Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben.“
Das ist eine starke Aussage in einer Welt, die seit Anbeginn ein Ort der Feindschaft ist, wo überall gestritten wird, wo auf allen Seiten Hass herrscht, wo wir ständig die anderen klassifizieren, nach ihren Ideen und Gewohnheiten bis hin zu ihrer Art zu sprechen oder sich anzuziehen. Letztendlich ist es ein Reich des Stolzes und der Eitelkeit, wo ein jeder glaubt, das Recht zu haben, sich über die anderen zu erheben.
Obwohl es unmöglich erscheint, schlägt Jesus dennoch einen anderen Stil vor: Sanftmut. Das ist es, was er mit seinen eigenen Jüngern praktiziert, und was wir bei seinem Einzug in Jerusalem beobachten können: „Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist sanftmütig und er reitet auf einer Eselin“ (Mt 21,5; vgl. Sach 9,9).
Er sagte: „Lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele“ (Mt 11,29). Wenn wir hochmütig und stolz vor den anderen leben, sind wir am Ende müde und erschöpft. Wenn wir aber ihre Grenzen und Fehler mit Milde und Sanftmut sehen, ohne uns für besser zu halten, dann können wir ihnen zur Hand gehen und vermeiden, unsere Energie in unnützen Klagen zu verschwenden. Für die heilige Thérèse von Lisieux besteht „die vollkommene Liebe darin […], die Fehler der anderen zu ertragen, sich nicht über ihre Schwächen zu wundern.“
Paulus erwähnt die Sanftmut als eine Frucht des Heiligen Geistes. Er schlägt vor, dass wir, wenn uns die Verfehlungen des Bruders oder der Schwester Sorgen machen, uns nähern sollen, um ihn oder sie zurechtzuweisen, aber „im Geist der Sanftmut“ (Gal 6,1). Dabei mahnt er: „Gib Acht, dass du nicht selbst in Versuchung gerätst!“
Auch wenn man seinen Glauben und seine Überzeugung verteidigt, muss man es „bescheiden“ tun (1 Petr 3,16), und selbst die Gegner müssen „mit Güte“ behandelt werden (2 Tim 2,25). In der Kirche haben wir uns oft verfehlt, weil wir diesem Auftrag des göttlichen Wortes nicht entsprochen haben.
Die Sanftmut ist ein anderer Ausdruck für die innere Armut dessen, der sein Vertrauen allein auf Gott setzt. Deswegen verwendet die Bibel für gewöhnlich das gleiche Wort anawim in Bezug auf die Armen und auf die Sanftmütigen. Es könnte jemand einwenden: „Wenn ich so sanftmütig bin, werden sie denken, ich sei ein Dummkopf, ich sei blöd oder schwach.“ Manchmal mag es so sein, doch lassen wir es zu, dass die anderen das denken.
Es ist besser, immer sanftmütig zu sein; unsere größten Wünsche werden sich dann erfüllen: Die Sanftmütigen „werden das Land erben“, das heißt, in ihrem Leben werden sich die Verheißungen Gottes erfüllen. Denn gegen alle Umstände hoffen die Sanftmütigen auf den Herrn, „die aber auf den Herrn hoffen, sie werden das Land besitzen […] ihre Lust haben an der Fülle des Friedens“ (Ps 37,9.11). Gleichzeitig vertraut der Herr auf sie: „Auf den blicke ich: auf den Armen und auf den, der zerschlagenen Geistes ist und der zittert vor meinem Wort“ (Jes 66,2).
Mit demütiger Sanftmut reagieren, das ist Heiligkeit.
Die Abschnitte 71-74 des Apostol. Schreibens Gaudete et Exsultate