Selbst seit Jahrzehnten im Medienbereich tätig, habe ich dessen Entwicklung aufmerksam verfolgt. Welche Veränderung! Zum Guten, weil die Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten gestiegen ist, zum Schlechten, weil die Verführung zu Fehlverhalten enorm gewachsen ist.
Da ist zunächst das Phänomen der Abstumpfung: Erst kürzlich berichtete meine Frau, sie habe im Auto Kurznachrichten gehört. Unter den wenigen Meldungen eine vom Todessturz eines Mannes aus acht Metern Höhe. Sie war schockiert. Warum? Wegen des üblichen, unbeteiligten Tonfalls, in dem die Meldung verlesen wurde, die nahtlos in den ebenso neutral vorgetragenen Wetterbericht überging.
So wird das Sterben eines Menschen zum belanglosen Ereignis, zur uninteressanten Meldung. Unwillkürlich fragt sich der Hörer: Nur ein Toter? Nicht der Rede wert! Da sind wir stärkeren Tobak gewöhnt, den Brückeneinsturz in Genua, die schrecklichen Waldbrände in Brandenburg oder Griechenland…
Abstumpfung auch durch das Übermaß an Konsum von Filmen und elektronischen Medien. Besonders auffallend, wenn man einen alten, einstmals lustigen Film anschaut. Oft entlockt so ein Streifen dem Zuseher heute bestenfalls ein Lächeln bei Szenen, in denen sich Zuschauer früher krumm gelacht haben. Ebenso ist es bei Krimis, Gewaltdarstellungen, Liebesszenen – immer muss die Dosis gesteigert werden, weil der Konsument fast alles schon gesehen hat. Und sie wird erhöht, und der Konsument gewöhnt sich an die schrecklichsten Darstellungen: grausamste Gewaltakte, skandalöse Sexszenen.
Das führt zu einer weiteren Beobachtung: Die Massenmedien lenken unsere Aufmerksamkeit in die Ferne. Wir werden über jeden Fauxpas von Präsident Donald Trump – mit hämischem Unterton, klar – informiert, erfahren in Talk-Shows vom extravaganten Sexualleben unterschiedlichster Gäste, werden in den Seitenblicken in die glitzernde Welt der Promis entführt… All das hat nichts mit unserem Alltag zu tun, fördert aber den Voyeurismus und verändert die Sicht auf das Leben, insbesondere auf alles, was mit Sexualität zu tun hat. So werden Werte wie Keuschheit, Treue, Schamhaftigkeit, aber auch Autorität systematisch demoliert. Unbemerkt haben auf diese Weise viele ihren Glauben und die Orientierung verloren.
Wichtig ist mir auch, die Bedeutung des Lesens hervorzuheben. Es ist eine Form der Konfrontation mit Botschaften, die eine intensivere Auseinandersetzung ermöglicht, als dies bei elektronischen Medien meist der Fall ist. Schon die Art und Weise, wie man an ein Druckwerk herangeht, unterscheidet sich vom Konsum elektronischer Medien: es braucht einen bewussten Akt, eine Entscheidung zur Lektüre eines bestimmten Schriftstücks, während die elektronischen Medien oft gedankenlos oder routinemäßig eingeschaltet werden. Sich zu entscheiden, begünstigt wiederum die bewusste Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gelesenen (siehe Kasten). Dass die Lesefähigkeit und -bereitschaft, besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, stark abnimmt, ist Grund zu Besorgnis.
Und noch etwas scheint mir überlegenswert: Der Aufenthalt in der virtuellen Welt von Internet und sozialen Netzwerken entfremdet tendenziell von der realen Umwelt. Wenn ich fortwährend über alles informiert werde, was meine „friends“ tun, denken und erlebt haben, besteht eigentlich kein wirklicher Grund, ihnen auch leibhaftig zu begegnen. Ich bin ja umfassend informiert. Noch dazu habe ich mittels Smiley & Co meine Reaktion kundgetan.
Ähnlicher Effekt durch das reiche Angebot an Unterhaltung: You Tube oder Serien in Netflix – vor allem aber die schreckliche Welt der Pornographie. Gerade da wird deutlich, wie groß die Gefahr ist, süchtig zu werden. Das Erleben des Menschen wird in die virtuelle Welt verlegt, es spielt sich nur mehr im Kopf ab – Verkopfung, wie Christa Meves das nennt. Im Internet sind Abenteuer auf Knopfdruck abrufbar. Und das eigentliche Leben, das Leben mit der menschlichen Umwelt verliert an Interesse. Die Impotenz vieler pornographiesüchtiger Männer ist ein erschreckender Hinweis auf diese bedrohliche Entwicklung.
Dem gilt es, entgegenzuwirken und bewusst jene Medien zu nutzen, die uns eine realistische Sicht des Lebens vorsetzen, also eine Welt, in der Gott nicht ins Abseits verbannt, sondern gegenwärtig ist und wirkt. In den letzten Jahrzehnten sind im Printsektor, im Internet, in Radio und Fernsehen viele christliche Angebote meist durch die Privatinitiative engagierter Christen entstanden. Sie stärken im Glauben, unterstützen bei der Bewältigung des Alltags und helfen, die Zeichen der Zeit zu verstehen.
Es bietet sich an, sie zu nutzen und zu fördern.