Zwei Drittel der Bevölkerung von Burkina Faso sind Muslime, die bisher friedlich mit den Christen zusammenlebten und vielfach gute Beziehungen mit ihnen pflegten. In letzter Zeit sind die Christen dort jedoch mit einem noch nie dagewesenen Anstieg des Islamismus und mit Gewalttaten konfrontiert. Im Folgenden ein Gespräch mit Br. Philippe Bai, der seit 40 Jahren in Burkina Faso lebt.
Sie unterrichten als Mitglied der Schulbrüder. Sind die Spannungen in Ihren Schulen spürbar?
Br. Philippe Bai: Irgendetwas verhärtet sich. In meiner Schule in Bobo-Dioulasso gibt es Anzeichen der Radikalisierung unter den Schülern. Eine Schülerin veränderte ihr Verhalten, nachdem sie sich einem radikalen Islam zugewendet hatte – und sie ist nicht die einzige. Einige Burschen geben Mädchen nicht mehr die Hand. Andere Jugendliche verurteilen die Treffen der Führer unterschiedlicher Religionen. Das sei unrein. Das sind bedrohliche Zeichen, umso mehr als die Islamisten vor allem unter Jugendlichen werben. Terroristen rekrutieren vor allem unter Jungen aus schwierigen sozialen Verhältnissen und machen aus ihnen Killer. (…)
Seit kurzem ist Burkina Faso Schauplatz von christenfeindlichen Handlungen. Wie ist das Klima vor Ort?
Philippe Bai: Es gibt keinen Schrecken und keine Hysterie. Allerdings macht sich Angst breit, das ist nicht zu leugnen. Nach dem Sturz von Präsident Blaise Compaoré im Jahr 2015 haben in Burkina Gewalthandlungen zugenommen, ausgehend insbesondere von Mali. Seit damals gibt es einen starken Anstieg der Gewalttätigkeit.
Wie gut auch die Beziehungen zwischen den Gemeinschaften sein mögen, so kann heute doch niemand sagen, er sei wirklich in Sicherheit. Die Angriffe in den letzten zwei Monaten haben eindeutig die Christen im Visier, was früher weniger der Fall war. Heute teilen sie die Leute nach der Religion, um dann die Christen umzubringen. Dort wird gezielt vorgegangen. Ja, es gibt die Angst, aber die Leute setzen ihr Vertrauen auf Gott.
Was ist der Ursprung der Spannungen zwischen Muslimen und Christen?
Philippe Bai: Natürlich gibt es Spannungen. Jetzt aber muss man eine Veränderung im Islam befürchten. Im Süden des Landes vertreten Gruppen, die kürzlich islamisiert wurden, dass sie die wahren Muslime sind. Sie folgten einem reineren Islam, einem authentischeren. Und sie sind für Radikalisierung weitaus anfälliger. Dieses Erwachen des Islam ist nicht spezifisch für Burkina. Solange Präsident Blaise Compaoré im Amt war, blieb das Land vor Gewalthandlungen verschont. Aber heute nehmen die Unordnung, die Gewalt zu.
Auszug aus einem Gespräch, das Raphaël Habrard und Thomas Belleil für Famille Chrétienne v. 23.7.19 geführt haben.
Opferbilanz islamischer Terrorangriffe
Am 29. April sowie am 12. und 13. Mai kamen 16 Menschen bei einer Serie von terroristischen Angriffen im Norden ums Leben: davon 6 in Dablo, 4 in Zimtenga und 6 in Silgadji.
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Bewaffnete Männer griffen am 26. Mai die Sonntagsmesse in der Pfarre Notre Dame de Tout Joie de Toulfè im Norden des Landes an, töteten 4 Pfarrmitglieder und verletzten mehrere andere.
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In Hantoukoura im Osten von Burkina Faso an der Grenze zum Niger wurde am ersten Adventssonntag der Sonntagsgottesdienst gestürmt und 14 Gläubige getötet. Der Anschlag galt der protestantischen Gemeinde.