VISION 20001/2021
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Plädoyer für einen Umsturz in unserem Inneren

Artikel drucken Kampfansage an das fortgesetzte Verurteilen (Michel-Marie Zanotti-Sorkine)

Eigentlich sei es erstaunlich, dass Christus, der so viel Heil in die Welt gebracht hat und bringt, nicht mehr geliebt wird. Das liege auch an uns, die wir zu wenig Zeugnis von Seinem mächtigen Wirken ablegen. Daher der Appell: Eine Revolution im eigenen Herzen anzuzetteln.

Heute müssen sich alle, der Papst, die Bischöfe, die Priester und alle Christen auf einen Weg der Veränderung begeben. Nicht etwa, weil die Kirche zuletzt in Skandale verwirklicht war. Nein, sondern weil wir heute erkennen, dass ein großer Abfall stattfindet. Die Welt entwickelt sich ohne Bezug zum Unsichtbaren. Das Unsichtbare abzulehnen, ist, wie Julien Green sagt, die eigentliche Sünde der modernen Welt. Und so ist es unsere Aufgabe, dieses Unsichtbare bekannt und liebenswert zu machen.
Genau deswegen müssen wir uns infrage stellen, uns bewusst machen, dass wir vor einer Revolution stehen. Wir müssen das Christentum so darstellen, wie es das Evangelium bezeugt. Daher muss jeder wieder in diesen heiligen Text „eintauchen“ und sich fest an Jesus binden. Das heißt: Voll und ganz aus der Lehre leben, die Er uns hinterlassen hat.
Nehmen wir einfach nur einmal sein Gebot: „Richtet nicht!“ Und was machen wir? Tag ein, Tag aus verurteilen wir. Diese Haltung segnet Christus nicht. Er hat hat vielmehr klargstellt: In der Art, wie ihr richtet, werde ich euch später einmal richten. Und dennoch: Das erschreckt uns nicht. Und wir machen weiter und verurteilen die anderen. Damit ignorieren wir Christus und entstellen das Evangelium.
Wir müssen uns also auf eine Revolution einlassen. Wir brauchen einen Umsturz in unserem Inneren.
Folgendes ist wichtig: Man darf nie den Mut verlieren. Der Kampf ist nicht verloren. Er ist sogar gewonnen, denn Christus wird den Schlusspunkt in der Geschichte setzen, wenn Er den richtigen Moment gekommen sieht. Aber bis dahin müssen wir uns ans Werk machen, uns mühen. Wir müssen uns ins Leben der Menschen einbringen. Wir, der Papst, die Bischöfe, die Priester, die Seminaristen, wir Christen alle müssen mitten in der Welt leben. Wir müssen in dieser Welt Jesus Christus aufleuchten lassen.
Eigentlich ist es doch erstaunlich, dass Christus nicht alle begeistert – mit all dem, was Er uns bringt: Er bringt ewige Liebe – bringt sie uns, die wir so danach verlangen, geliebt zu werden. Er öffnet für unser Leben einen Weg, ein Ziel, das wahres Glück verheißt. Das ist doch wunderbar! Wie kommt es, dass Christus nicht geliebt wird? Das ist auch unsere Schuld.
Man sagt immer wieder, wir Christen würden abgelehnt. Das stimmt schon.  Aber ich kann sagen: Ich komme mit vielen Leuten in Kontakt, die der Kirche – aber nicht notwendigerweise dem Glauben fernstehen. Sie beten insgeheim, schätzen Christus und Maria – sehen aber nie einen Priester. In der Öffentlichkeit, auf der Straße sind sie nicht zu finden. Wir müssen eben hinausgehen und dort am Leben Anteil haben.
Alle Gläubigen sind beauftragt, für die Ankunft Gottes in den Herzen der Menschen zu sorgen. Jeder soll seine Mission dort erfüllen, wohin er gestellt wurde: im Beruf, in der Familie, bei seinen Freunden… Dabei genügt es nicht, sich nur unter Christen zu bewegen. Das ist die große Herausforderung, vor der wir stehen.
Natürlich brauchen wir auch die gegenseitige Unterstützung. Aber da ist die Versuchung groß, im kleinen Kreis zu bleiben. Nein, wir müssen uns aufmachen, uns auf andere einlassen, ihre Freuden und Leiden teilen, vor allem aber: Sie nicht verurteilen. Man muss die Menschen nehmen, wie sie sind –  ohne Vorbehalte!
(…)
Und noch etwas: Es geht ums Eintauchen ins Evangelium. Das ist unerlässlich: Wir müssen im Evangelium leben! Man muss es, wie Franz von Assisi sagt, „sine glossa“, ohne Anmerkungen, nehmen. Man nimmt es her – und lebt danach. Wir nehmen alle Gebote, die uns Christus gegeben hat und eignen sie uns an – und bemühen uns dann darum, dass andere sie attraktiv finden. Und das – mit Maria!

Der Autor ist ist Pfarrer in Marseille mitten in einem Viertel mit einer Mehrheit von Muslimen, von denen er schon viele getauft hat. Näheres über sein Wirken: Vision 5/13
Aus einem Video (https://www.famillechretienne.fr/35690/article/pere-zanotti-sorkine-si-le-christ-nest-pas-aime-cest-de-notre-faute) anlässlich der Vorstellung seines neuen Buches: Pour une révolution spirituelle – Les 13 commendements de l’urgence évangelique. Artège, 12,66€

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