VISION 20001/2000
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Unversöhnliche Paare - das gibt es eigentlich nicht

Artikel drucken Erfahrungen eines Familienseelsorgers (P. Denis Sonet)

Sie beraten viele Paare, die in eine Krise geraten sind. Mit welchen Erwartungen kommen die Leute zu Ihnen?

P. Denis Sonet: Sie erwarten - wie es im Evangelium steht -, daß Gott all das vermag, was Menschen unmöglich ist. An der Mauer, vor der sie stehen, setzen sie einen Glaubensakt, zumindest einen unausgesprochenen. Sie gehen zu einem Priester, weil sie sich daran erinnern, daß die Priester für die Sakramente zuständig sind. Und sie erwarten, ohne sich besonders darüber Rechenschaft zu geben, daß der Priester ein Zeuge der Liebe ist. Denn um ihre Krise zu bewältigen müssen sie sich zuerst miteinander versöhnen: Die Krise löst sich in der Versöhnung. Indem sie den Priester aufsuchen, begreifen sie, daß die Versöhnung von Gott, der Quelle aller Barmherzigkeit, kommt. Sie bitten zunächst Gott und dann ihren Partner um Vergebung.

Worauf weisen Sie die Paare besonders hin?

Sonet: Zuerst lade ich Sie ein, sich ihre erste Liebe in Erinnerung zu rufen. Es war eine wahre Liebe. Der Herrscher dieser Welt versucht ihnen zu beweisen, daß sie einander niemals wirklich geliebt hätten, und bestärkt sie in der Vorstellung, daß ihr Auseinandergehen eine Erleichterung sein würde. Das ist eine Lüge. Das Anliegen dieses oft sehr emotionsgeladenen Erinnerns ist es, diese Lüge aufzudecken. So treten sie wieder in die Wahrheit ihrer Liebe. Dann ermutige ich sie zu einem Glaubensakt. Oft sagt man, die Ehe sei ein Sakrament der Liebe. In erster Linie ist sie ein Sakrament des Glaubens. Daher gilt es, den Glauben an den anderen wiederzubeleben - und die Hoffnung. Denn selbst wenn sie nur in eine kleine Krise geraten sind, so zweifeln sie an ihrer Liebe und freunden sich in Gedanken rasch mit der Idee an, den anderen zu verlassen. Man kann ruhig sagen, daß 60 Prozent der treuen Paare irgendwann einmal an so etwas gedacht haben. Hat man aber einmal gezweifelt, so ist es nur ein kleiner Schritt zur Hoffnungslosigkeit: Paare gehen nicht nur aus mangelndem Vertrauen, sondern aus einem Mangel an Hoffnung auseinander. Hätten sie diese bewahrt, wären sie beisammen geblieben in der Erwartung, daß die Liebe wiederkehrt. Sobald dieser Glaube wieder erweckt ist, kann man auch neuerlich von Liebe sprechen: Sie wird dank der Barmherzigkeit wieder erblühen. Die Ehepartner bitten einander um Verzeihung wegen der Verletzungen, die sie einander beigebracht haben, die Ablehnung, die sie einander zuteil werden ließen. Selbst wenn ein Paar nicht wirklich in einer Krise steckt, gibt es immer etwas zu verzeihen. Paare, die darum bitten, erhalten die Gnade, vergeben zu können. Das ist ein wunderbarer Bestandteil der Liebe, der allzu oft verkannt und für unwichtig gehalten wird. Wo in einer Ehe nicht vergeben wird, gerät die Festigkeit der Treue ins Wanken.

Was ist Ihrer Meinung nach der Schlüssel zu einer glücklichen Ehe?

Sonet: Die Barmherzigkeit. Was immer geschehen ist, die Liebe kann wieder erwachen, wieder aufblühen dank der Barmherzigkeit. Sie ist noch wichtiger als die Treue: Der untreue Ehepartner kehrt durch die Barmherzigkeit zum anderen zurück, weil der andere ihm verziehen haben wird. Ich betone es immer wieder: Die eheliche Liebe ist Gabe, Vergebung, Hingabe.

Sie sagen doch, daß "Lieben auch heißt, daß man teilt, zuhört und vergibt"...

Sonet: Ja, der Schlüssel zur treuen Liebe, ist es, einander bis in die Kleinigkeiten hinein zu verzeihen. Die Vergebung im Alltäglichen verhindert das Auftreten von Krisen. Und am einfachsten geht das im Gebet. Viele Paare - um nicht zu sagen alle - haben einander nicht vergeben, daß der Partner so anders ist, als sie ursprünglich dachten. In der Gegenwart des Herrn werden sie es schaffen. Es handelt sich um vorbeugende Gnaden, die tiefe Verletzungen vermeiden helfen. ...

Gibt es unversöhnbare Paare?

Sonet: Nein, dank der unendlichen Geduld Gottes. Die Versöhnung kann allerdings 20 Jahre dauern...Eine Bedingung gibt es jedoch: Daß die Partner sich bekehren, daß sie, nachdem sie die Vergebung Gottes entdeckt haben, sich gegenseitig verzeihen können. Ich glaube, es gibt keinen Fehler, der nicht vergeben werden kann, kein Leben, das nicht zur Bekehrung finden könnte.

Das Gespräch mit dem Priester der "Mission de France" führten Florence Brière-Loth und Luc Adrien (Famille Chrétienne v. 8.4.99)

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