Auf einer Anhöhe inmitten des biblischen Flachlandes, das an die tragische Geschichte von Simson und Delila erinnert, 30 Kilometer von Jerusalem entfernt, erhebt sich in Deir Rafat, eingebettet in einen riesigen Olivenhain, die Wallfahrtskirche „Unsere Königin von Palästina“, das Ziel vieler Pilger und Touristen.
Aus Anlass seines Einzugs in die Auferstehungs-Kirche am 15. Juli 1920 und der Weihe seiner Diözese an Maria, hatte Patriarch Luigi Barlassina (1872-1947) die Gottesmutter zum ersten Mal unter dem Namen „Königin von Palästina“ angerufen. Das Heiligtum ließ er 1927 errichten und stellte damit seine Diözese unter den Schutz Mariens.
Über der Fassade der Kirche befindet sich eine 6 Meter hohe Bronzestatue der „Regina Palaestinae“, die ihre rechte Hand segnend über das Land hält. Um Maria als Mutter der Weltkirche zu ehren, schrieb Patriarch Barlassina Bischöfe in der ganzen Welt an mit der Bitte, ihm die wortgetreue Übersetzung des Engelsgrußes „Ave Maria“ in der jeweiligen Sprache zukommen zu lassen.
Es gingen 404 Übersetzungen ein. Der arabische Künstler Mubarak Saad, ein aus Jerusalem stammender Christ, wählte 280 davon aus. Seither schmücken Engel, das „Ave Maria“ an Bändern haltend, das Gewölbe der Wallfahrtskirche. Dem Künstler half damals ein Theologiestudent namens Giuseppe Giacomo Beltritti. Dieser damals junge Italiener wurde 1970 Lateinischer Patriarch von Jerusalem und wählte nach seiner Abdankung im Jahre 1987 Deir Rafat als seinen Alterssitz. Er starb am 1. November 1992, während er den Rosenkranz betete.
Im Vertrauen auf die Macht des Gebetes und der Fürbitte Mariens beschwören alljährlich am letzten Sonntag im Oktober die Christen vor Ort ihre Friedenssehnsucht in diesem von so vielen Schwierigkeiten und Spannungen geschüttelten Land.
Auch in diesem Jahr versammelten sich dort Hunderte von Gläubigen aus Israel und Palästina. Eine Gelegenheit, die göttliche Barmherzigkeit zu erflehen und eine erneute Liebeserklärung der Patronin dieses Landes zu machen.
Der Eucharistiefeier stand der Apostolische Nuntius Msgr. Leopoldo Girelli als Hauptzelebrant vor mit zahlreichen Priestern und Ordensleuten. Die Lokalchristen und Pilger aus aller Welt vervollkommneten das bunte Mosaik des Festivals.
In seiner Predigt sprach Hanna Kaldani, Patriarchalvikar von Nazareth, von dem Platz, den die Jungfrau Maria in unseren Herzen haben soll, und von der Liebe, die sie für uns alle hat: „Maria ist die Mutter aller Christen in diesem Land. Ihr Sohn vertraut ihr unsere Freuden und Sorgen an. Möge sie uns helfen, die Hoffnung nicht aufzugeben; denn wenn wir die Hoffnung verlieren, verlieren wir unseren Glauben und leben in Trauer.“
Der Autor ist gemeinsam mit seiner Frau Louisa (siehe Portrait 2/10) Fremdenführer im Heiligen Land und Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschien: Maria Siegerin, Eine kleine Frau wendet den Lauf der Geschichte.