VISION 20006/1999
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Jesus ist die wahre Neuheit

Artikel drucken Der Papst über das Heilige Jahr (Papst Johannes Paul II.)

Welchen zentralen Stellenwert das kommende Jubiläum im Denken von Papst Johannes Paul II. hat, wird wohl am deutlichsten, wenn man seine Verkündigungsbulle "Incarnationis Mysterium" liest. Im folgenden einige Auszüge aus dem Dokument.

Die Geburt Jesu in Betlehem ist kein Ereignis, das sich in die Vergangenheit verbannen ließe. Denn vor ihm steht die ganze Menschheitsgeschichte: Unsere Gegenwart und die Zukunft der Welt werden von seinem Dasein erleuchtet. Er ist "der Lebendige" (Offb 1, 18), "der ist und war und der kommt" (Offb 1, 4). Vor ihm muß jeder im Himmel, auf der Erde und unter der Erde sein Knie beugen, und jeder Mund muß bekennen, daß er der Herr ist (vgl. Phil 2, 10-11). Durch die Begegnung mit Christus entdeckt jeder Mensch das Geheimnis seines eigenen Lebens.

Jesus ist die wahre Neuheit, die jede Erwartung der Menschheit übersteigt. Er wird es durch die aufeinanderfolgenden Geschichtsepochen hindurch für immer bleiben. Die Menschwerdung des Gottessohnes und das Heil, das er durch seinen Tod und seine Auferstehung gewirkt hat, sind daher das eigentliche Kriterium für die Beurteilung der zeitlichen Wirklichkeit und jedes Vorhabens, das sich zum Ziel setzt, das Leben des Menschen immer menschlicher zu machen.

Das Große Jubiläum des Jahres 2000 steht vor der Tür. Seit meiner ersten Enzyklika Redemptor hominis habe ich auf dieses Datum mit der alleinigen Absicht hingewiesen, die Herzen aller darauf vorzubereiten, sich auf das Wirken des Geistes einzulassen. Es wird ein festliches Ereignis sein, das gleichzeitig in Rom und in allen, über die Welt verstreuten Teilkirchen stattfindet...

Neue Horizonte

Der Eintritt in das neue Jahrtausend ermutigt die christliche Gemeinschaft dazu, bei der Verkündigung des Reiches Gottes im Glauben auf neue Horizonte hinauszublicken. Aus diesem besonderen Anlaß verlangt es die Pflicht, mit Festigkeit und Treue auf die Lehre des II. Vatikanischen Konzils zurückzugreifen, die in den missionarischen Einsatz der Kirche neues Licht gebracht und dabei die heutigen Erfordernisse der Evangelisierung berücksichtigt hat.

In der Einheit wachsen

Auf dem Konzil ist sich die Kirche auf sehr lebendige Weise ihres Geheimnisses und der apostolischen Aufgabe bewußt geworden, die ihr von ihrem Herrn übertragen wurde. Dieses Bewußtsein verpflichtet die Gemeinschaft der Gläubigen, in der Welt zu leben, wohl wissend, daß sie "der Sauerteig und die Seele der in Christus zu erneuernden und in die Familie Gottes umzugestaltenden menschlichen Gesellschaft" sein muß.

Um dieser Verpflichtung wirksam zu entsprechen, muß sie in der Einheit bleiben und in der von ihr gelebten Communio wachsen.Das bevorstehende Jubiläumsereignis stellt einen starken Ansporn in dieser Richtung dar.

Der Welt das Licht bringen

Der Gang der Gläubigen in das dritte Jahrtausend leidet keineswegs unter einer Ermüdung, wie sie die Last von zweitausend Jahren Geschichte mit sich bringen könnte; vielmehr fühlen sich die Christen ermuntert durch das Bewußtsein, der Welt das wahre Licht zu bringen: Jesus Christus, den Herrn.

Wenn die Kirche Jesus von Nazaret als wahren Gott und vollkommenen Menschen verkündet, eröffnet sie jedem Menschen die Aussicht, "vergöttlicht" und damit mehr Mensch zu werden. Das ist der einzige Weg, durch den die Welt die hohe Berufung, zu der sie ausersehen ist, entdecken und in dem von Gott gewirkten Heil leben kann.

Neue Zeit der Gnade

In diesen Jahren der unmittelbaren Vorbereitung auf das Jubeljahr bereiten sich in Übereinstimmung mit dem, was ich in meinem Schreiben Tertio millennio adveniente geschrieben habe, die Ortskirchen durch Gebet, Katechese und Einsatz in den verschiedenen Formen der Seelsorge auf diesen Termin vor, der die gesamte Kirche in eine neue Zeit der Gnade und Sendung hineinführt. Das Näherrücken des Jubiläums ruft zudem wachsendes Interesse bei denjenigen hervor, die nach einem geeigneten Zeichen suchen, das ihnen hilft, die Spuren der Gegenwart Gottes in unserer Zeit zu erkennen.

Im Zeichen der Dreifaltigkeit

Die Vorbereitungsjahre auf das Große Jubeljahr wurden unter das Zeichen der Heiligsten Dreifaltigkeit gestellt: durch Christus -- im Heiligen Geist -- zu Gott Vater. Das Geheimnis der Dreifaltigkeit ist der Ursprung des Glaubensweges und sein letztes Ziel, wenn unsere Augen endlich auf ewig das Antlitz Gottes schauen werden. Während wir die Menschwerdung Gottes feiern, heften wir den Blick unverwandt auf das Geheimnis der Dreifaltigkeit. Jesus von Nazaret, der Gott geoffenbart hat, hat den im Herzen jedes Menschen verborgenen Wunsch nach Gotteserkenntnis erfüllt. Was die Schöpfung wie ein Siegel bewahrte, das ihr von Gottes Schöpferhand eingeprägt worden war, und was die Propheten des Alten Testaments als Verheißung angekündigt hatten, das tritt in der Offenbarung Christi endgültig in Erscheinung.

Ein Lobgesang

Jesus enthüllt das Antlitz Gottes, des Vaters "voll Erbarmen und Mitleid" (Jak 5, 11), und macht mit der Aussendung des Heiligen Geistes das dreifaltige Geheimnis der Liebe offenbar. Es ist der Geist Christi, der in der Kirche und in der Geschichte wirkt: auf ihn muß man unablässig hören, um die Zeichen der neuen Zeit zu erkennen und im Herzen der Gläubigen die Erwartung der Wiederkunft des verherrlichten Herrn immer lebendiger zu machen. Das Heilige Jahr wird daher ein einziger, ununterbrochener Lobgesang auf die Dreifaltigkeit, auf den Allerhöchsten, sein müssen.

Von Gottes Taten redenFolgende Begebenheit gab mir zu denken: Wir sind bei Freunden eingeladen. Das Gespräch kreist um die Situation unserer Gesellschaft, ihre Säkularisierung. Einige meinen, die Kirche komme da nicht mit, sei veraltet. Ich lege mich sofort ins Zeug, argumentiere für die Lehre der Kirche, weise auf die negativen Folgen heutiger Entwicklungen hin. Einleuchtend. Man hört mir zu. Mag sein... Aber vom Stockerl reißt das niemanden.

Argumente - gut und schön. Aber erwecken sie nicht leicht den Eindruck, Christen wollten eine angeblich heile Welt von gestern bewahren und seien gegen alles, was sich heute entwickelt?

Ist das unser eigentliches Anliegen? Nein. Heute wie vor 2000 Jahren geht es doch darum, von den Wundertaten Gottes zu sprechen, von Seinem Wirken in unseren Tagen, in unserem Leben, im Leben unserer Mitmenschen. Und genau das, habe ich an jenem Abend nicht getan.

Im Jubeljahr 2000 sollten wir aber die Gelegenheit zu solchem Zeugnis nutzen: einfühlsam und nicht aufdringlich von Gott erzählen, der unser Leben trägt. Das setzt natürlich voraus, daß wir Ihn in unserem Leben auch erfahren, Ihm die Tore öffnen, damit wir wegkommen von der angestrengten Art, unser Christsein zu leben, ständig besorgt, im Gegenwind des Zeitgeistes nicht außer Tritt zu kommen. Geht uns Christen hierzulande nicht die Freude an unserem Gott allzu sehr ab?

Das Jahr 2000 ist die Gelegenheit, uns mit dieser Freude beschenken zu lassen. Die Freude an Gott und Seinem Wirken ist unsere Kraft. An ihr kann die Welt erkennen, wie anziehend ein Leben mit Jesus Christus ist. Von ihr werden sich viele stark angezogen fühlen. CG

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