VISION 20003/2020
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Er kämpfte für die Wahrheit

Artikel drucken Dr. Josef Rötzer, Pionier der Natürlichen Empfängnisregelung wäre heuer 100 Jahre alt (Von Alexa Gaspari)

Ein Anruf bei Elisabeth Rötzer ist immer ein Vergnügen. Sie hat nämlich das ansteckendste Lachen, das ich kenne. Und sie ist immer guter Laune. Wir haben lange miteinander telefoniert, und sie hat mir viel erzählt. Aber: Nein, es soll kein Portrait von ihr, sondern von ihrem Vater Dr. Josef Rötzer werden. Er hätte heuer seinen 100.Geburtstag. Obwohl er schon 2010 gestorben ist, bleibt seine wissenschaftliche  Arbeit über „Natürliche Empfängnisregelung“  in einer Zeit in der alles Bio, alles natürlich sein soll, sehr aktuell. Die „sympto-thermale Methode“ eröffnet nämlich die Möglichkeit einer sicheren Empfängnisregelung ohne Chemie und Technik, daher auch ohne schädlichen Nebenwirkungen.
Mit Erstaunen habe ich übrigens festgestellt, dass meine erste Begegnung mit Dr. Rötzer ca. 45 Jahre zurückliegt. Ich hatte einige Zeit davor in der katholischen, amerikanischen Zeitung Sign – die wir nach einem Aufenthalt in den USA abonniert hatten – über die Wirkungsweisen der „Pille“ gelesen. So erfuhr ich, dass diese  auch die Gebärmutterschleimhaut so verändert,  dass ein vielleicht doch befruchtetes Ei sich nicht einnisten kann. Das ist dann eine Abtreibung – auch wenn diese Nebenwirkung selten eintritt! Trotzdem ein „No go“.
Andrerseits gab es dort einen Artikel über das Ehepaar Billings, das eine natürliche Methode der Familienplanung vertrat. So bat ich Sign um weitere Infos zu dieser Methode. Prompt darauf die Antwort: „In Österreich haben Sie doch Dr. Josef Rötzer und brauchen die Billings-Methode nicht.“
So bestellte ich zunächst die 7. Auflage, seines Buches Kinderzahl und Liebesehe – ein Leitfaden zur Regelung der Empfängnis. Und im Gefolge der Lektüre landete ich, eben vor 45 Jahren, bei einem Einführungsvortrag von Rötzer zum Thema der „Sympto-thermalen Methode der Natürlichen Empfängnisregelung“ im schönen Baden bei Wien. Mit gemischten Gefühlen ging ich hin, handelt es sich doch um ein sehr persönliches, intimes Thema.
Doch schon damals fiel mir auf, dass er dieses heikle Thema einfühlsam, klar, voll Respekt vor den Frauen – und mit Humor zu behandeln verstand. Da war nichts peinlich. Hochinteressant, wie er den Zuhörern eine neue Sicht der biologischen Vorgänge im Körper der Frau und einen für Ehepaare partnerschaftlichen Zugang zur Empfängnisregelung erschloss. Ein Zugang, sowohl für Paare, die sich sehnlich ein Kind wünschen, wie für solche, die aus wohlüberlegten Gründen gerade kein weiteres Kind verantworten können.
1996 durfte ich dann mit Ehepaar Rötzer und Tochter Elisabeth in ihrem hübschen, alten, verwinkelten Haus in Vöcklabruck in einer herzlichen Atmosphäre ein Gespräch führen. Der Arzt erzählte, er sei gebürtiger Wiener: Geboren 1920, besucht er in Wien die Volksschule und anschließend das Realgymnasium in der „Stubenbastei“. In der Pubertät lehnt er den sonntäglichen Gang zur Kirche mit den Eltern wegen „zu fad“ ab. Wer kennt das nicht? Doch das Beispiel eines Mitschülers, den er auf dem Weg zur Schule oft aus der Stephanskirche kommen sieht, motiviert ihn selbst immer wieder hineinzugehen. Und so tritt er mit 15 Jahren der Marianischen Studentenkongregation bei. Diese Gemeinschaft und deren Leiter P. Löbe SJ prägen sein Engagement für den Glauben. Dr. Rötzer: „Bei P. Löbe haben wir den Mut zum Eigenständigen gelernt, wie man für eine Überzeugung eintreten kann.“  Diese Haltung wird er später gut brauchen.
1938 maturiert er als Klassenbester und meldet sich zum Bundesheer als Einjährig Freiwilliger, da seine Eltern seinem Wunsch, Theologie zu studieren und Jesuit zu werden, nicht zustimmen. Der Einmarsch Hitlers in Österreich vereitelt dies, und er wird 1938 zur Wehrmacht eingezogen, um dann am Polenfeldzug teilzunehmen.
In der Kiste mit Büchern, die er nach Polen mitnimmt, ist auch die Heilige Schrift. Ohne Scheu vor den Kameraden liest er darin. Erklärt auch einmal, „dass sich Hitler an der katholischen Kirche die Zähne ausbeißen wird.“ Eine gefährliche Aussage! Als die Obrigkeit eines Tages von Rötzers religiösem Eifer erfährt, wird er zurück nach Österreich versetzt, wohl um eine religiöse Ansteckung in der Truppe zu verhindern. Nun soll er Soldaten in Linz, später in Wels ausbilden. Das erweist sich als großes Glück, denn die Truppe, mit der er in Polen war, kommt später nach Stalingrad.
Vor seinem nächsten Einsatz hat er noch etwas Urlaub und einen Urlaubschein, der ihn berechtigt, mit der Bahn von Wien bis Bregenz zu fahren. Er jedoch fährt damit bis Dresden, Berlin und Rostock! Wie das möglich war? Man muss eben nur dreist genug sein und Menschenkenntnis besitzen! Elisabeth berichtet lachend: „So hat er es erzählt: Wurde er an einem Fahrkartenschalter darauf aufmerksam gemacht, dass z.B. Berlin nicht auf der Strecke nach Bregenz liege, so ging er zum nächsten Schalter und bekam dort prompt die Fahrkarte nach Berlin.“ Ja, ja, die Geographie! Der junge Rötzer rechnete zu Recht damit, dass niemand gerne zugibt, nicht zu wissen, wo Berlin, Dresden oder gar Bregenz, liegen.
Im August 1941 soll er – mittlerweile als Unteroffizier – Rekruten nach Russland führen. Nach langer Bahnfahrt geht es 1.500 km zu Fuß bis Minsk. Wieder hat er die Bibel im Gepäck und liest darin, so oft es geht. Den Rekruten entgeht das nicht. Es imponiert ihnen. Als sich die Möglichkeit eines Wortgottesdienstes ergibt, ist seine ganze Gruppe dabei!
Nach drei Jahren Dienstzeit beginnt Rötzer, dank eines Befehls aus Berlin, Soldaten mit drei Jahren Dienstzeit, die Medizin studieren wollen, seien freizustellen, im Wintersemester 1941/42 mit dem Medizinstudium. In eineinhalb Jahren absolviert er – meist mit Auszeichnung – das Vorklinikum. 1943 arbeitet er in einem Lazarett für Hirnverletzte. Und 1944 lernt er bei einem Sommereinsatz im Krankenhaus von Vöcklabruck seine Frau Margareta kennen. Da er noch keine Unterkunft hat, bittet er nach der Sonntagsmesse den Kaplan diesbezüglich um Hilfe. Dieser wendet sich an ein Mädchen aus der katholischen Mädchengruppe: „Gretl, kannst du für diesen Herrn ein Zimmer suchen?“ Der junge Mann weiß nicht, dass die Gretl von seinem Gang zur Kommunion – in Uniform (!) – beeindruckt war. Rötzer erzählt damals lächelnd: „Nach nur sieben Wochen waren wir uns einig: Wir werden heiraten.“
Doch noch ist Krieg. Letzter Kriegseinsatz: Oktober 1944 in Padua (Oberitalien) in einem Feldlazarett, das später durch die Amerikaner besetzt wird. Der junge Mediziner ist nun Kriegsgefangener. Da er gut Englisch spricht, wird er als Dolmetscher herangezogen. Einem jungen Mitgefangenen, der wegen Desertion zum Tod verurteilt werden sollte, rettet er durch sein Eingreifen damals das Leben. Mut beweist er auch bei einem Besuch des kommandierenden Generals der US-Gefangenenlager in Italien. Als dieser die Kriegsgefangenen,  die vor seinen Augen Fußball spielen, vor ein Kriegsgericht bringen will, widerspricht ihm der Dolmetscher vorsichtig: „Das sind fast alles Österreicher, Katholiken. Und: Sind die Amerikaner nicht in den Krieg eingetreten, um Europa Frieden und Freiheit zu bringen? Hier könnten Sie damit anfangen.“ Da war Funkstille, erinnerte er sich: „Eigentlich war ich ja frech. Doch der General sagt Okay, dreht sich um und geht.“ Das wars.
1945 werden die Gefangenen entlassen, und der junge Rötzer ist im Sommer wieder zu Hause. Im November heiratet er Margareta und studiert die letzten zwei Semester, die ihm noch fehlen. 1947 promoviert er zum Dr. med. univ.  in Wien. Es folgen zwei Jahre am Pathologisch-Anatomischen Institut der Uni Wien. Ab 1951 arbeitet Rötzer als Amtsarzt in Vöcklabruck.
Mittlerweile haben sich bei dem jungen Ehepaar in rascher Folge drei Kinder eingestellt (fünf werden es werden, das dritte ist übrigens Elisabeth). Das Ehepaar stellt sich die Frage, was zu tun sei, um die rasante Entwicklung etwas zu steuern. Da beide von der Richtigkeit der katholischen Lehre zur Empfängnisregelung überzeugt sind – Verhütung: nein, doch Empfängnisregelung: ja – wird ein gangbarer Weg gesucht.
Rötzer hat mir damals erzählt: „Auf der Wiener Frühjahrsmesse 1951 wurde zur Empfängnisregelung ein Frauenthermometer zur Messung der morgendlichen Temperatur angeboten.“ Der junge Arzt ist sehr interessiert. Im Studium war davon nie die Rede gewesen. Frau Rötzer ist bereit, es auszuprobieren. Nebenbei beobachtet sie körperliche Vorgänge, die das Auf und Ab der Temperaturlage begleiten: In der Zeit, da die Temperatur das Niveau verändert, gibt es z.B. einen eigentümlichen Schmerz im Unterleib sowie eine besondere Sekretion. So ist seine Frau Margarete von Anfang an eine unersetzliche Hilfe für seine Arbeit. Heute erzählt mir Elisabeth dazu, ihre Mutter habe, wenn ihr Mann Jahre später wieder lang bei Vorträgen im Ausland unterwegs war, scherzhaft gemeint: „Hätte ich das gewusst, so hätte ich ihm nichts von meinen Beobachtungen erzählt“.
Rötzer damals: „Ich habe dann in in- und ausländischen Bibliotheken Publikationen zu diesem Zervixschleim gefunden, mit der Bemerkung, manche Frauen könnten ihn selbst beobachten. Da auch meine Frau dies beobachtet hatte, dachte ich, alle Frauen könnten dies erlernen. Das war der Einstieg in die Natürliche Empfängnisregelung.“ Sie beruht auf der wissenschaftlich gesicherten Tatsache, dass das vom Eierstock freigegebene Ei (Eizelle) nur wenige Stunden befruchtungsfähig ist und es im Zyklus der Frau daher nur wenige fruchtbare Tage gibt.
Rötzer versucht nun, neue Erkenntnisse über den Zyklus mit allen Symptomen, die für die Erkennung der fruchtbaren Tage notwendig sind, für die praktische und sichere Anwendung dieser Methode zu erarbeiten. Ende der fünfziger Jahre hält er die ersten Vorträge darüber. Als Amtsarzt sollte er sich ja ohnedies auch um Familienberatung kümmern.
Je mehr er seine Forschungsarbeit, seine Vorträge und die Beratungen für Frauen fortsetzt, desto mehr erhält er positive Rückmeldungen: Erfolge in der Familienplanung stellen sich ein und ein Körperbewusstsein sowie „ein wunderbarer Zugang zum Frausein“ – wie eine Ärztin schreibt,  die in ihrer Jugend einen Vortrag Rötzers gehört hatte –  erleben viele, die sich auf diesen Weg einlassen. So beginnen immer mehr Frauen mit Aufzeichnungen der Temperaturkurven sowie der Symptome und überlassen dem Arzt ihre Tabellen zur wissenschaftlichen Auswertung.
1965 veröffentlicht Rötzer sein erstes Buch: Kinderzahl und Liebesehe. Darin spricht er auch von der erfreulichen Nebenerscheinung der Natürlichen Empfängnisregelung nämlich, dass Ehepaare „vom seelischen Gleichklang und dem Verständnis füreinander“ berichten. Und weiters, dass „in einer echten Liebesgemeinschaft“ jeder danach streben sollte, „das zu tun, was dem anderen hilft.“ Auch der Mann müsse zur Empfängnisregelung seinen Teil beitragen. Und „eine wesentliche Voraussetzung zur Beurteilung der rechten Kinderzahl liegt wohl in der Beantwortung der Frage, wie vielen Kindern man nicht nur das Leben schenken kann, sondern wie viele man auch richtig erziehen kann“. Das macht deutlich: Dem sympathischen Arzt ging es um Verantwortung und Rücksichtnahme dem Ehepartner und den Kindern gegenüber. Sein Ansatz: Wenn die katholische Lehre recht hat, muss sie auch lebbar, und das geeignete Mittel zur Familienplanung, sein.
Nach nur drei Monaten ist die erste Auflage des Buches vergriffen. Viele folgen. Er erinnert sich: „Dann kamen Einladungen zu Vorträgen und Seminaren im In- und Ausland, ein Lehrauftrag für Pastoralmedizin an der theologischen Fakultät in Innsbruck und Lehraufträge und Dozenturen an verschiedenen Lehranstalten und Universitäten wie Regensburg, Linz oder St. Pölten.“
Und doch: Trotz der Anerkennung muss er immer wieder beweisen, dass er, wenn es sein muss, auch allein gegen den Strom schwimmen kann: Ende der sechziger Jahre, noch vor der Veröffentlichung der Enzyklika Humanae vitae findet eine Tagung von Theologen und Ärzten in Bad Godesberg statt. Bei ihren Beratungen sind sich die Ärzte zunächst einig: Rötzers Methode ist ohne jede Nebenwirkung und fast zu 100% verlässlich. Ausgerechnet einem Moraltheologen (!) gelingt es dann aber, selbst die Ärzte zum Unterschreiben eines Briefs nach Rom zu bewegen, der eine Änderung der Lehre vorschlägt. Paradox! Rötzer unterschreibt als einziger nicht und wird zu keiner Tagung mehr eingeladen! So verfolgt er seine Studien allein weiter. Von 1966 bis 1974 wird er vom amtsärztlichen Dienst freigestellt und von Österreichs Bischofskonferenz zur „Durchführung weiterer Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Natürlichen Empfängnisregelung übernommen.“
1976 geht er zum frühest möglichen Zeitpunkt in Pension, um sich ganz seiner Arbeit widmen zu können. Seine Bemühungen haben Erfolg: Sein 1979 erschienenes Buch: Natürliche Empfängnisregelung – Die sympto-thermale Methode – Der partnerschaftliche Weg, hat mittlerweile 47 Auflagen und wurde in 17 Sprachen übersetzt!
Die Arbeit nimmt zu: Forschung am wichtigen Gebiet der Hirnforschung, Beratungen, Seminare, Vorträge. Gott sei Dank hat er zwei Töchter: Elisabeth erinnert sich: „1973 bekommt der Vater einen Forschungsauftrag. Sehr weise fragt er mich nicht direkt, ob ich helfen würde, sondern stellt nur in den Raum, er würde jemanden brauchen, der ihn unterstützt. Hätte er mich direkt gefragt, hätte er zunächst ein Nein gehört.“ So überlegt Elisabeth und fragt ihn schließlich: „Was wär’, wenn ich dir helfen würde?“ „Er hat mich schon gut gekannt,“ lacht sie.
Elisabeth erzählt, sie habe auf diesem Gebiet wirklich alles von ihrem Vater gelernt  „er hat mir gesagt, was richtig und was falsch ist, konnte mich dann aber loslassen. So habe ich relativ früh selbständig arbeiten können.“ Ein großes Anliegen sei ihm eine immer der Würde des Menschen angepasste Sprache gewesen.
Wie viele Zyklen sie durchgearbeitet, ausgewertet haben, frage ich. Da muss Elisabeth wieder einmal herzlich lachen. Das sei kaum zu überblicken: „Über den Daumen gepeilt 400.000 Aufzeichnungen von 10.000 Frauen.“ Und  rund 14.000 seien bis jetzt beraten worden, berichtet Elisabeth.
1980 nimmt der Vater an der Weltbischofssynode zu Ehe und Familie in Rom teil. Bei seinem Kurzreferat über die Natürliche Empfängnisregelung vor den Synodenteilnehmern, sitzt Papst Johannes Paul II., der Rötzers Buch kannte und schätzte, in der ersten Reihe als Zuhörer.
Weil das Interesse an NER weiter wächst, wird 1986 das „Institut für Natürliche Empfängnisreglung Dr. Rötzer e.V. (INER)“ in Deutschland gegründet (Mitglieder in 20 Ländern)mit Zweigstellen oder Mitarbeitern in 10 Ländern. Und Multiplikatoren gibt es allein im deutschen Sprachraum derzeit rund 1000.
Auch Theologie hatte Rötzer studiert. Wie sehr er auf diesem Gebiet beschlagen war, zeigt eine nette Begebenheit. Belustigt erzählte er mir: „Nach einem Briefwechsel mit der amerikanischen Bischofskonferenz bekam ich einen Brief gerichtet an: Seine Eminenz Josef Kardinal Rötzer.“ So schnell kann das gehen!
Im April 1989 haben mein Mann und ich einen Vortrag Rötzers bei einem Kongress in Meran gehört. Besonders interessant fanden wir damals, was er aus der Hirnforschung zur Wesensbestimmung des Menschen berichtete, insbesondere die Bedeutung von Erziehung und Selbsterziehung: „Es ist der Geist, der das Gehirn formt!“ Was für eine wichtige Feststellung! „Bestimmte Fähigkeiten müssen in einem bestimmten Lebensalter rechtzeitig eingeübt werden, damit der Mensch auf Anforderungen und Einflüssen der Umwelt in human-adäquater Weise reagieren kann… Das ist die unabdingbare Voraussetzung zur Möglichkeit von freiem und verantwortlichem Handeln.“
So bekam ich bestätigt, was jede Mutter eigentlich instinktiv weiß: Eine entscheidende Periode ist das Säuglings- und Kleinkind­alter. Denn: „Die Liebesfähigkeit, die Fähigkeit gemütshafte Bindungen einzugehen, die Kontaktfreudigkeit und die Ehefähigkeit hängen von grundlegenden Einflüssen der ersten Lebensjahre ab.“ Wie wichtig ist daher eine feste Mutter-Kind-Bindung in diesen Jahren! Keine Mutter sollte sich diese nehmen lassen. Kein Kind darauf verzichten müssen.
Wie sehr spürte man Rötzers starkes Engagement. Er sprach mit Überzeugung, nie trocken und weltfremd, eher humorvoll und locker. Er verstand es, die Zuhörer zu fesseln. Mit seiner ganzen Person stand er hinter dem, was er verkündete. Als Arzt bot er seine Erkenntnisse an, um dem Gegenüber etwas Gutes zu tun, nicht um eine Idee durchzuboxen.
In den Rötzer-Kursen kommt es immer wieder zu Bekehrungen von Fernstehenden: Ehepaare, die sich zunächst von der Methode überzeugen lassen, kommen auf dem Umweg des Staunens über das wunderbare Geschehen im Körper der Frau zur Frage nach dem Urheber dieser Ordnung. Hier bestätigt sich was Rötzer immer gesagt hat und was Elisabeth heute bekräftigt: „Glaube und Wissenschaft sind keine Gegensätze , sondern stehen in einem Verhältnis gegenseitiger Ergänzung und Erhellung . So hat der Vater auch durch die Entdeckung der Wunderwerke des menschlichen Körpers die Überzeugung gewonnen, dass die Lehre der Kirche der Wahrheit entspricht. Dass Gott alles bestens geplant hat und uns die Möglichkeit gegeben hat, Seinem Plan zu folgen. Die Wissenschaft hat ihn tiefer in den Glauben geführt.“
Und doch: trotz aller Erfolge bei den Menschen ist er bei vielen offiziellen Stellen auf taube Ohren gestoßen. In einigen katholischen Bildungshäusern durfte er keine Seminare halten. Gegen den Mainstream zu schwimmen ist eben gefährlich, doch Rötzer war eben „kämpferisch und überzeugend. Er weicht keiner Auseinandersetzung aus“ – wie es in der Laudatio anlässlich einer Ordensverleihung hieß. Denn Josef Rötzer bekam im In- und Ausland auch Ehrungen : So wurde ihm der Berufstitel Professor sowie päpstliche Orden bzw. Auszeichnungen verliehen. Papst Benedikt XVI dankte ihm 2006 in einem Schreiben für sein Lebenswerk.
Als Rötzers Frau 2006 nach schwerer Krankheit und 61 gemeinsamen Ehejahren stirbt, erleidet ihr Mann einen schweren Zusammenbruch. Zwar erholt er sich nach einigen Wochen, doch so wie früher wird es nicht mehr. Die Heilige Messe kann er nur mehr im Radio mitfeiern und eine Klosterschwester bringt ihm die Kommunion. Seine Tochter Elisabeth pflegt ihn. „Sehr schön mit ihm waren die letzten Monate,“ erzählt sie sichtlich dankbar. „Jeden Abend haben wir geplaudert und gelacht, da der Vater auch in dieser Zeit seinen Humor nicht verloren hatte. Wir haben ein Glas Rotwein getrunken und miteinander gebetet. Er war nie grantig oder böse, weil er nicht mehr so arbeiten oder lesen konnte wie früher. Er war geduldig, dankbar und zufrieden.“
Elisabeth fährt fort: „Nach dem gemeinsamen Gebet hat er immer gesagt: ,Jesus bitte hol mich, hol mich heute’.“ Er war reisefertig!
In einer Nacht kommt Elisabeth der Gedanke: Vielleicht sei sie es, die ihn nicht loslassen wolle. Ihr wird bewusst, sie müsse den Vater gehen lassen, bei Jesus habe er es ja viel schöner als hier auf Erden. Und in dieser Nacht auf den 4. Oktober 2010 stirbt ihr Vater im Nebenzimmer. Trotz offener Türen, nimmt sie nichts davon wahr.
Elisabeth Rötzer ist nicht die einzige, die überzeugt ist: „Gerade unsere Zeit braucht Persönlichkeiten, die, ohne den anderen zu erdrücken, in aller Natürlichkeit und Liebe verkünden, was sie als Wahrheit erfahren haben und sich nicht davon abbringen lassen."

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