Das Ärgste, was dieses apokalyptische Jahr 2020 geoffenbart hat, ist der Geist der Angst, der in so vielen Herzen die Herrschaft angetreten hat; nicht nur in den Herzen jener, die durch „die Furcht vor dem Tod ihr Leben lang der Knechtschaft verfallen“ sind, wie es der Autor des Hebräerbriefes beschreibt.
Vielmehr gilt das auch für jene, deren Herz durch das befreiende Evangelium von Jesus belehrt wurde, dem wahren Christ-Kind, das Maria geboren hat, dem Herrn, der in der Apokalypse klarstellt, dass Er selbst die Schlüssel zum Tod und zur Unterwelt besitzt und dass in all dem das letzte Wort ausschließlich Ihm zukommt.
Der Wuhan-Virus ist eine reale Gefahr für reale Menschen, aber er ist weit davon entfernt, die ärgste Bedrohung, die wir erlebt haben oder erleben werden, zu sein – nicht einmal was die Virus-Front anbelangt. Sicher müssen wir unser Möglichstes tun, um jene zu schützen, die Schutz brauchen, aber wir müssen auch die richtige Perspektive bewahren.
Irgendwann einmal werden wir – und zwar jeder von uns – an irgendetwas sterben. Täglich gehen wir höhere Risiken ein als jene, die Covid bereitet. Und täglich machen wir einen weiteren Schritt auf unseren Tod und das Gericht Gottes zu; näher daher zum Schicksal unserer unsterblichen Seele.
Daher: Wer lehrte uns, insbesondere uns, das freiheitsliebende Volk – insofern wir immer noch ein freiheitsliebendes Volk sind –, so verängstigt zu sein?
Aufgrund welcher Einflüsterungen ließen wir es zu, dass durch einfache Sterbliche, deren „Kompetenz“ in Fragen des Todes uns nicht von der Sterblichkeit an sich befreien kann, unser Leben durch Angst ruiniert wird?
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Wenn es in unserem Land irgendeine Hoffnung auf Erholung gibt, auf die Wiederherstellung der Menschenwürde, der sozialen und wirtschaftlichen Lungen, die wieder frei atmen können, die Wiederherstellung verfassungsmäßiger Freiheiten, die nicht achtlos beiseite geschoben werden, dann ruht diese Hoffnung nicht auf jenen, die sich fügen, sondern auf jenen, die all dem die Stirne bieten.
Ich betone sofort, dass ein solches Herausfordern, das reine Anarchie ist, keine wahre Hoffnung birgt. Solcher Widerstand darf nicht einfach ein Reflex der Gewalt sein, welche die Autorität bereits ausübt. Sie wird einmal dafür zur Rechenschaft gezogen werden.
Der Widerstand darf nicht zu bloßer Gesetzlosigkeit werden. Gewaltanwendung im Dienst radikaler Unordnung ist nicht besser als jene, die im Dienst einer faschistischen Pseudo-Ordnung steht. Nein, unser Widerstand muss eine gute, angemessene Ordnung widerspiegeln, eine Ordnung, die auf wahrer Freiheit beruht.
Das bedeutet, dass es einer koordinierten Antwort all jener bedarf, die kompetentes Handeln einfordern und die zivilen Ungehorsam praktizieren dort, wo Gesetze den Grundrechten widersprechen und Inkompetenz vorherrscht.
Welche Art von zivilem Ungehorsam? Den der Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre, die damals die Rassentrennung beendet hat.
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Anders als die Menschen im Osten und Süden, wo viele für ihren Glauben leiden oder sterben, erleben wir hier im Westen noch keine Apokalypse im üblichen Sinn. Wir erleben eine Apokalypse in dem Sinn, dass die Prioritäten und die Herzen vieler offenbar werden. Lasst uns also unser eigenes Gewissen prüfen. Werden wir die „neue Normalität“ akzeptieren? Werden wir es zulassen, dass uns die Welt sagt, was wir in der Stadt Gottes tun dürfen und was nicht? Ich denke nicht…
Douglas Farrow
Der Autor ist Theologie-Professor an der McGill University und Autor verschiedener Bücher. Sein Beitrag ein stark gekürzter Auszug aus seinem Artikel in The Catholic World Report v. 30.12.20