Im Folgenden bringen wir Auszüge aus Artikeln, die sich in letztzterZeit mit dem Thema Krise der Kirche beschäftigt haben. Zum Teil beschreiben sie bestimmte Aspekte des Themas, zum Teil sind es relevante Überlegungen dazu.
Vor allem zwischen 1960 und 1980
Verschiedenen Erhebungen zufolge ist die Zahl der Fälle von Missbrauch durch Priester in verschiedenen Ländern in den Jahren zwischen 1960 und 1980 rapid angestiegen. Die Diagramme stimmen überein. Ob es nun Daten von Australien, den USA, Belgien oder Frankreich sind – sie wurden in diesen Ländern von unabhängigen Untersuchungskommissionen oder von Bischofskonferenzen gesammelt –, sie weisen alle ein Maximum von Missbrauchsfällen in den Jahren zwischen 1960 und 1980 auf.
Antoine Paquier
Aus: Famille Chrétienne v. 10.-16.11.18
80 Prozent homosexuelle Übergriffe
Alles, was jetzt im Jury Report zu lesen war, wurde schon 2004 im John Jay College of Criminal Justice Report behandelt. In diesem wurde deutlich, dass die Zahl der Fälle in den späten sechziger Jahren anstieg und in den siebziger Jahren den Höhepunkt erreichte. Seit damals ist die Tendenz fallend – auf das Niveau der fünfziger Jahre. In 90% der Fälle geht es nicht um Pädophilie, sondern um „Übergriffe auf vorpubertäre Kinder“.
Trotz der „erschreckenden Zahlen, liegt sexueller Missbrauch Minderjähriger beim katholischen Klerus statistisch unter dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung.“ Pädophile Straftäter leben überwiegend in Partnerschaften. (…) Im allgemeinen gibt es wesentlich mehr weibliche Opfer – bei katholischen Priestern hingegen männliche. Bei Priestern sind 80% homosexuelle Übergriffe.
Raphaela Schmid
Aus: „Christus kam nur bis Pennsylvania“ in Vatican magazin 10/2018
Es leiden die vielen unschuldigen Priester
Die Priester, „die ihr Leben wirklich im Dienst Jesu Christi aufopfern, (…) sind die bisher weitgehend übersehenen zweiten Opfer ihrer verbrecherischen Mitbrüder. Sie, die Jahrzehnte lang vorbildlich und aufopferungsvoll ihren Auftrag erfüllt und ihre Berufung gelebt haben, sollten wir dafür würdigen und nicht abstrafen. Denn obgleich sie unschuldig sind, werden sie verdächtigt, Vertrauen wird ihnen entzogen, es wird einsam um sie. Die Geistlichen leiden um ihrer Treue zur Kirche willen.“
Bernhard Müller
Aus: „In der Krise unterscheiden“ in Vatican 10/2018
Keine Frage
des Zölibats
Oft werden der Zölibat der Priester und das Keuschheitsgelübde in den Orden als Ursache für den sexuellen Missbrauch angesehen. Dabei wird übersehen, dass sexuelle Missbrauchshandlungen bei weitem – sogar sehr signifikant – nicht typischerweise in der Kirche stattfindet. „Es ist ganz falsch zu behaupten, Kinder würden vor allem in der Schule, auf Ferienlagern, bei den Pfadfindern oder in der Kirche missbraucht, erklärt Prof. Mathieu Lacambre. „Statistisch gesehen ist der Ort, wo am meisten passiert, das Zuhause, die Familie.“ Der Psychiater spricht von acht von zehn Fällen…
Antoine Paquier
Aus: Famille Chrétienne v. 10.-16.11.18
Eine Option für die Keuschheit
An erster Stelle sehe ich in der heutigen Krise die Notwendigkeit einer eindeutigen „Option für die Keuschheit“. Priester sind zur Keuschheit berufen und dazu verpflichtet, sich um die Verwirklichung dieses Ideals zu bemühen. Andernfalls sind sie vom Dienst am Reich Gottes abgelenkt und in ihrem Wirken für das ewige Heil der Seelen unfruchtbar.
Die Kirche sollte angesichts der Missstände zu einer aufrichtigen und entschlossenen Umkehr im Klerus aufrufen und die Dinge beim Namen nennen, angefangen von der Masturbation, über die Affären von Priestern mit Frauen bis hin zur ausgelebten Homosexualität. (…)
Es reicht nicht, sich vom Missbrauch an Minderjährigen zu distanzieren und dagegen vorzugehen. Dieses Problem nehmen inzwischen ja auch die weltlichen Behörden in die Hand. Nun geht es darum, klare Wege zu weisen, wo die Kirche von der Gesellschaft keine Unterstützung erfährt. Im Gegenteil, was die Homosexualität betrifft, muss sich die Kirche mit ihrer Linie vollkommen gegen den Mainstream stellen. (…)
Gelebte Homosexualität im Klerus macht alle, die sich jemals auf eine intime Beziehung eingelassen haben, voneinander abhängig. Die Betroffenen sind sozusagen in einer Schicksalsgemeinschaft „verbannt“. Sie beginnen, sich gegenseitig zu schützen und natürlich auch zu unterstützen. Dass dadurch Netzwerke entstehen, liegt in der Natur der Sache. (…) Auf dem Weg der Homosexualität nehmen aber auch Kräfte, die außerhalb der Kirche stehen und ihr sogar feindlich gesinnt sind, Einfluss auf die kirchliche Hierarchie. Genau vor dieser Situation steht die Kirche in der heutigen Zeit Und es ist nicht verwunderlich, dass sie in vieler Hinsicht gelähmt ist und fehlgeleitet wird.
Erich Maria Fink
Aus: Kirche heute 10/2018:
Eine von Christus verliehene Autorität
Gespräch mit Msgr. Michel Aupetit, Erzbischof von Paris:
Seit dem Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus muss man feststellen, dass ein Teil der Katholiken mehr und mehr nicht mit ihm übereinstimmt, ja sogar ein gewisses Misstrauen zum Ausdruck bringt.
Erzbischof Aupetit: Es pasiert schon, dass er Dinge sagt, die uns stören.
Darf man aus seinen Stellungnahmen auswählen?
Erzbischof Aupetit: Die von ihm verfassten Dokumente haben nicht alle dasselbe Gewicht (Enzykliken, Mahnreden…) Man muss sie mit Wohlwollen aufnehmen. Man darf seine Worte einer kritischen Analyse unterziehen, aber mit Augenmaß. Wenn ich allerdings von Anfang an misstrauisch bin, kann das nicht gut gehen. Seine Autorität ist ihm von Christus verliehen. Haben wir also Vertrauen zum Heiligen Geist, der immer am Werk ist in dem, der berufen wurde, die höchste Autorität auszuüben.
Aus: Famille Chrétienne v. 6.-12.10.18
Keine Demokratie
in der Kirche
Im Gegensatz zur Verwirrung, die sich in Teilen der Kirche eingestellt hat, verwechseln wir nicht unsere Aufgabe als Laien mit der Rolle der Kleriker. Wir verlangen auch nicht einen Teil (übrigens auch nicht alles), was diesen zusteht. Wir glauben an die Notwendigkeit da zu unterscheiden und wir glauben auch an die Sinnhaftigkeit der Hierarchien, die im Dienst des Allgemeinwohls stehen.
Wir glauben nicht an die vermuteten Vorteile der Demokratie in der Kirche und an die Lauterkeit, die sich wie magisch einstellen würde, sobald sie von unten kommt. Vielmehr glauben wir, dass Christus die Kirche gegründet und dass Er sie auf Petrus und die Apostel sowie deren legitimen Nachfolgern errichtet hat. Daher steht es uns ebenso wenig zu, nach dem Rücktritt des Papstes zu rufen, wie auch jene, die das verlangen, zu unterstützen.
Philippe Maxence
Aus: L’Homme Nouveau v. 29.9.18: