2010 hatte Asia Bibi in Pakistan muslimischen Nachbarinnen Wasser gebracht und vorher daraus getrunken. Es sei nun unrein, hieß es, was Asia Bibi bestritt. Mohammed hätte das nie gesagt. Diese Aussage wurde als Blasphemie ausgelegt und Asia Bibi wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt. Auf internationalen Druck wurde sie 2018 freigesprochen, was einen Aufstand gegen die pakistanische Regierung auslöste, sodass sie erst 2019 nach Kanada ausreisen konnte. im Folgenden ein Gespräch über ihre Zeit im Gefängnis:
Waren Sie immer eine gläubige Christin?
Asia Bibi: Ich bin in einer Atmosphäre der Frömmigkeit aufgewachsen. Meine Familie war sehr gläubig, und meine Eltern haben mich den Katechismus gelehrt. An jedem Tag, den Gott uns schenkte, haben wir gebetet. Seit meiner frühesten Kindheit bin ich am Sonntag in meinem Dorf (im Punjab, im Osten Pakistans) in die Messe gegangen. Als ich sieben oder acht Jahre alt war, sind wir übersiedelt. In dem Dorf dort gab es keine Kirche, aber einen Andachtsraum, wo wir beten konnten. Die kleine christliche Gemeinschaft versammelte sich sonntags dort zu einer Feier. Mein Vater und meine Cousins waren sehr engagiert, die Liturgie zu gestalten. Ein Onkel war der Zelebrant.
Was haben Sie gefühlt, als man Sie ins Gefängnis warf?
Asia Bibi: Zunächst war ich wütend. In meinem Kopf drehte sich alles um die Frage: Warum? Aber da war auch noch etwas, was mir Sicherheit gab. Im Fahrzeug, das mich fortführte, wusste ich, dass ich ins Gefängnis fuhr im Namen Jesu. Ich wusste, dass ich eine Prüfung in Seinem Namen zu ertragen haben würde.
Ungerecht verurteilt – kam Ihnen da nicht der Gedanke, von Gott verlassen zu sein?
Asia Bibi: Tatsächlich, die Strafe war ja ungerecht. Ich sah Jesus am Kreuz schreien: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Ich habe mir zeitweise diese Worte Jesu zu eigen gemacht. Ärger habe ich eigentlich nicht verspürt, sondern eher Verzweiflung. Ich spürte, wie sie langsam mein ganzes Wesen erfasste, sich in meinen Geist einnistete. Ich habe mich dann aber wieder erfangen und mein ganzes Vertrauen auf Gott gesetzt. So wurde mein Glaube geprüft. Ich war von meiner Unschuld überzeugt. Und ich wusste: Wenn man sein Leben verliert, obwohl man unschuldig ist, so kann dies nur im Namen Jesu geschehen.
Haben Sie im Gefängnis regelmäßig gebetet?
Asia Bibi: Ich habe mit Jesus gesprochen. Ich stellte Ihm meine Fragen, sagte Ihm all meine Zweifel und bat Ihn, mich zu stärken. Ich sagte Ihm, dass ich fest entschlossen sei, diese Prüfung, die mir das Leben auferlegt hatte, zu bestehen. Ich hatte eine Bibel bei mir und ein Liederbuch. Ich habe oft die Psalmen gebetet, die Evangelien gelesen, das Vaterunser gebetet. Oft habe ich den Namen Marias wiederholt. Das Gebet hat mich durchgetragen. Ich war so im Glauben gestärkt, dass ich überzeugt war, eines Tages freizukommen.
2010 hat Papst Benedikt XVI. am Petersplatz für Sie gebetet…
Asia Bibi: Das war eine tief empfundene Freude. Mein Mann hat mir diese Nachricht überbracht – zehn Tag nach meinem lächerlichen Prozess. Ich war zutiefst bewegt… Merkwürdig, und ich kann es auch nicht erklären: Im Gefängnis hatte ich so etwas wie eine Vorahnung, dass er für mich betete. In meinem Inneren fühlte ich mich von seinen Gebeten und den Gebeten so vieler getragen. Mein Mann sagte mir, dass Tausende in der Welt für mich beteten, eine wahre weltweite Brüderlichkeit. Für mich besteht heute kein Zweifel: Diese Gebete wurden erhört.
Was haben Sie empfunden, als man Ihnen mitteilte, dass Sie freikommen würden?
Asia Bibi: Ich habe mich hingekniet und tief verneigt. Mein erster Gedanke war an den Schöpfer gerichtet. Ich habe meinem Herrn meine große Dankbarkeit ausgesprochen. „Herr, ich danke Dir so sehr, weil Du mich befreit hast! Danke Herr, weil Du mir gestattet hast, zu denen zu gehören, die eine solche Prüfung bestehen konnten. Danke, dass Du mir dazu die Kraft gegeben hast, mir, einem einfachen Menschenkind.“
Konnten Sie einen Sinn in diesem Leiden entdecken?
Asia Bibi: Was ich in meiner Haftzeit gelernt habe, war – Geduld. Was auch immer geschieht, die Geduld, die Duldsamkeit, der Glaube, sie können helfen, Prüfungen zu bestehen. Heute kann ich sagen, dass diese Prüfung meinen Glauben gestärkt hat. Ich bin überzeugt, dass ich mich an diesem Glauben bis zu meinem letzten Atemzug festklammern werde. In der Stunde meines Todes wird der Namen Jesu in meinem Herzen und auf meinen Lippen sein.
Sie glauben an die Macht des Gebets. Was können Sie jenen sagen, die nicht mehr glauben?
Asia Bibi: Ich werde für sie beten. Ich will für alle Menschen beten, die sich verirrt haben, damit sie den Weg zum Glauben finden. Denn ich weiß, welcher Schatz der Glaube ist, der Glaube, der das Leben schenkt. In den Prüfungen, den schweren Zeiten kann man seine Schwachheit eingestehen und den Kopf hängen lassen – aber niemals den Glauben verlieren.
Sie wollen Ihren Kampf für die Befreiung der wegen Blasphemie verurteilten Personen fortsetzen…
Asia Bibi: Niemand darf wegen Blasphemie verurteilt werden. Ich bin der Ansicht, dass der Islam Reformen nötig hat. Ich würde mir wünschen, dass Papst Franziskus und wir alle für die Religionsfreiheit beten. Man muss Gott bitten, jene zu beschützen, die gegen dieses absurde Gesetz kämpfen! Ich möchte diesen Kampf von Frankreich aus gemeinsam mit Anne-Isabelle (Anne-Isabelle Tollet, die Journalistin, die ihren Fall in die Öffentlichkeit gebracht hat, Anm) führen. Ich bin ihr sehr verbunden. Sie war es, die mich in der Weltöffentlichkeit bekannt gemacht hat.
Das Gespräch führte Hugues Lefèvre für Famille Chrétienne v. 27.2.20