Das erste, worüber wir Christen uns klar sein müssen, ist, dass die Priester Christusträger sind und zwar nicht auf Grund ihrer eigenen Verdienste, sondern auf Grund einer Gabe, die Gott direkt in ihre Seele legt. Diese Gabe ist nicht nur für sie selbst, sondern auch für die anderen bestimmt. Jeder Priester ist Jesus Christus, der sich der Welt hingibt.
Das Zweite, was wir bedenken müssen ist, dass Gott nicht die Perfekten aussucht, sondern er wählt, wen auch immer er will und er hat dabei eine besondere Vorliebe für die Sünder, die Allerschwächsten. Deshalb darf es uns nicht wundern, wenn wir immer wieder erkennen, dass ein Priester ein ganz normaler Mann ist, d.h. ein Sünder, der durch Gottes Gnade erlöst und erhoben wurde. Manchmal erstaunt es uns, dass Gott sich mit den Sündern vermählt, statt nur mit den Perfekten ein Bündnis einzugehen.
Aber das ist die Kirche: Gottes Bund mit uns allen, gerade weil wir Sünder sind. Nicht die Gesunden brauchen den Arzt. Nur die, die keine Sünder sind, brauchen keinen Erlöser für ihre Seelen. Deshalb brauchen wir alle Christus. Wer hofft, in den Priestern Supermenschen zu finden, wird eine große Enttäuschung erleben.
Jeder Priester spiegelt die Liebe Gottes zu uns wider: ganz und gar, bedingungslos, treu, menschlich und göttlich zugleich. Jesus Christus wäscht unsere verschmutzten Füße durch die Priester und es macht nichts, dass ihre Füße ebenso schmutzig sind, denn die Wirksamkeit ihres Priestertums hängt nicht von ihren menschlichen Fähigkeiten ab, sondern von Jesus, der in ihnen wohnt und sich durch sie hingibt. Der heilige Paulus sagt ganz klar: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“
Die Gnade Gottes zwingt und versklavt uns niemals. Deshalb haben die Priester dieselbe Freiheit wie jeder andere Mensch, diese Gabe anzunehmen und fruchtbar werden zu lassen oder sie in ihrem Inneren verfaulen zu lassen und so zu zerstören.
Was können wir für unsere Priester tun? Zuallererst sollen wir sie lieben so wie jeden anderen Menschen: wahrhaftig, bedingungslos, menschlich und göttlich zugleich. Wir sollen auch für sie beten, um ihre Seelen zu unterstützen und zu schützen. Der Feind Gottes hasst und attackiert besonders die Seelen der Priester, denn er weiß, wie wichtig jeder einzelne von ihnen für die Rettung so vieler Seelen ist. Das Gebet für die Priester ist nicht bloß eine Zierde, sondern wirklich wirksam.
Und drittens können wir alle das ausüben, was die Kirche das „gemeinsame Priestertum der Gläubigen“ nennt. Das bedeutet, dass jeder einzelne von uns die Gabe Gottes annimmt und sie mit den anderen teilt. Wir alle können Botschafter der Gnade sein. Wir alle können treue Träger Jesu sein oder aber ihn verbergen und seine Gaben vergraben.
Der Autor (Portrait 6/16) ist Regisseur der weltweit erfolgeichen Filme: Der letzte Gipfel, Marys Land, Das größte Geschenk. Sein Beitrag ist ein Auszug aus einem Interview in kath.net v. 4.3.20