Gnade ist geschichtsmächtig, weil die Geschichte seit der Menschwerdung Christi Ausdrucksform der Gnade geworden ist.

Deshalb noch einmal: Das Jahr 2000 ist unser Heiliges Jahr! Nein, wir haben keine obskuren und trüben Erwartungen, sondern wir freuen uns einfach. Es ist Jubiläum, und da wollen wir Christen auch ordentlich jubilieren.

Unser Jubel ist die Mitarbeit, die wir Gott hinhalten, Er möge sie annehmen und erneut Seine Gnade ausgießen in diese Zeit. Dann wird das beginnende Jahrtausend nicht das 3. Jahrtausend nach Christus, sondern das nächste Jahrtausend in Christus.

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