VISION 20005/2020
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Wenn Dornen sich zu Rosen wandeln

Artikel drucken Geschichte einer Bekehrung (Maria-Bernadette Kell)

Aus tiefem, unfassbar schwerem, beinahe aussichtslosem Leiden kann neues Leben erblühen, wenn Jesus dort eintritt. Im Folgenden das Zeugnis einer von klein auf misshandelten Frau.

Ich wurde 1981 als Kind deutscher Eltern in Berlin geboren und habe in frühester Kindheit die schwerste Form sexueller Gewalt an Kindern erfahren. Bereits als Säugling und Kleinkind wurde ich sexuell von meinem Vater missbraucht. Ich hatte also keine unbeschwerte Kindheit und erkrankte als vierjähriges Mädchen an einem Waschzwang, wie es bei Kindern die schon in jüngsten Jahren Opfer von sexueller Gewalt werden, oft vorkommt. Diese Kinder fühlen sich oft dreckig und beschmutzt. Sie wollen sich den „Dreck“, die leidvolle Erfahrung von der Seele waschen, um sich besser zu fühlen.
Mein Vater war Rechtsanwalt, meine Mutter Lehrerin und Diplom-Psychologin. Mein Vater hasste Frauen, weil er nie verkraftet hatte, ohne seine leibliche Mutter aufwachsen zu müssen. Denn sie verließ die Familie und ließ ihn und seine beiden Schwestern beim Vater aufwachsen. Das tut mir auch aufrichtig leid.
Mein Vater unterdrückte mich, wertete mich ständig ab und kritisierte alles an mir. Meine ganze Kindheit und Jugendzeit war ich verzweifelt und träumte den ganzen Tag, ich sei der Hollywood-Star Marilyn Monroe, die ich verehrte. Meine Mutter beschützte mich nie, unternahm wenig, um mir zu helfen, wurde auch selbst schlecht behandelt. Da ich schwere psychische Gewalt ertragen musste, entwickelte sich bei mir kein Urvertrauen.
Ich erkrankte schwer an ADS, der Aufmerksamkeits-Defizit-Störung. In der Schule war ich eine Außenseiterin, hatte Ängste und war verhaltensgestört. Wegen ADS konnte ich mich nie auf den Schulunterricht konzentrieren, war trotz guter Intelligenz eine schlechte Schülerin, wurde gehänselt und glaubte, ich sei eine Versagerin. Nur bei meiner Tante Andrea fand ich Trost, denn sie übernahm die Mutterrolle.
Mein Grundschullehrer hielt mich für nicht intelligent und schickte mich auf eine Hauptschule. Dort bat ich im Alter von 16 Jahren eine Lehrerin, die ich verehrte, um Hilfe. Zutiefst hätte ich mir eine Freundschaft zu ihr gewünscht, doch sie schrie mich an und beschimpfte meine Mutter am Telefon, ich solle sie in Ruhe lassen. Sie beschuldigte mich, ich würde nur Aufmerksamkeit erregen und anderen meinen Willen aufzwingen wollen. Ich dachte danach ernsthaft daran, mir das Leben zu nehmen!
Nach dem erweiterten Hauptschulabschluss besuchte ich eine Berufsfachschule, machte erfolgreich den Realschulabschluss nach und begann eine Lehre zur Erzieherin. Was dann folgte war ein Martyrium: Ein Psychologie-Lehrer an der Schule, vor dem ich schon immer Angst gehabt hatte, hetzte, wie mir zu Ohren kam, Lehrer und Mitschüler gegen mich auf und versuchte, mich zu vergewaltigen. Er wusste, dass ich Miss­brauchsopfer und psychisch  krank war und dass ich noch nie eine sexuelle Beziehung  eingegangen war. Im letzten Moment konnte ich fliehen, verließ die Schule und brach die Lehre ab. Meine Eltern halfen mir nicht, ich kam in die Psychiatrie, war fortan an chronifizierter paranoider Schizophrenie erkrankt und bekam ein Neuroleptikum.
Auf der Suche nach Hilfe fand ich diese in der christlichen Religion, begann mich mit dem Leidensweg von Jesus Christus zu beschäftigen, las die Bibel.
Meine Mutter erkrankte an Brustkrebs und starb zwei Jahre später, was mir das Herz brach, denn ich liebte meine Mutter trotz allem. Mein Vater begann daraufhin, viel Alkohol zu trinken und erlitt einen Schlaganfall. Auch er tat mir leid, und ich begann, für ihn zu beten.
Mehrere Versuche, eine Berufsausbildung zu absolvieren, scheiterten an meiner Erkrankung, ich bestand die Prüfungen nicht, brach ab. Mit 24 Jahren ging ich meine erste Partnerschaft ein, doch es kam öfters zu Streit, auch wegen des Themas Verhütung. Trotzdem wollte ich heiraten. Später trennten wir uns.
Das Medikament Clozapin gegen meine Psychose vertrug ich plötzlich nicht mehr und lebensbedrohliche Kreislaufzusammenbrüche stellten sich ein.
Ich musste es absetzen und ging in das Berliner Vivantes Wenckebach-Klinikum zur Medikamentenumstellung. Dort bekam ich so lange kein anderes Medikament verordnet, bis es zu spät war und ich an einer schweren Form von Absetzungspsychose erkrankt war. Ihre Symptome: Panikattacken, entsetzliche Ängste und Wahnvorstellungen. Ein Jahr wurde ich auf der geschlossenen Station festgehalten und es wurde eine rechtliche Betreuung eingerichtet. Ich wurde immer verwirrter, erlitt seelische Folterqualen.
Wieder hatte ich die fast übermenschliche Kraft zu überleben und suchte als Ausweg in der christlichen Religion nach Erlösung und Erleuchtung, als ich eines morgens eine Marienerscheinung hatte, eine Art göttliche Vision, die mich und mein Leben für immer verändern sollte. Die Frau trug ein dunkelblaues Gewand, das auch ihre Haare verdeckte. Um sie herum leuchtete ein Glorienschein und das blaue Licht ihres Mantels schimmerte in einer Farbe, wie ich sie auf Erden noch nie gesehen hatte.
Ich erkannte die Gottesmutter Maria in ihr. Sie sprach mir in diesen dunkelsten Stunden meines Lebens Trost zu und führte mich zu ihrem göttlichen Sohn Jesus Christus. Ich bekehrte mich zum katholischen Glauben – trat später in die Katholische Kirche ein. Die Psychiater sagten, dies sei eine bloße Halluzination gewesen. Aber können Halluzinationen Trugbilder eines gestörten Geis­tes einen Menschen bekehren?
Von da an änderte sich mein Leben. Ich wollte fortan christliche Nächstenliebe leben, armen und kranken Menschen Wertschätzung, Liebe und Zuwendung schenken. So begann ich, anderen leidenden Menschen im Krankenhaus zu helfen,  denn vorher war ich egoistisch und egozentrisch, wollte als Jugendliche Schauspielerin und Model werden. Doch Gott hatte einen anderen Weg für mich vorgesehen.
Aus dem Wenckebach-Klinikum kam ich jedoch erst nach einem Jahr in ein therapeutisches Übergangswohnheim, wo ich zum ersten Mal im Leben gut behandelt wurde. Ich stabilisierte mich durch liebevolle Fürsorge.  
Jesus, der barmherzige Samariter, hatte Seine Mutter Maria als Gnadenvermittlerin gesandt. Infolge der Marienerscheinung  wurde mir bewusst, dass ich nicht unintelligent und wertlos bin, denn so werden viele seelisch erkrankte Menschen von einem großen Teil der Gesellschaft angesehen,  und auch ich war immer nur abgewertet worden. Jetzt aber wuchs  mein Selbstwertgefühl und mit therapeutischer Hilfe konnte ich viele Traumata der Vergangenheit aufarbeiten.
Die Gottesmutter Maria und vor allem eine Erscheinung des Herrn Jesus Christus führten mich zu der Erkenntnis, dass ich so wie jeder Mensch Menschenwürde besitze und dass diese unantastbar ist. Ich gewann Kraft zum Weiterleben, spürte eine große Veränderung und Klarheit in meiner Seele und entwickelte Resilienz.
Meine Psychose begann zu schwinden. Ich wusste auf einmal, warum ich lebte, dass Gott eine Mission für mich hat, dass Er wollte, dass ich christliche Nächstenliebe lebe und armen, kranken, außgestoßenen Menschen helfe und Zeugnis ablege von der Würde des Menschen. Mit jedem Tag erkannte ich meinen Auftrag besser.
Zu einem Mitbewohner im Übergangswohnheim, dem es selbst krankheitsbedingt schlecht ging, ging ich eine innige Freundschaft ein betreute und pflegte ihn, wodurch auch er sich so stabilisierte, dass  dies von seiner Ärztin als Wunder bezeichnet wurde. Immer wenn es mir noch etwas schlecht ging, brachte ich dem Herrn Jesus Christus es als Sühneopfer dar. Oft war ich depressiv und litt an Weinkrämpfen, doch im Gebet kehrte Friede in mein Herz ein, und ich erlebte wahres Glück.
Ich machte die sogenannte Ex-In-Ausbildung für psychisch kranke Menschen im sozialen Bereich zur Genesungsbegleiterin. Da lernen seelisch erkrankte Menschen, ihr Erfahrungswissen über seelische Erkrankungen, Psychopharmaka und genesungsfördernde Faktoren als Ressource zu nutzen, um anderen Erkrankten in einer Krise zu helfen und auf ihrem Genesungsweg zu begleiten. Außerdem begann ich, ehrenamtlich bei den Schwestern der heiligen Mutter Teresa in der Suppenküche zu arbeiten.
Zur Zeit absolviere ich ein Bibelstudium. Dabei habe ich eine andere Sichtweise auf das Leiden gewonnen: Im Grunde genommen war dieses Leid eine besondere Gnade, denn es hat mich zum Herrn Jesus Christus geführt. Extremes Leid zu erleben, bringt uns näher zu Christus und macht uns Ihm ähnlich. Und die Schwestern der Mutter Teresa verdeutlichten mir, in jedem armen leidenden Menschen Christus zu sehen. Auch dies war heilsam für meine geschundene Seele.
Immer jedoch, wenn es Rückschritte gab und es mir an manchen Tagen im Übergangswohnheim nicht gut ging, weil die Erinnerung an die Gewalterfahrungen hochkamen, bezog ich eine gewaltige Kraft aus meinem Glauben. Wenn ich litt und weinte, offenbarte sich mir der Herr in Visionen, bei denen ich den Herrn am Kreuz schauen durfte. Dies ist wohl die größte Gnade für mich.
Jetzt lese ich täglich in der Bibel und bete den Rosenkranz. Es geht es mir gut, ich habe keinerlei Symptome einer Psychose mehr, lebe in einer Wohngemeinschaft, arbeite in Berlin und kann sagen, in meinem Leben haben die Dornen Rosen getragen!


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