Die Christen unterscheiden sich von anderen Menschen weder dadurch, dass sie in einem bestimmten Land leben, noch durch ihre Sprache oder ihre Sitten. Sie wohnen weder in eigenen Städten, noch sprechen sie eine eigene Mundart. Auch mit Kleidung, Ernährung, den Dingen des täglichen Bedarfs halten sie sich an das, was in ihrer Gegend üblich ist.
Und doch haben sie eine verwunderliche Haltung zum Leben, die vielen widersprüchlich vorkommt: Sie wohnen in ihrer jeweiligen Heimat, aber wie Ausländer, nehmen an allem teil wie Bürger ihrer Stadt und bleiben doch Fremde; jedes Land ist ihnen Heimat, und jede Heimat ist ihnen fremd. Sie heiraten wie alle, zeugen und gebären Kinder, nehmen ihre Verantwortung für sie aber wirklich wahr. Sie teilen alle Dinge des täglichen Lebens, bewahren aber die Intimität ihrer Ehe. Sie leben in der Welt, passen sich ihr aber nicht an.
Sie leben auf der Erde, sind aber Bürger des Himmels. Sie gehorchen den geltenden Gesetzen und tun oft sogar mehr, als von ihnen verlangt ist. Sie tun allen Gutes und werden doch verfolgt. Man kann ihnen nichts vorwerfen, und sie werden dennoch verurteilt.
Sie werden getötet und kommen zu neuem Leben. Sie sind arm und machen viele reich. An allem leiden sie Mangel und haben doch mehr als genug. Man beschimpft sie, doch das gereicht ihnen zur Ehre. (…) Man greift sie an, und sie segnen.
In einem Wort: Was die Seele für den Leib ist, sind die Christen für die Welt. Wie die Seele den ganzen Körper belebt, so leben die Christen in allen Städten der Welt. Man verfolgt sie, und sie werden von Tag zu Tag mehr. Gott hat sie auf einen so wichtigen Posten gestellt, dass es ihnen nicht erlaubt ist, sich einfach abzumelden.
Nr. 5-6 aus dem Brief an Diognet, ein frühchristliches Dokument, dessen Autor nicht bekannt ist. Zitiert in Englischer Sprache bei:
http://www.vatican.va/spirit/documents/spirit_20010522_diogneto_en.html