Drei Wochen tagte die Synode, die über neue Wege der Evangelisation in Amazonien beraten sollte. Die an ihrem Ende erhobenen Forderungen nach der Weihe bewährter, verheirateter Männer zu Priestern und nach neuerlicher Überprüfung (wie oft noch?), ob das Diakonat nicht für Frauen geöffnet werden könne, deuten darauf hin, dass auch ein Umbau der Kirche anvisiert wird. Wir werden sehen, ob Papst Franziskus diesen Forderungen nachkommt.
Diesbezüglich muss man abwarten. Schon jetzt ist aber zu reagieren auf das, was sich am Rande der Synode abgespielt hat: Da fand am 4. Oktober in den vatikanischen Gärten im Beisein von Papst und hohen Würdenträgern der Kirche ein Ritual statt, das jeder, der unvoreingenommen Videos davon (auf You Tube gibt es jede Menge) betrachtet, als heidnisches Ritual erkennt.
Eine Gruppe indigener und anderer Menschen – auch ein Franziskaner – versammelte sich rund um einen Teppich, auf dem Gegenstände platziert waren, darunter zwei kleine Statuen, erkennbar als nackte, schwangere Frauen. Unter Anleitung einer Frau – wohl eine Schamanin – führten die Leute Tänze aus, knieten nieder, warfen sich zu Boden, berührten ihn mit der Stirne, hoben die Arme zum Himmel…
Wenige Tage später wurden solche Figuren ehrfurchtsvoll – getragen von kirchlichen Würdenträgern – zum Gebet in den Petersdom mitgenommen sowie in die Synoden-Aula. Animistische Zeremonien – verwirrend vermischt mit christlicher Symbolik – gab es weiters in der nahe beim Vatikan gelegenen Kirche Santa Maria in Traspontina. Von dort wurden mehrere der erwähnten Figuren schließlich am 20. Oktober von Alexander Tschugguel „entwendet“ und in den Tiber geworfen. Im Zuge der dadurch ausgelösten Aufregung wurde endlich auch klar: Es handelte sich um „Pachamama“-Figuren.
Wer unter Pachamama in wikipedia nachliest, erfährt: „Die Göttin Pachamama (…) gilt einigen indigenen Völkern der Anden Südamerikas als personifizierte Erdmutter, die Leben in vielfacher Hinsicht schenkt, nährt, schützt und zu ritueller Kommunikation fähig ist.“ Sie werde als allmächtige Göttin verehrt. Interessant – eine Göttin also, aber nicht aus Amazonien, sondern von den Anden. Wirkt das nicht wie eine gewollte Inszenierung, die nicht Folklore aus dem Amazonasgebiet zeigen, sondern heidnische Praktiken ins Zentrum der Kirche importieren sollte?
Die Verantwortlichen in Rom jedenfalls taten das Geschehen als unbedenklich ab. Jedenfalls kein Grund, sich über Götzenkult in der Kirche aufzuregen. Ein Leitartikel der Wochenzeitung Die Furche sprach daher von „Impertinenz der Erzkonservativen“, die sich über diese „völlige Nebensächlichkeit“ erhitzt hätten.
Proponenten des Neuheidentums jedoch begriffen sofort, dass hier ein geistiger Durchbruch stattfand. Sie feierten (siehe S. 31) das Ritual im Vatikan als Geschehen, „das die Tür in eine für uns Heiden viel rosigere Zukunft öffnen wird.“ Nachzulesen auf einer Homepage, die News aus der Welt des Heidentums verbreitet.
Wie skandalös all das tatsächlich ist, wird noch deutlicher, wenn man erfährt, dass ein Priester in Verona am 25. Oktober eine Vigil zum Thema Mission in seiner Kirche gefeiert hat, in der er die Gläubigen einlud, folgendes Gebet zu sprechen: „Pachamama dieser Örtlichkeiten, trink und iss, so viel du willst, von diesem Opfer, auf dass diese Erde fruchtbar sei. Pachamama, gute Mutter, sei uns gnädig, sei uns gnädig!…“
Wohl ein Einzelfall, hofft der Leser solcher Nachricht. Falsch! Der Pfarrer verwendete eine im Vorfeld der Synode von der Italienischen Bischofskonferenz erstellte Unterlage mit dem Titel „Bien Vivir“ (Gut leben), die das zitierte Gebet empfahl.
Alles in allem wirklich ein Skandal: Heidnische Kulte, zum Teil christlich verbrämt, mitten in der Kirche. Hat man vergessen, dass das Anbeten von Götzen keine „Nebensächlichkeit“ ist? Offenbar mangelt es an Überzeugung, dass die Botschaft, die Jesus verkündet und die Er uns anvertraut hat, absolut einmalig ist: dass Gott selbst Mensch geworden ist, um uns nahe zu sein und uns in die ganze Wahrheit einzuführen. Wie viele Märtyrer opferten ihr Leben, weil sie sich weigerten, Götzen anzubeten!
Die vielen Dialogveranstaltungen, in denen religiöse Führer quasi „auf Augenhöhe“ miteinander reden, verleiten zu der Meinung, jede Religion führe irgendwie zum Heil. Sogar das von Papst Franziskus und dem Kairoer Groß-Imam unterzeichnete Dokument über die Geschwisterlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt enthält die dem Glauben widersprechende Aussage: „Der Pluralismus und die Verschiedenheit in Bezug auf Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Ethnie und Sprache entsprechen einem weisen göttlichen Willen, mit dem Gott die Menschen erschaffen hat.“ Gott sei Dank schwächte der Papst diese Feststellung im März ab und erklärte: „Gott erlaubt dies nur.“
Was da zutage tritt, sollte uns alarmieren. Hier geht es um das Zentrum unseres Glaubens, um das erste Gebot. Am Sinai verkündete der Herr: „Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine Götter haben.“ (Ex 20,2f) Also: keine Pachamamas, keinen Allah, keinen Brahma…
Wir leben in einer Zeit, die von der Diktatur des Relativismus geprägt ist, vor der Papst Benedikt XVI. oft gewarnt hat. Sie verführt zum Synkretismus und dazu, selbst in der Gottesfrage großzügig, nicht doktrinär und nur ja nicht diskriminierend zu sein. Wir alle sind bedroht, in diese tödliche Falle zu tappen. In der Gottesfrage geht es aber ums Ganze. Das sagt uns die Schrift: „Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben (…) Liebe den Herrn, deinen Gott, hör auf seine Stimme, und halte dich an ihm fest…“ (Dt 30,19f)
Wohlgemerkt: Segen und Fluch. Wir müssen uns immer wieder in Erinnerung rufen: Alles entscheidet sich an Jesus Christus: „Niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (Joh 14,6); wer nicht für mich ist, der ist gegen mich…“ (Mt 12,30); getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen (Joh 15,5)…
Eines sollten wir uns wieder in Erinnerung rufen: Wer nicht zm wahren Gott betet, öffnet sich für die Dämonen. Es gibt keine geistige Neutralität.